Österreichs Unternehmen ächzen unter hohen Lohnnebenkosten. Berechnungen zeigen, dass hier eine Kostenentlastung die Wirtschaft deutlich pushen könnte.
In Sachen Lohnnebenkosten überholt Österreich laut Eurostat fast alle anderen EU-Länder. Die Lohnnebenkosten machen hierzulande fast 27% der Arbeitskosten aus. Mit diesem Anteil liegen wir in Europa auf Platz 5. Lediglich Schweden, Frankreich, Italien und die Slowakei haben einen noch höheren Anteil an Lohnnebenkosten.
Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Anteil der Lohnnebenkosten an den gesamten Kosten für Arbeit bei 23%, während er in Dänemark lediglich 13% beträgt.
Die hohen Nebenkosten verteuern die Arbeitskosten und damit die Preise – und das drückt die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Produkte und Dienstleistungen.
GRAFIK: Österreich hat im EU-Vergleich den fünfthöchsten Lohnnebenkostenanteil
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Senkung der Lohnnebenkosten bringt klar positive Effekte
Im Artikel "Die Effekte einer Lohnnebenkostensenkung für die Volkswirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit"(PDF), erschienen im Oktober 2024 in den Wirtschaftspolitischen Blättern, zeigen die beiden Autoren Johannes Berger und Ludwig Strohner von EcoAustria anhand einer Modellsimulation, dass die Senkung der Lohnnebenkosten das BIP erhöhen, den Arbeitsmarkt stärken und den privaten Konsum ankurbeln kann.
Die beiden Autoren haben untersucht, welchen Effekt es hätte, würde der Arbeitgeber-Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), ein Teil der Lohnnebenkosten, abgeschafft. Nach diesen Berechnungen dürften die Einnahmen durch den FLAF-Beitrag 2025 etwa 7,5 Mrd. Euro ausmachen. Das entspricht 1,4% des BIP.
Fast 5 Mrd. Euro mehr Wirtschaftsleistung
Konkret würde sich das reale BIP gemäß der Modellsimulation bereits 2025 um mehr als 0,5% (2,7 Mrd. Euro) erhöhen. Längerfristig könnten 5 Mrd. Euro (+1%) mehr an Wirtschaftsleistung erbracht werden.
Geringere Lohnnebenkosten stärken nach den Erkenntnissen der Expert:innen die Arbeitsnachfrage und das Arbeitsangebot. In Zahlen ausgedrückt, würden rund 40.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen, so die Autoren. Die realen Nettolöhne würden längerfristig um 1,9% steigen.
Hohe Lohnstückkosten drücken auf Wirtschaftsleistung
Unsere Wirtschaft kann einen solchen Push gerade jetzt brauchen – wie auch ein Blick auf den WKÖ-Wirtschaftsbarometer zeigt. Laut der aktuellen WIFO-Prognose dürfte Österreichs Wirtschaftsleistung 2024 um knapp 1% geschrumpft sein. Zwar sieht das WIFO für 2025 ein schwaches Wachstum von +0,6% (und +1,2% für 2026), jedoch sind darin die Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung noch nicht berücksichtigt.
Ein Wachstumshemmnis sind die hohen Lohnstückkosten, die die heimische Wirtschaft im internationalen Wettbewerb schwächen. Zwischen 2019 und 2024 sind unsere Lohnstückkosten um 35% gestiegen, während es in Westeuropa im Schnitt nur 20% waren. Österreichs Produkte und Dienstleistungen sind daher relativ zu anderen Märkten teurer geworden, was im Exportgeschäft ein massiver Nachteil ist.
STUDIE: Die Effekte einer Lohnnebenkostensenkung für die Volkswirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit
Lade dir hier die komplette Studie mit allen Grafiken und Tabellen zur Senkung der Lohnnebenkosten herunter.
Nach den Berechnungen der EcoAustria-Experten könnte die Senkung der Lohnnebenkosten positive Effekte für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit bringen und die Exporte um 1,4% steigern.
Wer soll das alles zahlen?
Die in der Modellrechnung angenommenen 7,5 Mrd. Euro entsprechen in etwa dem Volumen des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), der unter anderem die Familienbeihilfe finanziert. Geht man davon aus, dass keine öffentlichen Leistungen gestrichen werden sollen, stellt sich die Frage, mit welchem Geld die Lücke gefüllt werden soll.
Laut der Studie würde sich die Senkung der Lohnnebenkosten durch die positiven Auswirkungen kurzfristig zu mehr als 40% und mittelfristig zu etwa 60% selbst finanzieren , weil die Beschäftigung, Gewinne und Konsum steigen. Den Rest könnte man finanzieren, indem man Effizienzpotenziale hebt.
Gegenfinanzierung durch mehr Effizienz
Insbesondere in der öffentlichen Verwaltung, dem Schulwesen und dem Gesundheitssystem gibt es noch Einsparungspotenzial, ohne die Leistung zu schmälern. Manche öffentlichen Leistungen verursachen vergleichsweise hohe Kosten, bringen aber nur mittlere Ergebnisse.
Vergleicht man das Verhältnis zwischen Ausgaben und Ergebnissen der effizienteren Länder in Europa, lässt sich ein Effizienzpotenzial von 2,6% des BIP errechnen.
Was sind Lohnnebenkosten?
Wenn man von Arbeitskosten spricht, sind damit die gesamten Kosten gemeint, die anfallen, wenn ein Betrieb Mitarbeiter:innen beschäftigt. Dazu gehört zunächst der Bruttolohn der Arbeitnehmer. Zum Bruttolohn kommen etwa 29% an Lohnnebenkosten für den Arbeitgeber dazu, ein Großteil davon entfällt auf Sozialversicherungsbeiträge. Schließlich zählen noch Kosten für Weiterbildung, die der Arbeitgeber zahlt, zu den Arbeitskosten.
Das Wichtigste in Kürze:
- In Österreich machen die Lohnnebenkosten fast 27% der Arbeitskosten aus.
- Eine Senkung der Lohnnebenkosten von 1,4% (etwa äquivalent zu den Abgaben für den FLAF) würde laut der Modellsimulation der EcoAustria-Experten langfristig 5 Mrd. Euro mehr an Wirtschaftsleistung bringen.
- Die Beschäftigung würde um 1% wachsen. Das sind rund 40.000 zusätzliche Arbeitsplätze.
- Die Exportquote würde um 1,4% steigen.
- Die Senkung der Lohnnebenkosten finanziert sich rund zur Hälfte selbst, die andere Hälfte könnte durch die Hebung von Effizienzpotenzialen finanziert werden.