Forschung & Entwicklung: Wo Österreich aufholen muss

Trotz Stockerlplatz bei der Forschungsquote hat Österreich in diesen 6 Bereichen Handlungsbedarf.


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Lesedauer:

4 Minuten

AutorIn: Stephanie Dirnbacher-Krug

Glühbirne, halb geöffnet, aus der unterschiedliche Farben fließen i
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Mit einer F&E-Quote von 3,34% haben wir im EU-Vergleich zwar ein gutes Standing, ein genauer Blick zeigt aber: für eine internationale Spitzenposition braucht es 6 Maßnahmen.

Starten wir mit den guten Nachrichten: Laut Globalschätzungen der Statistik Austria wird Österreich 2024 rund 16,6 Mrd. Euro und damit 3,34% seines Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung (F&E) ausgeben.

Wo wir uns in puncto F&E-Ausgaben ganz allgemein einreihen, damit haben wir uns schon im Zuge eines anderen Artikels zum Thema beschäftigt.

Dennoch besteht Handlungsbedarf: Erstens wächst unsere Forschungs- und Innovationsleistung laut European Innovation Scoreboard von Jahr zu Jahr immer weniger. Zweitens zählen wir nicht zu den Innovationsleadern, sondern "strong innovators". Und drittens hapert es bei der Überführung unseres F&E-Inputs in innovative Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle.

Lediglich 13% der Unternehmensumsätze in Österreich werden mit Innovationen erzielt.

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Warum Österreich in F&E investieren sollte,

Doch warum ist es für ein Land überhaupt wichtig, bei F&E nicht den Anschluss zu verlieren? Weil sich F&E unmittelbar auf die Innovationskraft und in weiterer Folge auf die Wirtschaft auswirkt:

F&E ist die Basis für die Entwicklung neuer Technologien, die Modernisierung bestehender oder die Erschließung neuer Industriezweige. Das treibt das Wirtschaftswachstum an und fördert die Wettbewerbsfähigkeit, womit wiederum Arbeitsplätze, soziale Sicherheit und Wohlstand verbunden sind.

Darüber hinaus ziehen Länder, die führend in F&E sind, Investitionen an. Und last but not least ist F&E ein Schlüsselfaktor zur Bewältigung des Klimawandels. Es schafft die Grundlagen für die Entwicklung nachhaltiger Energien und Verfahren für Umweltschutz und leistet somit einen relevanten Beitrag zur Nachhaltigkeit und Energiewende.

Mit 6 Maßnahmen an die Spitze

Um zum internationalen Spitzenfeld aufzuschließen und den Sprung in die Top-5 im European Innovation Scoreboard zu schaffen, sind deshalb folgende 6 Maßnahmen notwendig:

#1 Mehr Ausgaben für Forschung und Entwicklung

Österreich muss mehr Geld für Forschung und experimentelle Entwicklung zur Verfügung stellen. Wenn wir weltweit eine Spitzenposition in F&E einnehmen wollen, müssen wir die F&E-Quote auf 4,5% steigern.

Momentan können zu viele hochqualitative Forschungsprojekte aus budgetären Gründen nicht verfolgt werden. In Österreich musste die Forschungsförderungsgesellschaft FFG 2023 rund 22% des beantragten und qualitativ gut bewerteten Projektvolumens wegen fehlender Mittel ablehnen.

Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, sollten unter anderem die Budgets des FTI-Pakts jährlich um 10% erhöht und Sondermittel wie die Klima- und Transformationsoffensive fortgeführt werden.

#2 Attraktive Forschungsförderung zur Verfügung stellen

Attraktive Förderungen für Forschung und experimentelle Entwicklung bieten Anreize für hochqualifizierte Wissenschaftler:innen und Technologien und stärken den FTI-Standort Österreich. Deshalb ist es einerseits wichtig, Instrumente wie den Fonds Zukunft Österreich über das Jahr 2025 fortzuführen und sein Budget zu erhöhen.

Andererseits sollten themenoffene Programme wie die Basisprogramme ausreichend dotiert und die Forschungsprämie durch Anhebung der Deckelung bei der Auftragsforschung weiterentwickelt werden.

#3 Fokus auf Schlüsseltechnologien legen

Der Aufbau und die Unterstützung von Forschungsschwerpunkten in zukunftsweisenden Technologien wie Quantencomputing, Künstliche Intelligenz, Halbleiter und Life Sciences sind entscheidend, um international eine Spitzenposition erreichen zu können.

Hier macht es Sinn, ein "Zukunftsobservatorium" zu etablieren, um Trends und Themen in diesen Bereichen frühzeitig zu identifizieren und dann entsprechende Maßnahmen zu setzen.

#4 Qualifizierungsmaßnahmen setzen

Um das nötige Personal für Spitzenforschung auszubilden und bereitzustellen, müssen Qualifizierungsmaßnahmen Priorität haben. Dabei liegt der Fokus auf dem MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), der auf allen Ebenen des Bildungssystems und möglichst frühzeitig – am besten schon in Kindergarten und Volksschule – gefördert werden muss.

Viel Potenzial liegt nach wie vor darin, Mädchen und Frauen für MINT-Berufe zu begeistern, weshalb Frauenkarrieren im FTI-Bereich besonders gestärkt werden müssen. Auch das Angebot an Fachhochschulen im MINT-Bereich muss weiter ausgebaut werden.

#5 Rahmenbedingungen für radikale Innovationen schaffen

Naturgemäß zieht es Forscher:innen dorthin, wo es ein gutes Umfeld für Forschung und Wissenschaft gibt. Richtige Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation sind daher das A und O.

Österreich hat hier Aufholbedarf:

Die Forschungs- und Technologie-Infrastruktur muss ausgebaut und ein übergeordnetes Sandbox-Gesetz beschlossen werden, um eine abgestimmte Errichtung von Regulatory Sandboxes zu ermöglichen. Darüber hinaus sind Maßnahmen zur Entbürokratisierung der Forschung und zur Verbesserung der Finanzierung erforderlich. Beim Thema Venture-Capital-Investitionen, die vor allem für Start-ups eine wichtige Finanzierungsquelle darstellen, hinkt Österreich deutlich hinter anderen OECD-Ländern hinterher.

#6 FTI breit denken

Bei all den Maßnahmen ist es wichtig, das Big Picture nicht aus den Augen zu lassen. Neben einer visionären FTI-Politik braucht es deshalb eine gute Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft, um die Überführung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in marktfähige Produkte und Dienstleistungen zu verbessern. Zu diesem Zweck sollte Österreich Innovations- und Technologie-Ökosysteme, wie Cluster oder Hubs, forcieren, in denen Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam als Innovationsmotor wirken können.

Eine nicht unwesentliche Rolle spielt auch die öffentliche Beschaffung, die Innovationen gezielt in den breiten Einsatz bringen und damit Hebelwirkung entfalten kann.

Darüber hinaus ist es wichtig, Synergien zwischen einzelnen Förderprogrammen zu identifizieren und zu nutzen und F&E-Programme und Investitionsprogramme besser aufeinander abzustimmen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Forschung und Entwicklung tragen erheblich zum Wachstum der Wirtschaft und zum sozialen Wohlstand bei. Deshalb ist es wichtig für Österreich, bei F&E nicht den Anschluss zu verlieren.
  • Trotz hoher Forschungsquote im europäischen Vergleich (3,34%) hat Österreich Aufholbedarf.
  • Um ins Spitzenfeld zu gelangen, müssen wir die Ausgaben für Forschung erhöhen, Forschungsförderung attraktiver machen, Schlüsseltechnologien vorantreiben, Qualifizierungsmaßnahmen setzen, die Rahmenbedingungen für Innovation verbessern und das große Ganze vor Augen haben.
  • Mehr Informationen über den Aufholbedarf Österreichs bei F&E findest du hier.