Darum müssen die Lohnnebenkosten runter

Eine aktuelle Studie von EcoAustria zeigt, dass niedrigere Lohnnebenkosten um 5 Mrd. Euro mehr Wirtschaftsleistung bringen. 


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Weiterdenker:innen
  • Zahlenjongleur:innen

Lesedauer:

4 Minuten

AutorIn: Connie Wagenhofer

Leere Büroräumlichkeiten in einem Großraumbüro i
gregs0n | stock.adobe.com

Ein höheres BIP, 40.000 neue Arbeitsplätze und mehr Wettbewerbsfähigkeit - aber keine Kürzungen bei öffentlichen Leistungen.

In Sachen Lohnnebenkosten hat Österreich einen Stockerlplatz inne – und das ist in diesem Fall kein Vorteil. So liegen wir bei der Belastung des Faktors Arbeit im OECD-Vergleich - wo Arbeitgeber-, Arbeitnehmerabgaben und Lohnsteuer zusammengerechnet werden - von 38 OECD-Staaten mit 47,2% an 3. Stelle.

Zum Vergleich: Der OECD-Schnitt beträgt 34,8% - siehe auch die Grafik unten.

Die hohen Nebenkosten verteuern die Arbeitskosten und damit die Preise - und das drückt die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Produkte und Dienstleistungen. 



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Senkung der Lohnnebenkosten bringt klar positive Effekte

Das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria hat in einer aktuellen Studie anhand einer Modellanalyse untersucht, inwieweit die Senkung der Lohnnebenkosten die österreichische Wirtschaft ankurbeln kann.

Die Ergebnisse sind deutlich: Würden die Lohnnebenkosten um 1,4% des BIP – in absoluten Zahlen um 7,5 Mrd. Euro – gesenkt werden, wären die Effekte auf das BIP, den Arbeitsmarkt und den Konsum klar positiv. Öffentliche Leistungen müssten dafür nicht gestrichen werden.

Fast 5 Mrd. Euro mehr Wirtschaftsleistung

Konkret würde das reale BIP durch die Senkung der Lohnnebenkosten nach der Berechnung von EcoAustria langfristig um 1% steigen. Das sind 5 Mrd. Euro mehr an Wirtschaftsleistung.

Geringere Lohnnebenkosten stärken nach den Erkenntnissen der Expert:innen die Arbeitsnachfrage und das Arbeitsangebot. In Zahlen ausgedrückt, würden rund 40.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen, sagt Ludwig Strohner, Leiter des Forschungsbereichs öffentliche Finanzen am Institut von EcoAustria.

Durch den Beschäftigungseffekt steigen zudem die Einnahmen aus den SV-Beiträgen und Steuern - eine gute Nachricht für die öffentlichen Finanzen. Und auch die Einnahmen aus Konsumsteuern erhöhen sich durch spürbare Konsumeffekte: Mittelfristig würde der Konsum um rund 1,5% steigen. 

Lade dir die komplette Studie mit allen Grafiken und Tabellen zur Senkung der Lohnnebenkosten herunter.

Den Link dahin findest du hier.

Hohe Lohnstückkosten drücken auf Wirtschaftsleistung

Unsere Wirtschaft kann einen solchen Push durchaus brauchen. Nach der Winterprognose der Europäischen Kommission ist Österreichs Wirtschaft im Jahr 2023 real um 0,7% geschrumpft und soll auch 2024 mit 0,2% (Wifo bzw. OECD) bzw. 0,5% (IHS) nur moderat wachsen.

Ein Grund dafür sind die hohen Lohnstückkosten, die die heimische Wirtschaft im internationalen Wettbewerb schwächen. Zwischen 2009 und 2022 sind unsere Lohnstückkosten um 30% gestiegen, während es Euroraum nur 17% waren. Laut der EcoAustria-Studie könnten die Senkung der Lohnnebenkosten positive Effekte für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit bringen und die Exporte um 1,4% steigern.

Wer soll das alles zahlen?

Die in der Modellrechnung angenommenen 7,5 Mrd. Euro entsprechen in etwa dem Volumen des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), der unter anderem die Familienbeihilfe finanziert. Geht man davon aus, dass keine öffentlichen Leistungen gestrichen werden sollen, stellt sich die Frage, mit welchem Geld die Lücke gefüllt werden soll.

Laut der Studie würde sich die Senkung der Lohnnebenkosten durch die positiven Auswirkungen kurzfristig zu mehr als 40% und mittelfristig zu etwa 60% selbst finanzieren.

Der Rest ließe sich durch die Hebung von Effizienzpotenzialen finanzieren.

Gegenfinanzierung durch mehr Effizienz

Insbesondere in der öffentlichen Verwaltung, dem Schulwesens und dem Gesundheitssystem gibt es noch Einsparungspotenzial, ohne die Leistung zu schmälern. Manche öffentlichen Leistungen verursachen vergleichsweise hohe Kosten, bringen aber nur mittlere Ergebnisse.

Vergleicht man das Verhältnis zwischen Ausgaben und Ergebnisse der effizienteren Länder in Europa, lässt sich ein Effizienzpotenzial von 2,6% des BIP errechnen.

Was sind Lohnnebenkosten?

Alle – Arbeitgeber:innen wie Arbeitnehmer:innen – haben Lohnnebenkosten zu tragen. Einen großen Anteil davon machen die Sozialversicherungsbeiträge aus. Dienstnehmer:innen sehen auf ihrem Lohnzettel den Abzug vom Gehalt bzw. dem Lohn.

Dazu kommt aber noch der Dienstgeberanteil von mehr als 26,6% vom Brutto. 

Darunter fallen unter anderem folgende Abgaben:

  • Arbeitslosenversicherungsbeitrag
  • Kommunalsteuer, die an die Gemeinde geht
  • Beitrag zur Mitarbeitervorsorgekasse
  • Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF)
  • Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
  • Zuschläge zum Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz
  • Arbeiterkammerumlage
  • Wohnbauförderungsbeitrag

Breite Zustimmung zu Lohnnebenkosten-Senkung 

Eine aktuelle Umfrage des market-Instituts in der österreichischen Bevölkerung (n=1005) zeigt: Eine Senkung der Lohnnebenkosten ist von 78% der Befragten gewollt!

Zudem steigt die Zustimmung, denn im Februar waren noch 71% dafür. 

Auch sind 62% der Befragten dafür, dass "unechte" Lohnnebenkosten - also Leistungen, die nicht unmittelbar mit der Absicherung von Arbeitnehmer:innen zu tun haben, wie die Finanzierung von Schulbüchern, die Wohnbauförderung oder auch Abgaben für die Wiener U-Bahn - aus dem Landes- und Bundesbudget finanziert werden sollen.

Das Wichtigste im Überblick

  • Österreich hat im OECD-Vergleich die dritthöchste Abgabenquote mit 47,2%.
  • Unsere Wirtschaft ist im Jahr 2023 real um 0,7% geschrumpft, auch 2024 wird voraussichtlich 0,2% (Wifo) bzw. 0,5% (IHS) nur moderates Wachstum bringen.
  • Eine Senkung der Lohnnebenkosten um 1,4% des BIP (etwa äquivalent zu den Abgaben für den FLAF) würde laut der Studie von EcoAustria langfristig 5 Mrd. Euro mehr an Wirtschaftsleistung bringen.
  • Die Beschäftigung würde um 1% wachsen. Das sind rund 40.000 zusätzliche Arbeitsplätze.
  • Der private Konsum und die Exportquote würden um 1,5% bzw. um 1,4% steigen.
  • Die Senkung der Lohnnebenkosten finanziert sich rund zur Hälfte selbst, die andere Hälfte könnte durch Effizienzpotenzial gegenfinanziert werden.
  • Nach der Modellrechnung der EcoAustria müssten keine öffentlichen Leistungen gekürzt werden.