Doris Felber hat eine kleine Wiener Bäckerei zu einem Großunternehmen mit 45 Filialen ausgebaut.
"Frau Felber, Sie sind Geschäftsführerin einer Bäckerei mit derzeit 45 Filialen in und um Wien. Wie kam es dazu?"
Doris Felber:
Bei Felber bin ich in den 1990ern eingestiegen, als mein Schwiegervater eine Hauptbäckerei und eine Filiale hatte. Mein Mann ist ein wunderbarer, toller Bäcker, aber das Geschäftliche hat ihn nie so interessiert. So kam es, dass heute ich der Außenminister und Innenminister im Betrieb bin. Ich mache die Buchhaltung und die Steuer, einfach ist das nicht.
Wenn man als Frau in den Betrieb des Mannes einsteigt: Wie verschafft man sich Respekt?
Mein Mann ist jetzt um die 70. In dieser Generation ist man noch Macho. Er sagt: Bring mir einen Kuli. Und ich sag: Ich bin nicht deine Sekretärin, ich bin deine Partnerin auf gleicher Ebene. So verschaffe ich mir Respekt. Als er sich 1998 wegen einer Allergie total aus dem Geschäft zurückgezogen hat, habe ich das Unternehmen alleine geführt.
Ihr Einstieg in das Unternehmen liegt rund dreißig Jahre zurück. Wie ging es Ihnen am Anfang beim Verhandeln?
Damals haben wir noch in einer totalen Männergesellschaft gelebt! Ich habe mir schwergetan, als Frau. Natürlich habe ich das nie angefangen, dass ich ein Kuvert unterm Tisch durchgeschoben habe. Das widerstrebt mir. Stattdessen habe ich die Entscheidungsträger auf einen Kaffee getroffen. Als junge Frau habe ich schnell gemerkt: Du musst das perfekte Outfit wählen, supergepflegt auftreten, tough sein. Nur dann wirst du ernst genommen.
Würden Sie sagen, Frauen führen einen Betrieb anders?
Das habe ich mir oft überlegt. Stellen Sie sich vor: Damals hat es noch keine Verkäufer gegeben. In der Verwaltung und im Verkauf waren nur Damen und Mädels. Wenn es die eine oder andere schwer gehabt hat, hab ich oft bis in die Nacht hinein ihre Probleme angehört. Heute würd’ ich sagen, das war zu viel: Ich habe dann oft die ganze Nacht nicht geschlafen. Wenn meine Freundinnen Jobs gebraucht haben, eine Unternehmerin in Scheidung war, dann hab ich die zu mir geholt. Auf die hab ich mich in schwierigen Zeiten besonders verlassen können.
Gibt es Frauen, die Sie beruflich inspiriert haben?
Meine Mutter. Die war eine kleine Unternehmerin im Obst- und Gemüsehandel, eine schwere Arbeit. Die hat so super mit den Bauern verhandelt. Es fängt ja erst jetzt an, dass man Unternehmerinnen vor den Vorhang holt. Ich finde: Jeder Fall wäre erzählenswert. Wir haben ja in Österreich 99 Prozent gute Unternehmerinnen.
Welche persönlichen Eigenschaften helfen Ihnen als Unternehmerin besonders?
Mein Sturkopf. Ich akzeptiere kein Nein. Das ist gerade für mich als Frau wichtig. Wenn ich einen Schanigarten will, und der Entscheidungsträger am Telefon sagt, das geht nicht, dann frage ich: Wann haben Sie einen Termin?
Doris Felber: 3 Tipps für Unternehmerinnen
- Eins nach dem anderen! Wenn man zwei, drei Dinge an vielen Ecken zugleich beginnt, scheitert man eher.
- Sich selber treu bleiben. Auf die eigenen Bedürfnisse achten. Zum Beispiel: Auch Privattermine im Kalender eintragen und einhalten.
- Ein strukturiertes Organigramm ist wichtig. Natürlich brauchst du einige Alphatiere. Du brauchst aber auch viele Betatiere, denen du klar sagen musst, was ihre Aufgabe ist.
Sie haben derzeit 45 Filialen in und um Wien: Wie wissen Sie, wann es Zeit ist, zu wachsen?
In der heutigen Zeit müssen Sie eher fragen: Wie weiß ich, wann ich eine Filiale weggeben muss?
Sie sprechen von der Krise.
Ja. Und die haben wir nicht nur wegen Corona. Die ganze Bäckereibranche hat es schwer, sich gegen größere Anbieter zu behaupten.
Aber auch die Lockdowns sind sicher schwierig: Sie kooperieren mit einem Lieferservice, Hausbrot.at, der Gebäck an die Haustür bringt. Wie läuft das?
Gut. Wir waren die Ersten mit an Bord bei Hausbrot, sind mitgewachsen, haben Fehler eingesteckt und uns jetzt in der Krise geerdet – das ist eine schöne Sache.
Und in den Läden? Hat die Krise ein Umdenken bei den Kunden ausgelöst?
Ja, das spüren wir, und es macht uns große Freude! Der Trend ist ja auch, wieder zum Bäcker um die Ecke zu gehen. Bio und Qualität sind gefragt. Österreichische Rohstoffe. Plastikverpackungen wollen die Leute nimmer so.
Letzte Frage: Als Frau, die ein Geschäft führt, haben Sie es im Jahr 2020 immer noch schwerer als die Männer?
Überhaupt nicht. Als ich noch jung war, bin ich in meine Aufgabe hineingewachsen. Das ist mir recht gut gelungen. Der zweite Vorteil: Mit einem gewissen Alter hast du ein gewisses Auftreten. Einen Namen habe ich mir in der Branche gemacht, deswegen ist es nimmermehr schwer. Im Gegenteil: Heute wollen sie überall nur noch Frauen reinsetzen! (lacht)
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