Homeoffice werde bleiben, könne aber kreativen und sozialen Austausch nicht ersetzen, sagt Dorothee Ritz, General Manager von Microsoft Österreich.
"Durch die Corona-Pandemie hat sich die Lebens- und Arbeitswelt massiv verändert, Homeoffice und Video-Konferenzen sind momentan weit verbreitet, Streaming- und Lieferdienste boomen. Was wird aus Ihrer Sicht nach Ende der Pandemie bleiben, was wieder gehen?"
Dorothee Ritz:
Arbeit ist kein Ort, sondern eine Tätigkeit. Das Homeoffice wird uns auf jeden Fall erhalten bleiben, wenn auch nicht in der jetzigen Form. Es gibt noch viel Spielraum für Innovation und Weiterentwicklung. Der Wunsch, im Job flexibel zu sein und sowohl zeit- als auch ortsunabhängig zu arbeiten, ist bei vielen groß. Was allerdings nicht so bleiben wird, ist, dass wir gar nicht ins Büro gehen. Nur weil wir auch zuhause arbeiten können, heißt das nicht, dass wir keinen kreativen und sozialen Austausch brauchen. Die Zukunft der Arbeit umfasst ganz sicher hybride Arbeitsmodelle. Ich denke, dass es auch privat eine große Tendenz zu Flexibilität und individuellen Angeboten gibt, wie der Trend bei Streaming-Services zeigt.
"Als weltgrößter Softwarehersteller hat Microsoft viele Tools im Angebot, die während der Pandemie stark gefordert waren. Wo waren für Sie die größten Herausforderungen und welche Weiterentwicklungen sind noch geplant?"
Uns ist es ein großes Anliegen unseren Kunden den erfolgreichen Umstieg in die neue Arbeitssituation zu ermöglichen. Ein wichtiger Teil der immer schneller werdenden Digitalisierung ist die Weiterbildung – von Mitarbeitenden und Führungskräften. Neue Technologien nützen uns nur dann etwas, wenn Menschen damit umgehen können. Viele Unternehmen sahen im letzten Jahr Herausforderungen im Erhalt der Unternehmenskultur. Um die Zusammenarbeit und Zusammenhalt zwischen Mitarbeitenden so reibungslos wie möglich zu gestalten, entwickeln wir Microsoft Teams laufend weiter. Das Wohlbefinden der Angestellten darf dabei auch nicht übersehen werden. Mit der neuen Plattform Microsoft Viva erleichtern wir die Kommunikation, geben Zugang zu Wissen und Trainings und schaffen Einblicke in Arbeitsgewohnheiten.
"Microsoft baut in Österreich ein Datencenter für die immer wichtiger werdenden Cloud-Anwendungen. Wie wichtig ist der Standort Österreich für den Weltkonzern Microsoft?"
Das Investment zeigt Microsofts Kommittent in den Standort und das künftige Wachstum der österreichischen Wirtschaft. Wir erwarten ein Wirtschaftswachstum von zwei Milliarden Euro am Standort durch diese Investition. Wir wollen regionalen Unternehmen – vor allem auch kleinen und mittelständischen – die Möglichkeit geben, Zugang zu Cloud-Technologien zu haben und damit bei der Digitalisierung ganz vorne mit dabei zu sein. Für uns ist es natürlich immer eine Auszeichnung, wenn lokale Partner und Kunden uns ihr Vertrauen schenken und auf die Microsoft Cloud setzen. Darauf bauen wir unser Engagement für den Wirtschaftsstandort Österreich auf.
"Streaming und Cloud-Services haben sich als sehr stromintensiv herausgestellt. Was macht Microsoft, um Nachhaltigkeit und Digitalisierung unter einen Hut zu bringen?"
Digitalisierung und Nachhaltigkeit müssen nicht im Widerspruch stehen. Wir investieren in innovative Unternehmen, die mit neuen Technologien zum Umweltschutz beitragen. Climeworks, zum Beispiel, baut eine Anlage zur regenerativen Gewinnung und Speicherung von CO2. Weitere Lösungen sind der Sustainability Calculator für Unternehmen und die Entwicklung des Planetary Computers. Mithilfe von KI werden global Daten über Ökosysteme gesammelt und ausgewertet, um Biodiversität zu erhalten. Die Ergebnisse wollen wir frei verfügbar machen, damit wir alle gemeinsam an einer nachhaltigeren Welt arbeiten können. Es reicht nicht, nur den eigenen Hinterhof sauber zu machen, wir wollen der Welt helfen, nachhaltig zu agieren.
"Ist Österreich aus Ihrer Sicht für die digitale Zukunft gerüstet? Wo sehen sie noch Nachholbedarf?"
Das Bewusstsein und der Wille für mehr Digitalisierung sind bei Unternehmen definitiv gegeben. Das zeigt auch das Interesse an Künstlicher Intelligenz und Cloud-Technologien. Es hapert aber noch ein bisschen an der ganzheitlichen Integration solcher Lösungen. Hier ist die Förderung von Fachkräften und das Engagement der Führungsebene besonders wichtig. Auf KMUs sollten wir besonders achten. Sie stehen der Digitalisierung noch etwas skeptischer gegenüber, weil sie oft in diesem Bereich noch hinterherhinken. Genau hier setzen unsere regionalen Rechenzentren an. Digitale Lösungen sollen für alle zugänglich sein und nicht nur für große Konzerne.
"Zum Abschluss noch ein Blick in die Zukunft: Wie werden wir 2030 arbeiten?"
Die Zukunft ist hybrides Arbeiten – wir haben gelernt, digital zu verkaufen, Mitarbeiter einzustellen, fort- und weiterzubilden und Produktionsabläufe mit digitalen Zwillingen abzubilden und intelligenter zu machen. Sicher ist, dass wir 2030 anders als heute arbeiten werden. Die Transformation der Arbeit ist schnell ins Rollen gekommen, nun werden Arbeitsabläufe und Fähigkeiten nachgezogen. Wir sollten neuen digitalen Entwicklungen offen gegenüberstehen und die Anpassungsfähigkeit beibehalten, die wir im vergangenen Jahr bewiesen haben. Für uns ist bis 2030 aber unser Nachhaltigkeitsziel, CO2-negativ zu werden, eine der höchsten Prioritäten. Gemeinsam mit innovativen Partnern wollen wir dieses Ziel erreichen. Mehr Geräte und digitale Arbeit bedeuten mehr Ressourcen und Stromverbrauch – auch in unseren Rechenzentren. Diese verzeichnen bereits eine um 98 Prozent niedrigere CO2-Bilanz als andere.