Valley oder Waldviertel?

Wo heimische Unternehmen eher durchstarten können


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Wirtschaftseinsteiger:innen
  • Gründer:innen

Lesedauer:

5 Minuten

AutorIn: Jenny Sommer

 Oliver Holle (Speedinvest) i
Speedinvest / vyhnalek

Oliver Holle (Speedinvest)

"Waldbrände, Lockdown, Immobilienkrise: Das Valley ist dystopisch", sagt Speedinvest-Chef Oliver Holle und erklärt, warum kleinere Start-ups im Waldviertel besser aufgehoben sind als in Kalifornien.

Der Legende nach ist das Silicon Valley der ideale Nährboden für Start-ups. Alles, was ein Tech-Nerd wie Bill Gates und Elon Musk für die erste Milliarde braucht, ist eine Idee, eine Garage und ein bisschen Glück. Aber wie ist es wirklich? MARI€ hat mit Oliver Holle gesprochen, der die Lage in Österreich und im Silicon Valley kennt.

"Herr Holle, die Legende sagt: In Amerika wird der Tellerwäscher Millionär. Schauspieler gehen nach Hollywood. Start-up-Gründer ins Silicon Valley. Wie ist es wirklich?"

Oliver Holle:
Um rasant wachsende Tech-Start-ups zu entwickeln, ist das Silicon Valley tatsächlich noch immer der perfekte Nährboden. Aber: Wer nicht gleich zig Millionen Venture-Kapital raisen will, tut sich dort schwer. Das ist eine sehr monolithische Kultur. Big oder weg. Dazwischen gibt es keinen Raum. Wenn Sie also ein ganz normales Geschäft aufziehen und gut davon leben wollen, dann ist das Silicon Valley denkbar ungünstig.  


"Dann habe ich im Waldviertel bessere Chancen?"

Im Prinzip: ja. Das Charmante an Österreich ist ja, dass man hier gut eine Firma aufbauen kann. Die Lebenshaltungskosten und die soziale Infrastruktur ermöglichen ein profitables, schönes unternehmerisches Leben. 


"Wie sieht es mit der Fördersituation aus?"

Österreich hat eine gut ausgeprägte Förderlandschaft für Start-ups. Es gibt auch viele interessierte Privatinvestoren: Business Angels. Das sind klare Vorteile. Ein Nachteil sind die vielen administrativen Hürden: Für eine GmbH-Gründung brauche ich hier eine vergleichsweise hohe Kapitalausstattung, jede Änderung ist notariatspflichtig. Das gibt es in anderen Ländern nicht. Wobei: Solche Hindernisse haben noch nie einen entschlossenen, guten Gründer aufgehalten. 

Silicon Valley

Region in Nordkalifornien, die sich ab den Sechzigerjahren zum globalen Zentrum für High-Tech, später auch für Social Media und Risikokapital entwickelt hat. Ein Drittel der US-Risikokapitalinvestitionen wird dort getätigt. Geschäftsfeld: Soft- und Hardware 

  • 4000 km² Fläche
  • 2,3 Mio. Einwohner
  • 500.000 Beschäftigte
  • 7.000 Unternehmen
  • 180 Milliarden Dollar Umsatz jährlich

"Mit Ihrer Firma Speedinvest bringen Sie Investoren und Start-up-Gründer über Fonds zusammen. Wie würden Sie die österreichische Start-up-Szene beschreiben?"

Die ist breit und gut aufgestellt. Im Unterschied zu Berlin, London oder dem Silicon Valley, wo viele "Wiederholungstäter" werken, gibt es hier viele Gründerteams, die das zum ersten Mal machen. Das ist erfrischend. Man arbeitet mit vielen jungen Leuten, die positiv und motiviert an das Projekt gehen.


"Wenn einer dieser Gründer Sie fragt, ob er im Silicon Valley sein Glück versuchen soll, was raten Sie?"

Zum Leben kann ich es momentan niemandem empfehlen: Es hat keinen Charme und außer Sonne wenig zu bieten. Ein Highway in der Mitte, rechts und links davon Suburbs. Die momentane Situation ist dystopisch, nicht schön. Unsere Mitarbeiter (Speedinvest hat ein Büro in San Francisco, Anm.) haben dort eine dreifache Krise: Seit Längerem eine Real-Estate-Krise. Die Lebenshaltungskosten sind extrem gestiegen. Dazu kam die Pandemie mit sehr strengem Lockdown, und im Sommer die Waldbrände. Sobald die Leute die Möglichkeit haben, ziehen sie weg. Mit Remote Work geht das.


"Das heißt, die Lage ist im Umbruch?"

Ja, die ganze Region wandert. Um 2006 lag das Innovationszentrum wirklich im Silicon Valley selbst: Palo Alto, Mountain Valley. Irgendwann sind viele Unternehmer nach San Francisco gezogen. Jetzt passiert gerade die nächste Micro-Migration. Alle ziehen nach Oakland, Colorado, Arizona. Nichtsdestotrotz sind die großen Tech-Unternehmen und Universitäten noch im Valley selbst vertreten. Sehr viel globales Talent zieht in diese Region, aber nicht mehr nach Palo Alto und Mountain View, sondern an andere Stellen in der Region. Die gesamte Wirtschaftsleistung lebt dort immer noch vom Gedankenspiel, aus einer Idee ein globales Unternehmen zu bauen.


"Haben Sie persönlich auch positive Erfahrungen mitgenommen aus dem Silicon Valley?"

Ja. Meine Erkenntnis ist, dass wir als Europäer und Österreicher mit den Start-ups dort absolut mithalten können. Man darf keine Angst haben vor dem Mythos Silicon Valley: Die Amerikaner kochen auch nur mit Wasser.

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