Arkeon: Wo aus CO₂ Proteine werden

Wiener Startup entlastet mit einer neuen Technologie den Planeten.


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Lesedauer:

3 Minuten

AutorIn: Nicole Spilker

Gregor Tegl i
Arkeon Biotechnology

Arkeon Biotechnologies ist ein Wiener Startup, das Mikroben nutzt, die auf natürliche Weise CO₂ in Grundstoffe für die Lebensmittelindustrie umwandeln. Dadurch sollen neue Möglichkeiten der Nahrungsmittelproduktion entstehen.

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Ein in Wien ansässiges Startup kann Kohlendioxid in Lebensmittel umwandeln. "Wir bekommen oft die Frage gestellt, was der Haken an der Sache ist – und manchmal frage ich mich das sogar selbst", erzählt Geschäftsführer Gregor Tegl lachend. Gemeinsam mit seinen ehemaligen Studienkollegen Simon Rittmann und Günther Bochmann gründete er 2021 Arkeon Biotechnologies

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Das Ziel: Ein nachhaltiges Lebensmittelsystem

Die Mission der drei Wissenschaftler: Sie wollen ein neues, nachhaltiges und nahrhaftes Lebensmittelsystem etablieren. Zum Einsatz kommt dabei ein Verfahren, an dem die Gründer bereits seit 2009 forschen. Damals entdeckte der Biotechnologe Simon Rittmann durch einen Zufall, dass der ursprüngliche Mikroorganismus, mit dem er sich beschäftigte, in einem Fermentationsprozess alle 20 für den menschlichen Organismus wichtigen Aminosäuren herstellen kann. 

Die Basis: CO₂ und Wasserstoff

Als Nährstoffquelle dient den Einzellern namens Archaeen dabei CO₂ und Wasserstoff. Das Endprodukt ist eine Proteinzutat, die in der Lebensmittelindustrie ohne viele Zusatzstoffe weiterverarbeitet werden kann. "Ich ernähre mich selbst auf pflanzlicher Basis, und was ich vermisse, ist Diversität", erzählt Gregor Tegl: "In den Supermärkten steht zwar mittlerweile ein zwei Meter langes Regal mit veganen Zutaten, aber daneben eben auch eine acht Meter lange Palette an tierischen Produkten."

Dabei sei nicht die Nachfrage das Problem, sondern das Angebot an Alternativen: "Die Lebensmittelproduzenten suchen händeringend nach innovativen Zutaten. Seit einem Jahr führe ich jeden Tag mit neuen Konzernen oder Firmen Gespräche", so der Lebensmittel- und Biotechnologe.

Die Alternative: Ressourcenverschwendung und Tierleid

Doch nicht nur kulinarisch sollen die Menschen vom Arkeon-Protein profitieren. Auch die Abwendung von Massentierhaltung und anderen Praktiken der konventionellen Landwirtschaft ist der Firma ein zentrales Anliegen. Immerhin schließt ihre Nahrungsmittel-Produktion Ressourcenverschwendung und Tierleid konsequent aus. "Wir wollen umweltfreundliche Technologien entwickeln, die den Planeten entlasten."

Wo das benötigte Kohlendioxid herkommt, ist grundsätzlich irrelevant. Am einfachsten wäre eine Anbindung an eine Brauerei oder eine Bioethanol-Anlage, denn die dort verwendete Hefe produziere das reinste CO₂.  "Es gibt bereits Gespräche, sich an solche Produktionsstätten anzuschließen, aber man kann das CO₂ auch in große Tanks abfüllen", so Tegl. Das Interesse der Industrie sei allerdings schon auf Grund der Maßnahmen des "European Green Deal" gegeben. "Bis jetzt blasen die meisten Firmen das CO₂ in die Atmosphäre, nun gibt es Anreize, etwas Sinnvolles damit zu machen."

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Die Zukunft: Pilotanlage und Show-Case-Produkte

Dass das junge Unternehmen mit seiner Mission auf dem richtigen Weg ist, untermauerten jüngst auch die 6,5 Millionen Euro Investment, die Arkeon in einer Seed-Runde für sein weiteres Wachstum einsammeln konnte. Nach dem Motto "growing and flowing!" wird das Geld nun zur Skalierung des Fermentationsprozesses eingesetzt. Zudem ist eine Pilotanlage in Pressbaum angedacht, und das bereits bestehende Food Lab in Wien-Landstraße soll weiter aufgebaut werden.

"Im Sommer sind wir dann so weit, unsere ersten Show-Case-Produkte zu präsentieren", erzählt Gregor Tegl. Aber wonach schmeckt das Arkeon-Protein denn nun eigentlich? "Nach nicht viel. Mit der Hilfe von Enzymen können wir die Aminosäuren aber mit Peptiden verknüpfen, die etwa die geschmacksverstärkende Komponente Umami oder eine gewisse Konsistenz für ein gutes Mundgefühl mitbringen."

Und, schon Appetit auf die sensationelle Zutat bekommen? In etwa zwei Jahren sollen die ersten auf dem neuen Protein basierenden Produkte im Handel stehen.