Nachhaltiger Erfolg mit Runderneuertem

Die Kurzerzählung einer nachhaltigen Erfolgsstory.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Umweltbewusste
  • Problemlöser:innen

Lesedauer:

7 Minuten

AutorIn: Michael Pitour

Gründerteam refurbed i
refurbed

Das Wiener Green-Tech-Start-up refurbed bietet seiner Kundschaft generalüberholte Smartphones, Tablets, PCs oder Haushaltsgeräte, deutlich unter Neupreis und ist damit international erfolgreich.

Die Geschichte von refurbed beginnt mit einem Problem. Peter Windischhofer, einer der späteren Gründer, erwarb 2016 ein iPhone über eine Website für Gebrauchtwaren. Die Entscheidung gegen Neuware war bewusst, aus ökologischen Motiven getroffen. Allein: Der hehre Plan ging nicht auf. Das Gerät war nach wenigen Wochen kaputt, eine Garantie gab es naturgemäß nicht. „Das war die Geburtsstunde von refurbed. Die Idee: eine Plattform für erneuerte und qualitativ hochwertige Produkte, mit einheitlichen, hohen Standards hinsichtlich Qualität, Sicherheit und Garantie. So sollte es Konsumentinnen und Konsumenten ermöglicht werden, einfach und ohne Risiko nachhaltige Geräte zu kaufen“, erinnert sich Windischhofer.

Millionenerfolg in kurzer Zeit

2017 gründete der polyglotte Wirtschaftswissenschaftler (BWL-Studium in Wien, Shanghai und San Francisco) sowie langjährige Consultant bei McKinsey & Company (Kernbereich E-Commerce) gemeinsam mit Kilian Kaminski und Jürgen Riedl das Start-up refurbed. Vier Jahre später – unter anderem nach einem spektakulären Auftritt in der österreichischen Fernsehshow „2 Minuten, 2 Millionen“ und einem Seed-Investment über zwei Millionen Euro (als Kapitalgeber fungieren mit der russischen Inventure Partners und dem in London ansässigen Atomico Angel Programme zwei der größten Venture-Capitalists Europas) sowie einer rekordverdächtigen Start-up-Finanzierung durch internationale Investoren in der Höhe von knapp 16 Millionen Euro (2020) – blicken die Jungentrepreneure auf ein Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitern, mehr als 300.000 Kunden und einem Umsatz von über 100 Millionen Euro (2020, Verdreifachung gegenüber 2019). Das Unternehmen, das im deutschsprachigen Raum als der am schnellsten wachsende Marktplatz für erneuerte Produkte gilt, expandierte nach seinen Aktivitäten in Österreich, Deutschland, Italien und Polen 2020 in neun weitere Länder, darunter Frankreich, Schweden und Irland.

Das Funktionsprinzip

Damit gebrauchte Produkte nicht nur wie neu aussehen, sondern auch so funktionieren und erheblich günstiger im Vergleich zu Neuware beim Kunden als refurbedTM-Geräte landen, durchlaufen sie ein detailliert festgelegtes System. Zunächst kauft der Refurbisher – in der Regel lizensierte Hersteller oder Verkäufer – große Mengen an gebrauchten Geräten von Firmen oder Telekommunikationsanbietern an. Danach beginnt der Erneuerungsprozess. Die Daten auf dem Gerät werden vollständig gelöscht und auf die Werkeinstellungen zurückgesetzt, alle äußerlichen Gebrauchsspuren werden beseitigt und einzelne Komponenten bei Bedarf ausgetauscht. Die Geräte werden schließlich über refurbed, das die Plattform für Verkäufer und Konsumenten anbietet, zum Verkauf freigegeben. Der Kunde erwirbt somit ein runderneuertes Produkt – das Gros bilden Smartphones, Tablets, Laptops und Monitore, die Palette reicht aber mittlerweile bis zu Küchengeräten und E-Scootern – inklusive notwendigem Zubehör von einem zertifizierten und geprüften Händler (Privatpersonen sind als Anbieter ausgeschlossen), samt 12 bis 36 Monate Garantie.

Der grüne Kerngedanke

Treu sind Windischhofer und seine Co-Gründer dem ursprünglichen ökologischen Kerngedanken geblieben. Das liegt zunächst am Geschäftsmodell, da zum einen bei Erneuerung von gebrauchten Produkten weitgehend kein Elektroschrott verursacht wird und zum anderen 70 Prozent weniger CO₂-Emissionen als bei der Neuproduktion anfallen. Zudem arbeitet refurbed mit Partnerorganisationen wie Labdoo und der deutschen Umwelthilfe zusammen, um nicht mehr erneuerbare Geräte umweltschonend zu verwerten. Eine weitere Partnerschaft mit Eden Reforestation Projects sorgt dafür, dass für jedes gekaufte refurbedTM-Produkt ein Baum gepflanzt wird. „Unsere Kunden können selbst entscheiden, in welchem Land ihr Baum gepflanzt werden soll. Sie haben die Auswahl zwischen Haiti, Indonesien, Kenia, Madagaskar, Mosambik und Nepal“, erklärt Windischhofer.

Beste Aussichten

Hinweise für einen in jeder Hinsicht nachhaltigen Erfolg von refurbed gibt es derzeit zahlreicher Natur. Nachdem 2020 still und heimlich in viele europäische Märkte expandiert wurde, zeigte man sich auch bei der Erweiterung des Geschäftsmodells zuletzt kreativ. Der Start eines zusätzlichen Mietservices für Smartphones und Laptops verlief vielversprechend. Die jüngste Idee: Noch 2021 sollen Konsumenten ihre gebrauchten Geräte direkt über die refurbed-Plattform an Händler verkaufen können. Die Zukunftspläne werden jedenfalls mit breiter Brust vorgetragen: „Wir glauben, dass refurbed der führende Player für runderneuerte Produkte in Europa oder sogar darüber hinaus werden kann. Wir wollen das ,gute Amazon‘ für Refurbished-Produkte und Menschen mit nachhaltigem Gewissen werden.“

Schatzgrube Smartphone

In einem handelsüblichen Smartphone stecken etwa 60 Rohstoffe (mehr als 50 Prozent Kunststoffe, rund 25 Prozent Metalle und etwa 20 Prozent Glas und Keramik). Insbesondere die knapp 30 verschiedenen Metalle sind kostbare und – aufgrund ihrer teilweisen Gewinnung in Ländern, in denen Menschenrechte und Naturschutz nicht viel gelten – zugleich problematische Rohstoffe.

Der ökologische Rucksack wiegt schwer: Experten des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie haben herausgefunden, dass ein Smartphone bei seiner Rohstoffreise durch die Welt (Abbau, Verarbeitung, Fertigstellung) alles in allem etwa 75 Kilogramm an Ressourcen verbraucht – bei einem durchschnittlichen Eigengewicht von 80 Gramm. Umso wesentlicher sind Initiativen zur schonenden Extraktion und Wiederverwendung der Rohstoffe, die in veralteten, nicht mehr verwendeten Handys „geparkt“ sind.