Was braucht es, damit Österreichs Unternehmen klimaneutral wirtschaften können und dabei trotzdem wettbewerbsfähig bleiben? MARI€ spricht mit zwei BOLD Minds genau darüber.
Schon mal von der Twin Transition gehört? Sie beschäftigt sich damit, wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit Hand in Hand gedacht werden müssen, um die größtmöglichen Innovationen in Richtung Klimaneutralität zu erzielen.
Besagte Twin Transition war auch eines der Themen im Fokus der BOLD UnConference 2024. Dort wurden drei verschiedene Lösungsansätze identifiziert:
- Förderung der Kreislaufwirtschaft (e.g. optimierte Ressourcennutzung)
- Förderung von Ökosystemdienstleistungen (e.g. Begrünung von Betriebsflächen)
- Neue digitale Technologien (e.g. Blockchain)
Was ist die BOLD Community?
Die BOLD Community ist die globale Innovationsinitiative der Wirtschaftskammer Österreich und AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA. Ziel ist es, Vordenker:innen aus aller Welt mit österreichischen Unternehmen zu vernetzen und gemeinsam an Lösungen für die Wirtschaft von morgen zu arbeiten. Die jährlich stattfindende BOLD UnConference bringt dafür internationale BOLD Minds mit heimischen Unternehmen in vier Bundesländern zusammen.
Aber was sagen die Experten konkret dazu?
Um das zu besprechen, haben wir zwei BOLD Minds zum Gespräch getroffen. Der österreichische Klima- und Digitalstratege Miroslav Polzer und der britische Climate-Resilience-Experte Doogie Black stehen MARI€ Rede und Antwort. Wir wollten wissen:
Was müssen Unternehmer:innen jetzt konkret tun, um ihren Betrieb zukunftsfit zu machen?
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Jugendprojekte zeigen, wie viel Kreativität, Mut und Systemdenken in einer Generation steckt, die ihre Zukunft selbst gestalten will.
Warum ist die "Twin Transition" so wichtig?
Polzer: Wir können die großen Herausforderungen unserer Zeit nicht mit den Werkzeugen der Vergangenheit lösen. Die Twin Transition ermöglicht es uns, globale Nachhaltigkeitsziele messbar, steuerbar und skalierbar umzusetzen. Die Verbindung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit schafft transformative Wirkung – insbesondere in Bezug auf partizipative Klimafinanzierung, transparente Wirkungsmessung und jugendzentrierte Innovationssysteme.
Was ist Blockchain?
Blockchain ist eine digitale Datenbank, in der Informationen fälschungssicher, transparent und dezentral gespeichert werden. Jede neue Information wird als "Block" an eine Kette angehängt – daher der Name. Das macht Blockchain besonders nützlich, wenn viele Beteiligte auf dieselben Daten vertrauen müssen – etwa bei CO₂-Zertifikaten oder ESG-Nachweisen.
Wo können Blockchain-Technologien Unternehmen konkret beim Klimaschutz helfen?
Polzer: Blockchain-Technologien bieten Vertrauensinfrastrukturen für transparente und überprüfbare Klimaaktionen. Unternehmen können z. B. durch tokenisierte [Anmerkung: auf einer Blockchain abgebildete] Klimaschutzmaßnahmen, digitale CO₂-Ausgleichssysteme oder partizipative ESG-Datenplattformen ihre handlungsorientierte Verantwortung nach außen glaubwürdig kommunizieren. Im Rahmen unserer GloCha-Initiativen setzen wir auf Blockchain als Rückgrat für ein globales Klimabewusstsein und Impact-Finanzierung, inklusive digitaler Identitäten für Impact-Akteure und Kreativwirtschafts-Ansätze wie zum Beispiel unserer DigitalArt4Climate Initiative.
Was können Unternehmen von Jugendprojekten im Klimaschutz lernen?
Polzer: Jugendprojekte zeigen, wie viel Kreativität, Mut und Systemdenken in einer Generation steckt, die ihre Zukunft selbst gestalten will. Unternehmen können von der Agilität und dem Sinn-für-Gemeinschaft lernen – zwei Werte, die im Zeitalter des Gemeinwohl-orientierten Wirtschaftens zentral sind. Durch gezielte Partnerschaften mit jugendgetragenen Klimainitiativen entsteht gegenseitiges Lernen, Innovation auf Augenhöhe und ein starkes soziales Narrativ.
Wie können Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft besser zusammenarbeiten?
Polzer: Indem sie eine gemeinsame Vorstellung einer wünschenswerten Zukunft entwickeln, eine gemeinsame Sprache finden und Ko-Kreation ermöglichen. Was wir brauchen, sind neutrale Plattformen, wie wir sie mit GloCha und unseren UN-Kooperationen aufbauen, wo vertrauensvolle Partnerschaft zwischen Unternehmen, Institutionen und engagierten Bürger:innen möglich wird. Gemeinsame Datenräume, digitale Bürger:innenidentitäten und impactorientierte Finanzierungsmodelle sind Schlüssel für echte Zusammenarbeit.

Effektive Lösungen entstehen durch Zusammenarbeit eines vielfältigen Spektrums an Beteiligten
Wie können Unternehmen auch mit begrenzten Mitteln klimaresilient werden?
Black: Klimaresilienz beginnt mit einem tiefen Verständnis dafür, wie sich Klimarisiken auf alle Bereiche eines Unternehmens auswirken können – von physischen Vermögenswerten und Lieferketten bis hin zu regulatorischen Funktionen und dem Einfluss, den ein Unternehmen ausübt. Für Organisationen, die am Anfang ihrer Reise stehen, sind zugängliche Klimadaten und ein grundlegendes Verständnis der möglichen Auswirkungen entscheidend.
Mit wachsender Reife verlagert sich der Fokus auf kontinuierliches Monitoring, Lernen und die Integration von Klimarisiken in zentrale Risikoregister. Der eigentliche Schlüssel ist das Handeln: Anpassung findet nur statt, wenn Unternehmen vom Risikomanagement zur Entwicklung und Umsetzung von Strategien übergehen, die diese Risiken adressieren.
Welche Punkte sollten Unternehmen heute schon im Blick haben?
Black: Klimawandel ist eine unmittelbare und direkte Bedrohung für nahezu jedes Unternehmen, seine Zulieferer und seine Kund:innen. Untätigkeit ist keine Option mehr – das Risiko des Stillstands ist schlicht zu groß. Effektive Lösungen entstehen durch Zusammenarbeit eines vielfältigen Spektrums an Beteiligten – Planer:innen, Versicherer, Ingenieur:innen, Regulierungsbehörden, Einkaufsteams und mehr.
Was sind die größten Herausforderungen, denen Unternehmen bei der Bewältigung des Klimawandels begegnen?
Black: Viele Unternehmen sehen Anpassung als das Problem anderer oder fühlen sich von ihrer Komplexität überfordert. Es gibt das weit verbreitete Missverständnis, dass einzelne Unternehmen keinen Unterschied machen können – dabei gibt es fast immer Handlungsmöglichkeiten. Die Ärmsten und Verwundbarsten benötigen mehr Unterstützung, da sie oft keine Ressourcen zur Verfügung haben. Anpassung kostet in der Regel mehr im Vorfeld, bringt aber langfristig große Vorteile – was ein Umdenken in Richtung Langfristigkeit erfordert.
Warum sollten Unternehmen in Bildung und Klimabewusstsein investieren?
Black: Bewusstsein ist grundlegend, aber es ist ein Irrtum zu glauben, dass es automatisch zu Handlung führt. Zu viele Informationen ohne Handlungsspielraum können Menschen überfordern und entmutigen. Wirksame Bildung muss praktische Handlungskompetenz fördern – Menschen sollen nicht nur verstehen, was passiert, sondern auch, was sie dagegen tun können. Dafür braucht es praxisorientierte Schulungen durch Fachleute, die sektorenübergreifend Wissen teilen und bewährte Methoden verbreiten. Bildung ist der Schlüssel zu Zusammenarbeit, Kompetenzaufbau und kollektiver Resilienz.
Das Wichtigste in Kürze
- Durch die Twin Transition aus Digitalisierung und Nachhaltigkeit können in puncto Klimaneutralität große Innovationen hervorgebracht werden.
- Blockchain-Technologien schaffen dabei Transparenz.
- Effektive Lösungen entstehen durch Zusammenarbeit eines vielfältigen Spektrums an Beteiligten
- Der Faktor "Langfristigkeit" muss bei den Planungen immer mitgedacht werden.