Die Wirtschaft ist weiblich! Und zwar nicht nur grammatikalisch. Mehr als 130.000 Unternehmerinnen gibt es in Österreich – und es werden immer mehr.
Wenn es darum geht, das Heft in die Hand zu nehmen und endlich was weiterzubringen, dann sind oft Frauen gefragt: Österreichs Unternehmerinnen leisten im Jahr 286,7 Millionen Arbeitsstunden. Insgesamt liegt hierzulande die Frauen-Erwerbsquote bei 72,3 % (EU-Durchschnitt: 68,6 %). Und: Österreichs Frauen erbringen eine Steuerleistung von 8,13 Milliarden Euro jährlich.
"Innovationen und innovative Unternehmen sind unsere Zukunft. Hier gehen Österreichs Frauen mit bestem Beispiel voran", sagt WKÖ-Vizepräsidentin Martha Schultz, die auch Bundesvorsitzende der Unternehmerinnen-Vertretung Frau in der Wirtschaft (FiW) ist. In der Tat: 131.092 Unternehmerinnen sind eine treibende Kraft und leisten einen unverzichtbaren Beitrag für die heimische Wirtschaft.
Rekordwert bei Neugründungen
Die gute Nachricht: Frauen haben in vielen Bereichen bereits die Nase vorn und etablieren sich immer öfter als Chefinnen. In Österreich sind 38,3 % der Geschäftsführungen in weiblicher Hand. Bei den Unternehmensneugründungen näherte sich der Gründerinnen-Anteil 2019 mit 45,2 % sogar erstmals der 50-Prozent-Marke: ein Rekordwert!
Doch noch ist die große Mehrheit der Unternehmer männlich, in den Aufsichtsräten haben sogar 80 % von ihnen das Sagen. Das Programm Zukunft.Frauen - eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, der WKO und der Industriellenvereinigung - fördert darum ganz gezielt weibliche Führungskräfte und Aufsichtsrätinnen. In einigen Branchen ist der Unternehmerinnen-Anteil allgemein noch sehr niedrig. Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, fordert deswegen: "Vor allem jene couragierten Frauen, die sich in den noch männerdominierten technologischen Bereichen durchsetzen, müssen unterstützt werden." Welche Bereiche Schramböck hier meinte? Die meisten von Frauen geführten Betriebe befinden sich nach wie vor in "traditionell weiblichen" Branchen: Gewerbe/Handwerk oder Tourismus und Handel; die Bereiche Transport/Verkehr und Industrie sind dagegen überwiegend in Männerhand.
Hausarbeit als Karrierebremse
Es gibt also ein gewisses Ungleichgewicht. Aber wieso? Schließlich leben wir im Jahr 2021. Hier kommt die für manche gar nicht so gute alte Rollenverteilung ins Spiel: Über 70 % der österreichischen Unternehmerinnen finden die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einer Studie zufolge "schwierig", für 22 % ist sie sogar "sehr schwierig". Das heißt: 92 % der Unternehmerinnen kämpfen mit dem Spagat Haushalt und Beruf. Zusätzlich zu der Betreuung der Kinder (,die jede zweite Befragte hat,) übernehmen sie nach eigenen Angaben auch gut zwei Drittel der Hausarbeit. Die kostet Zeit und bremst die Karriere.
Mehr mutige Vorbilder!
Dabei zeigen gerade die unbezahlten Management-Tasks im Haushalt das Potenzial der Frauen: Sie koordinieren Stundenpläne, vereinbaren Arzttermine und Klavierstunden, planen Urlaube, führen Einkaufslisten, organisieren Handwerker, budgetieren den Haushalt. Viele Stunden fließen in diesen Job. Nur: Bezahlt wird er nicht. Gäbe es dagegen "flächendeckend eine flexible Kinderbetreuung, und zwar nicht nur in den Städten, sondern vom Neusiedler See bis zum Bodensee", wie Martha Schultz sie fordert, dann kämen diese Skills verstärkt weiblich geführten Unternehmen – und somit der Wirtschaft – zugute.
Zum Teil fehlen mutige Vorbilder. Nicht, weil es sie nicht gäbe. Sondern, weil man sie nicht kennt. Deshalb präsentiert MARI€ in der Serie "Weibliche Wirtschaft" in unregelmäßigen Abständen Interviews mit Frauen, die den Schritt zum eigenen Unternehmen gewagt haben. Sie berichten von Hindernissen und Erfolgen, erklären, wie sie sich Respekt verschaffen und erzählen, wie es ihrem Unternehmen in der Coronakrise geht.