"Herausforderung durch Liefer­engpässe wächst"

Christoph Schneider über die Ergebnisse des aktuellen Wirtschaftsbarometers.


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WKÖ-Ökonom Christoph Schneider erklärt, wie sich Lieferengpässe auf die heimische Wirtschaft auswirken und welche anderen Hemmschuhe gerade auf den Betrieben lasten. 

"China ist weit weg, könnte man meinen. Wieso trifft uns ein Frachtstau tausende Kilometer entfernt?"


Christoph Schneider:
Viele Waren und Güter haben einen weiten Weg hinter sich, bevor sie bei uns landen. Vieles, was in Containern verschifft wird, ist von den derzeitigen Verzögerungen betroffen, zum Beispiel Elektrogeräte. Wir sehen seit Beginn der Corona-Pandemie Staus vor den weltweit wichtigsten Seehäfen, und diese haben sich bislang noch nicht aufgelöst. Fast doppelt so viele Güter wie vor zwei Jahren warten derzeit auf unbewegten Schiffen. 

 

"Wirken sich diese "Knoten" in den Lieferketten auch auf Betriebe aus?"

Ja, und zwar in vielerlei Hinsicht, das haben wir in unserem aktuellen WKÖ-Wirtschaftsbarometer eingehender thematisiert. Wir sehen: Durch die Covid-19-Pandemie und auch temporäre globale Entwicklungen haben sich Lieferengpässe als wachsende Herausforderung für Unternehmen manifestiert. Besonders betroffen sind große Unternehmen und klassischerweise der produzierende Bereich, aber auch im Dienstleistungsbereich sagt jedes zweite Unternehmen, die Entwicklung ist herausfordernd. Die Herausforderung wird doppelt so oft genannt als noch vor einem Jahr.  

"Was passiert in der Folge?"

Der Kostendruck auf die Betriebe steigt. Sie mussten daher flexibler agieren und rasch Spielräume suchen. Und das ist zeitnahe passiert, wie die Wirtschaftsbarometer-Ergebnisse zeigen: Nur 5 % der befragten Unternehmen sagen, dass sie aktuell keine Maßnahmen planen.


"Wie wird konkret gegengesteuert?"

Die Unternehmen suchen jetzt noch aktiver als sonst nach neuen bzw. zusätzlichen Lieferanten (68 %) und erhöhen ihre Lagerhaltung, um ihre Flexibilität und Eigenständigkeit zu erhöhen. 7 von 10 Unternehmen geben an, dass es zu einer Weitergabe von Preiserhöhungen an den Kunden kommen kann bzw. muss.

"Welche anderen Herausforderungen sehen die Unternehmen gerade und wie begegnen sie diesen?"

Stichwort Preiserhöhungen: speziell auch die steigenden Energiepreise machen zu schaffen. Bei den schwerwiegenden Belastungen gibt es aber auch „alte Bekannte“ wie den Arbeitskräftemangel, der sich aus Sicht der Betriebe weiter verschärft.

Der WKÖ-Wirtschaftsbarometer

Der WKÖ-Wirtschaftsbarometer ist die größte Umfrage der gewerblichen Wirtschaft und wird halbjährlich durchgeführt. An der aktuellen Umfrage im Mai 2021 beteiligten sich 5.835 Unternehmen. Alle Details dazu findest du auf wirtschaftsbarometer.at

"Stichwort Energiepreise: Gibt es Licht am Ende des Tunnels?"

Die Unternehmen sehen die Energiepreise wesentlich stärker als Belastung als noch vor einem Jahr. Damals nannten nur 12 % der Unternehmen die Energiepreise als Herausforderung, aktuell liegt der Wert fünfmal so hoch – nämlich bei über 60 % der Unternehmen. Und dabei zeigt sich auch: Betriebe sämtlicher Branchen und Größenklassen sind betroffen. Die Rohstoffpreise werden zwar auch noch ins Jahr 2022 hinein auf hohem Niveau bleiben, wir erwarten jedoch eine  Normalisierung, da auch die weltweite Nachfrage sinken wird. Damit wird auch der Preisauftrieb im Inland gedämpft.


"Was ist Ihr Fazit zum aktuellen Wirtschaftsbarometer?"

Wir haben diese Befragung gemacht, bevor der jüngste Lockdown im November / Dezember beschlossen und umgesetzt wurde. Daher können wir sagen: Unsere Betriebe möchten sich nicht unterkriegen lassen, sobald möglich, ergreifen sie ihre Chancen und wollen arbeiten. Daher sind wir überzeugt: Eine anhaltende Erholung ist möglich, wenn die richtigen Rahmenbedingungen für die Unternehmen vorliegen.

 

"Ein Beispiel?"

Ein sehr gutes Beispiel ist die ökosoziale Steuerreform mit der breiten Palette an Entlastungsmaßnahmen, die bei unseren Betrieben sehr gut ankommen, wie der Wirtschaftsbarometer zeigt. Dies zeigt auch: Maßnahmen wie die KöSt-Senkung und der Investitionsfreibetrag werden von allen Größenklassen als sehr positiv eingeschätzt.