Einfach, einzigartig, substantiell: So fasst Markendesigner Christian Thomas das Geheimnis guter Marken zusammen. Uns hat er erklärt, wie man eine nachhaltig erfolgreiche Marke aufbauen kann.
"Eine Marke ist nicht einfach irgendwas, was ein Unternehmen behauptet. Ihre Bedeutung beruht auf Gegenseitigkeit. Sie ist ein Symbol, ein Angebot für eine Beziehung", sagt Christian Thomas, der für die Vienna Design Week gerade die Ausstellung "Austrian Brand Stories – Österreichische Markengeschichten" gestaltet hat. Ab 24. September zeigt diese bis 10. Oktober im Wiener Museumsquartier die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte österreichischer Topmarken – historische Kartonverpackungen, Tuben, Flaschen und historische Poster von 26 bekannten Playern wie Almdudler, Manner, Ankerbrot oder Mautner Markhof. Was gerade diese Marken so erfolgreich macht? MARI€ hat beim Ausstellungsmacher nachgefragt.
Erfolgreiche Marken erzählen eine gute Story
"Den Titel der Ausstellung ‚Austrian Brand Stories‘ habe ich gewählt, weil alle erfolgreichen Marken Geschichten erzählen. Eine griffige Geschichte ist das Stärkste, was man haben kann."
Sie finden klare Bilder
"Es gibt eine einfache Grundregel: Eine Marke soll möglichst einfache Bilder schaffen, die im Kopf bleiben und ein klares Signal aussenden. Die Kopf-an-Kopf-Stiere von Red Bull sind so ein Beispiel. Ein starkes Symbol, das Kraft symbolisiert und Energie ausstrahlt. So etwas merkt man sich."
Veranstaltungstipp
Was kommt heraus, wenn man Kreativprofis aus Marketing, Gaming, Servicedesign, Data und Architektur und Unternehmen zusammenspannt? Beim Creative Transformation Summit der Kreativwirtschaft Austria gibt es inspirierende Antworten, Hands-on Sessions und konkrete Umsetzungstipps.
"Marken sind Beziehungsgeschichten, und ein wesentlicher Bestandteil von Beziehungen ist Vertrauen. Darum entwickeln sich große Marken oft in Umbruchsituationen. Viele unserer österreichischen Hausmarken sind unter historischem Druck entstanden, zum Beispiel Ende des 19. Jahrhunderts, als der Vielvölkerstaat zerfiel und die industrielle Revolution die Gesellschaft auf den Kopf stellte. In dieser Stimmung wurde auch die Marke Ankerbrot geboren. Wien ist rasant gewachsen, der Bedarf an Brot war enorm. 1891 haben die Brüder Fritz und Heinrich Mendel in Favoriten die größte Brotfabrik Europas aufgebaut. Sie haben zunächst ganz bewusst nur eine einzige Sorte Brot gebacken. Der Anker, ihr Firmenzeichen, signalisiert Verlässlichkeit: Da bin ich verankert. Dieses Symbol ist bis heute für Wiener prägend – auch wenn das Unternehmen es leider nicht mehr im Logo führt."
Sie schaffen Identität
"Die Kräuterlimonade Almdudler wurde im Oktober 1957 gegründet, kurz nach Abzug der Alliierten. Erwin Klein, der Almdudler-Erfinder, hat die österreichische Sehnsucht nach einer nationalen Identität gespürt und sein Getränk mit entsprechenden Symbolen versehen: das Trachtenpärchen vor der Bergkulisse. In der Flasche ist etwas ganz Eigenes: Kräuter aus den heimischen Bergen. Almdudler wird heute noch getrunken. Der Slogan ,Wenn die kan Almdudler hab’n, geh i wieder ham‘ drückt Ähnliches aus: ‚Woanders ist es nicht so schön wie zu Hause.‘ Es ist der Marke gelungen, die Formel, die für sie funktioniert, zu aktualisieren. Auch andere österreichische Marken setzen auf Identitätsbildung: Manner trägt als Schutzmarke den Stephansdom – eigentlich sehr gewagt."
Sie bekennen Farbe
"Die wiederholte Verwendung einer signifikanten Farbe schärft die Wiedererkennung. Welche Farbe, ist im Prinzip egal, nur sollte sie immer gleich bleiben. Wir lernen durch Wiederholung. Deutsche Kolleginnen und Kollegen sind übrigens oft überrascht, wie rot unsere Markenlandschaft ist: Die ÖBB setzen auf die Farbe Rot, Rupp und Alma sind rot, Atomic ist immer rot gewesen, Felix ist rot, Mautner Markhof ist rot. Das kann durchaus eine Referenz an die Nationalfarben sein. Es gibt natürlich auch andere Markenfarben in Österreich. Schokolade und Süßes wird gerne mit Rosa assoziiert, wie bei Manner oder der Kaffeehauskette Aida."
Sie treffen den Zeitgeist
"Marken müssen Metathemen, gesellschaftliche Veränderungen, Grundhaltungen, den moralischen Wandel – wie zum Beispiel die #MeToo-Debatte – verstehen. Wie sie darauf reagieren, muss zur Marke passen. Ein Beispiel: Vor 50 Jahren wäre es undenkbar gewesen, mit einem schwulen Trachtenpaar auf einer Flasche zu werben, so wie Almdudler es heute macht. Almdudler hat die Definition des Pärchens geschickt verändert und Mut zur Diversität signalisiert. Signale einer Marke, die heute als diskriminierend wahrgenommen werden, sollten im Markenprozess berücksichtigt werden. Etwa der Mohr des Vorarlberger Mohren Bräu, der in seiner bisherigen Form nicht mehr funktioniert."
Sie sprechen alle Sinne an
"Beispiel Pago: Die Säfte werden in besonderen Flaschen verkauft, die liegen wie eine Frucht in der Hand, mit dem Knacksen beim Öffnen haben sie auch ein Sound-Logo, typische Form, typische Farbgebung. Einzigartig. Das ist das Um und Auf erfolgreicher Marken. Einfach sein, einzigartig sein, substantiell sein. Und idealerweise auch: Ein wesentliches Bedürfnis bedienen, das immer wiederkehrt."