Finaltag bei EuroSkills: Wie viel Gold holt Österreich?

Die Wettkämpfe sind abgeschlossen, Sonntagabend kommen die Ergebnisse.


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EUROSKILL S2021 Glasbautechniker Christoph Greiner i
EUROSKILLS2021/Hans Oberlaender

Auch wenn dabei sein angeblich alles ist: Es geht bei Wettbewerben schon auch darum, wer siegt. Doch das bleibt bei EuroSkills jetzt noch eine Zeitlang offen.

Bis Sonntagnachmittag wird die bange Frage unbeantwortet bleiben: Wie viele Medaillen wird’s für Österreich bei EuroSkills2021, der Europameisterschaft der Berufe in Graz, geben? Diese Frage stellen sich nicht nur die rund 400 Young Professionals aus 22 Ländern, die ihre beruflichen Fähigkeiten in insgesamt 48 Bewerben gemessen haben. Auch das Publikum lebt und leidet mit. An den drei Wettbewerbstagen waren 30.000 Besucherinnen und Besucher mit dabei. Am Samstag, dem großen Tag der Finales, wollten mehr kommen, als eingelassen werden konnten.

Eines der ersten Teams, das am Samstagvormittag den Bewerb beendete, waren Laura Tschiltsch aus Graz und Christina Strauss aus Feldbach, Teilnehmerinnen am Bewerb Mode-Technologie. Sie präsentierten ihr Werkstück, einen Mantel zum Motto „Cruella“ vor gebanntem Publikum.

Jury-Ergebnisse bis Sonntag, 16 Uhr, unter Verschluss

„Wir haben Trend Research gemacht und uns daher für einen abnehmbaren Kragen entschieden“, sagt Tschiltsch. Die Inspiration sei ihr in einer Ausstellung in London gekommen. Die Vision der beiden Modemacherinnen: Zu dem Mantel könnte es verschiedene Krägen geben, sodass man das Stück immer wieder neu kombinieren kann. Ob ihr Konzept und ihre Umsetzung für eine Medaille reichen, stellt sich aber erst am Sonntag um 16 Uhr bei der „Closing Ceremony“ heraus. Bis dahin werden die Jury-Ergebnisse unter Verschluss gehalten.

Auch Johannes Burchard, der beim Bewerb Hotel-Rezeption angetreten ist, weiß bis Sonntag nicht, ob er auf einen Stockerlplatz gebucht ist. Der Niederösterreicher musste in zwei Szenen sein Können beweisen, darunter eine Reklamation und die Buchung eines Packages. Dabei musste Burchard vor den Ohren der strengen Jury ein herausforderndes Kundengespräch führen und dabei zugleich die komplexe Hotel-Software bedienen.

Drei Tage für einen Ziergarten

Unter einem anderen Druck standen ein paar Hallen weiter die zwei Gartengestalter, die Österreich bei EuroSkills2021 vertreten haben: Felix Janisch aus Wien und Bernhard Gabrle aus Raasdorf wirken nach dem Schlusspfiff erschöpft, aber glücklich. Die beiden haben drei Tage lang viele Stunden gearbeitet, um einen 5,8 mal 5,8 Meter großen Ziergarten in die leere Halle zu stellen: komplett mit Baum, Mauerwerk und Wasserfall. „Der Zeitdruck ist außergewöhnlich. Das ist das, was dich fertig macht und wo Fehler passieren“, sagt Gabrle. Zudem messe die Jury genau nach, ob alles nach Plan umgesetzt worden sei. „Da geht’s um 4 bis 5 Millimeter. In der Praxis wird nicht so genau gemessen“, sagt Gabrle. Da bekomme man zwar einen Plan, baue diesen aber meist nicht eins-zu-eins nach. „Man muss als Gartengestalter schon ziemlich flexibel sein“, sagt Janisch, „und die Arbeit in der Natur muss man mögen.“

Große Maschinen, große Hoffnung

Die Geräte, die der Land- und Baumaschinentechniker Marcel Heher aus Neusiedl repariert, wären für einen solchen Ziergarten definitiv zu groß: Der Niederösterreicher hatte in seinem Bewerb einen Traktor, einen Ladewagen, eine pneumatische Sähmaschine und vier Radlader vor sich. In jedem dieser sieben Geräte war ein Fehler versteckt, den die EuroSkills-Teilnehmer finden mussten.

„Schlecht war’s nicht, aber wir sehen’s morgen“, sagt Heher, der bereits mehrfach preisgekrönt ist. EuroSkills war aber sein erster internationaler Bewerb. Betreut wird er vom Experten Werner Seltenhammer, Berufsschullehrer und seit zehn Jahren bei Skills Austria. „Die Ausbildung der Jugend liegt mir am Herzen“, sagt Seltenhammer. Viele Eltern würden ihre Kinder lieber in der HTL als in der Lehre sehen, aber „mit einer Lehre stehen einem alle Wege offen. Nach dem Meister kann man auf die Uni.“ Ob man das als Landmaschinenbauer unbedingt will, ist eine andere Frage: Der Beruf steht auf der Liste der Mangelberufe. Unternehmer reißen sich geradezu um ausgelernte Kräfte. 

Glück und Glas …

Nur wenige Meter hinter den Großmaschinen ist Geschick und Genauigkeit gefragt: Nur noch wenige Minuten bleiben Zeit. Glasbautechniker Christoph Greiner aus Mureck setzt die Türen in seinen Glasschrank ein und poliert noch einmal die Scheiben. Dass er vermutlich gut im Rennen liegt, ist auch für Laien zu erkennen. Anders als seine Rivalinnen und Rivalen ist er mit dem Glasschrank fertig geworden, konnte sogar die mehrfarbige Bleiglas-Verzierung auch noch einsetzen. Der Schrank der Konkurrentin nebenan ist sichtlich kleiner ausgefallen. Wer sich da wohl vermessen hat? Die Experten werden das in den nächsten Stunden ganz genau prüfen.

Jetzt aber zählt eine riesige Fangemeinde die letzten Sekunden herunter. „Vier, drei, zwei, eins“ – Jubel und Applaus branden auf, Hupen feiern den erschöpften Teilnehmer. Christoph Greiner lässt den Oberkörper auf den Arbeitstisch fallen, sinkt dann überhaupt ganz in die Horizontale. Ein paar Sekunden lang liegt er ausgestreckt am Boden: Er hat an drei Wettkampftagen alles aus sich herausgeholt. Wird Gold dafür der Lohn sein? In diesem Moment ist das sekundär. Emotion pur. Die Familienmitglieder sind die ersten Gratulanten, ein Bussi für die Frau, noch ein zweites. Und dann, als sich der Trubel beruhigt hat, ist auch die Oma an der Reihe. „Zum Kleinen bin ich sogar die Uroma“, stellt sie klar. „Dass ich das miterleben darf. Ich bin so stolz!“ Und sie weiß auch, worauf sich Christoph nach dem Bewerb besonders freut: „Auf das Essen zuhause, das hat er mir verraten…“