Wie Kinder für Wirtschaft begeistert werden können und warum das schon frühzeitig so wichtig ist, erklärt Karoline Iber, Geschäftsführerin des Kinderbüros Wien.
“Warum ist es wichtig, Kinder frühzeitig mit Themen der Wirtschaft in Berührung zu bringen?“
Karoline Iber:
Es hilft ihnen dabei, das System, in dem wir leben, „greifbar“ zu machen. Wie wir alle sind sie tagtäglich mit „Wirtschaft“ konfrontiert: Sie sehen, dass beim Bankomat Geld herauskommt – aber wie kommt das Geld auf die Karte oder aufs Handy, wenn mit diesem an der Supermarktkassa bezahlt wird? Sie sind von Werbung umgeben. Sie entscheiden bei wirtschaftlichen Entscheidungen in der Familie mit – wirklich! Tatsächlich haben Kinder beispielsweise bei der Wahl des Urlaubsorts oder beim Autokauf vielfach ein gewichtiges Wort mitzureden!
“Wollen Zehn- bis Zwölfjährige bereits brennend wissen, was sie einmal machen werden?“
Sie werden ja auch ständig danach gefragt: Wie heißt du, wie alt bist du, was willst du einmal werden? Das sind doch die Standardfragen, die sie von den Erwachsenen laufend zu hören bekommen – da ist es für sie recht nützlich, schon einmal eine Antwort parat zu haben. Aber abgesehen davon bekommen Kinder mit, dass Beruf und Arbeit wichtige Themen sind. Sie hören, dass man arbeiten und Geld verdienen muss, um sich etwas kaufen zu können, haben aber oft unklare Vorstellungen, was „Beruf“ eigentlich beinhaltet, so nach dem Schema: Mama arbeitet in einem Büro, Papa ist beruflich oft unterwegs. Das alles ist sehr abstrakt – auf verschiedenen Veranstaltungen zum Thema Wirtschaft tragen wir dazu bei, es zu konkretisieren. Die Kinder in dem Alter sind mental noch völlig offen und können sich angeregt, aber unbeeinflusst die Frage stellen: Welcher Beruf würde mir denn Freude machen, und welche Ausbildung bräuchte ich dafür?
"Wie werden Wirtschaftsthemen für Kinder aufbereitet?"
Wir bereiten Themen gemeinsam mit Vortragenden spielerisch auf und entwickeln Narrative für Kinder. Manche Vortragenden sind da Naturtalente, wie der Altrektor Georg Winckler, der das Phänomen der Inflation mithilfe des Märchens vom Goldesel erklärte! Um nur zwei aktuelle Beispiele zu nennen: In einem Workshop für 7- bis 9-Jährige wird anhand des Tapirs Fridolin und seiner Freundin, des Eichhörnchens Lotti, der Frage nachgegangen, was es alles braucht, um ein Unternehmen zu gründen, welche Produkte man in einer gegebenen Situation – hier: im Wald – für welche Tiere anbieten kann, was sie kosten sollen und wie das alles zu finanzieren ist. Im Seminar „Fünf Kokosnüsse für eine Xbox!“ wiederum, das für 10- bis 12-Jährige konzipiert ist, werden die Funktionsweisen von Tausch, Geld und Handel erklärt.
"Veranstaltungen zu wirtschaftlichen Themen wie die Kinderuni erfreuen sich großer Beliebtheit, ist das richtig?“
Die waren heuer wieder ausgebucht! Grundsätzlich ist das Interesse ja auf allen Gebieten, auf denen wir Veranstaltungen anbieten – also Wissenschaft, Medizin, Technik, Boku und Vetmed –, sehr hoch. Aber wir waren dann doch überrascht, wie sehr gerade die Workshops unseres – gemeinsam mit der WKÖ erarbeiteten – Wirtschaftstags nachgefragt wurden. Insbesondere der Workshop zur Ausbildungs- und Berufswahl war ein Renner!
“Wer sind die Vortragenden?“
Das sind in erster Linie Männer und Frauen der Wissenschaft bzw. der Wirtschaft, die über ihre beruflichen Themen erzählen. Daher leben die Veranstaltungen auch sehr stark von der Persönlichkeit der Vortragenden, die in der Regel für das „brennen“, was sie tun. Das allein macht es authentisch und auch für die Kinder spannend. Aber man muss schon aufpassen, dass die auch bei der Sache bleiben: Sie haben Ferien, es ist heiß, sie sind von anderen Kindern umringt, die sie nicht kennen, usw. Sie haben übrigens ein sehr gutes Sensorium dafür, ob der oder die Vortragende sie auch ernst nimmt: Gegenseitiger Respekt ist Voraussetzung!
“Können sich die Kinder bei den Veranstaltungen auch selbst einbringen?“
Ja, sie einzubinden ist uns, getreu dem Motto „Hands on, minds on“, auch ganz wichtig. Dazu haben wir verschiedene „Stationenspiele“ entwickelt, die am Wirtschaftstag zum Einsatz kommen. Beispielsweise werden Lieferketten dadurch veranschaulicht, dass jedes Kind eine bestimmte Rolle bekommt, die dazu passenden Gegenstände wie etwa Getreidekorn, Mehl, Lastwagen, Brot usw. zu finden hat und sich anschließend an der richtigen Stelle in die Kette stellt.