"Das Mindset gegenüber Startups muss sich ändern"

GoStudent-Mitgründer Gregor Müller im MARI€-Interview.


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3 Minuten
JW Summit 2021 Panel Talk i
Anna Rauchenberger

Gregor Müller

Startups werden von der Gesellschaft - aber auch der Wirtschaft - noch immer zu sehr belächelt, kritisiert GoStudent-Mitgründer Gregor Müller.

Spektakulär ins neue Jahr gestartet ist das österreichische EdTech-Scaleup GoStudent: Bei ihrer neuesten Investmentrunde konnten die Wiener 300 Millionen Euro einsammeln, die Bewertung des erst 2016 gegründeten Unternehmens stieg damit auf drei Milliarden Euro. Im Herbst 2021 war Mitgründer Gregor Müller zu Gast beim JW Summit, im Anschluss an seinen Auftritt konnten wir den 28-jährigen GoStudent-COO zum Interview bitten:

"Der diesjährige JW Summit stand unter dem Motto Re:Connect und widmete sich der Frage, wie wir die lessons learned aus der Corona-Pandemie bestmöglich für die Zukunft nützen können. Was nehmt ihr bei GoStudent aus dieser Zeit mit?"


Gregor Müller:
Wir nehmen mit immer auf alles vorbereitet zu sein. Grundsätzlich haben wir gesehen, dass sich sehr viele Dinge sehr schnell ändern können. Wenn man möglichst solide dasteht und eine langfristige Idee mit weitreichendem Impact hat, dann überlebt man solche Dinge auch leichter. Alleine der Bildungsbereich, in dem wir mit GoStudent arbeiten, wenn man da was Gutes anbietet, das den Familien hilft – Corona hin oder her, das wird es brauchen! In welcher Form ist manchmal gar nicht so relevant. Je solider und je weitgreifender das Businessmodell ist, je größer der Impact ist, den man erreichen kann, desto eher überlebt man solche Dinge auch, auch wenn man nicht perfekt vorbereitet ist.

"Durch Corona ist das digitale Lernen fast zwangsläufig in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wie ist das österreichische Bildungssystem aus deiner Sicht mit dieser Herausforderung umgegangen?"

 Ich glaube, dass das sehr unterschiedlich war, von Lehrer zu Lehrer, von Schule zu Schule. Es war sicher keine einfache Zeit mit viel Hin und Her. Je besser der einzelne Lehrer das Thema in die Hand genommen hat, je ernster er das genommen hat und je besser er digital schon auf der Höhe der Zeit war, umso einfacher hat er sich getan. Wir haben mit vielen Lehrer geredet, aber auch mit Eltern und Familien, die haben sich mancherorts schon im Stich gelassen gefühlt. Wo es nicht funktioniert hat, haben sich Eltern den Lehrern, die Lehrer den Schulen und die Schulen der Regierung die Schuld zugeschoben. Im Endeffekt hätte wohl jeder ganz pragmatisch für sich das Beste draus machen sollen oder können. Ich glaube, in manchen Klassen und Schulen war das auch so, in vielen vielleicht auch weniger. Es war sicher eine sehr schwierige Zeit.


"Und was braucht es deiner Meinung nach, damit die Ausbildung in Österreich zukunftsfit gemacht werden kann?"

 Man kann sicher daraus lernen, dass gewisse Digitalisierungsaspekte nützlich sind und man das nicht von vornherein verteufeln muss. Es gibt gewisse Dinge, die in einer Hybridvariante sehr gut funktionieren, es muss nicht immer alles Präsenz sein, es muss aber auch nicht immer alles Online sein. Vielleicht gibt es gewisse Mischvarianten, wo man zum Beispiel in ländlicheren Regionen mit schlechterer Infrastruktur den besten Mathe-Lehrer des Landes per Videokonferenz in die Klassen schalten kann. Das wäre so ein cooler use case. In den ländlichen Regionen Chinas machen sie genau das. Da werden Screens in die Klassen gestellt, es gibt einen Assistenten im Klassenzimmer und der top ausgebildete Lehrer aus der Großstadt wird zugeschaltet. Das kann man sicherlich einmal ausprobieren. 

"Mit GoStudent habt ihr geschafft, wovon viele Startups träumen: den Sprung zum Unicorn. Was muss sich in Österreich ändern, damit es bestehende oder zukünftige Startups leichter haben, in eure Fußstapfen zu treten?"

Das Mindset in der Gesellschaft - aber auch in der Wirtschaft – muss sich ändern, damit Startups und technische Innovationen nicht so belächeln werden. Wir haben das selbst oft gemerkt. ‚Kann man das ernst nehmen, ihr seid ja noch negativ, das machen doch andere auch schon.`- Das gibt es immer wieder Vorbehalte. Das ist in einer Stadt wie Berlin oder London ganz anders. Da sind Startups was Cooles, auch wenn die noch keine Riesenfinanzierungsrunde haben und erst zehn Leute sind. Die Leute wissen, dass da was vorangeht, und genau da braucht es viele success cases. Ich bin stolz, dass GoStudent da zumindest in die Richtung geht und schon was vorzuweisen hat. Es gibt auch andere wie Bitpanda, Refurbed oder Adverity. Je mehr diese Dinge für die breite Bevölkerung greifbar gemacht werden, desto größer ist die Vorbildfunktionen und Eltern denken sich, das ist was Cooles, das sollte meine Tochter oder mein Sohn vielleicht auch machen. Dann wird es auch einfacher, Gelder zu finden, weil die Investoren sehen, da ist etwas im Gange. Natürlich hat man auch selbst gewisse Zweifel, aber wenn die auch noch von außen bekräftigt werden und Salz in die Wunde gestreut wird, dann kann es schon sehr schwierig werden.