Beim Bewerb der Steinmetze bei Euroskills 2021 in Graz war der Oberösterreicher Sebastian Wienerroither als Erster fertig. Ob ihm das auch den ersten Platz bringt, wird man am Sonntag bei der Preisverleihung sehen.
Die anfeuernden Jubelrufe der Fans sind ohrenbetäubend, Staub liegt in der Luft, als der junge Steinmetz Sebastian Wienerroither seinem Werkstück den letzten Schliff gibt. Mit seinen Mitstreitern aus anderen europäischen Ländern, darunter Deutschland und Ungarn, kämpft er um eine Medaille bei Euroskills, der europäischen Berufsmeisterschaft, die heuer in Graz ausgetragen wird. „Ich habe ein gutes Gefühl“, sagt Wienerroither unmittelbar nach dem Ende des Bewerbs. Auf einen Stockerlplatz hoffe er in jedem Fall, auch wenn das Ergebnis erst am Sonntag verkündet wird.
Knappe Zeitvorgabe
„Die größte Herausforderung war die knappe Zeit, dass man da noch die Qualität hält“, berichtet Wienerroither, „aber es ist mir gut gegangen.“ Experte Bernhard Hasenöhrl, Steinmetz und Berufsschullehrer aus Salzburg-Wals, präzisiert: „Normalerweise würde man für ein solches Profilstück für ein Gebäude 36 Stunden kalkulieren. Hier haben die Teilnehmer nur 18 Stunden dafür.“ Die vorgegebene Zeit hat Wienerroither im Bewerb sogar unterboten: Er wurde mit seinem Stück als Erster fertig. So hatte er noch Zeit für Details und Feinheiten, beispielsweise für die Oberflächenbearbeitung.
Ob der Steinmetz morgen für seine Leistung mit Edelmetall belohnt wird, ist für seinen EuroSkills-Mentor Hasenöhrl eigentlich fast zweitrangig. Der wahre Wert liegt woanders: „Es geht in erster Linie ums Zusammenkommen, um die Vernetzung.“ Wienerroither, der die nationalen Meisterschaften im November gewonnen hat, hat sich auch bereits bei der internationalen Berufsmeisterschaft WorldSkills 2019 im russischen Kazan durchgesetzt und damals ex aequo mit seinem französischen Kollegen Silber geholt.
Immer mehr Frauen im Beruf
Für EuroSkills hat sich Wienerroither gut vorbereitet. In Hasenöhrls Salzburger Betrieb hat der junge Steinmetz - anhand von Aufgaben früherer Skills-Bewerbe - geübt, auf sehr wenig Platz in sehr kurzer Zeit Entwürfe umzusetzen. Ein guter Steinmetz müsse künstlerisches Denken, planerische Fähigkeiten und räumliches Vorstellungsvermögen mitbringen, sagt Hasenöhrl, der sich selbst als „Ausbildner mit Leib und Seele“ bezeichnet.
„Rund 700 Steinmetzbetriebe gibt es in Österreich, und pro Jahr rund 100 Lehrlinge, zunehmend auch Frauen“, sagt Hasenöhrl. Nicht zuletzt dank coolen Wegbereiterinnen wie Europameisterin Melanie Seidl: Die heute 32-jährige Steinmetzin hat Österreich bei WorldSkills 2011 in London vertreten und 2012 in Spa-Francorchamps (Belgien) als erste Frau den Titel bei EuroSkills geholt. In Graz ist Seidl als „EuroSkills Hero“, als Botschafterin für den Bewerb, dabei – und nach seinem Trainer die Zweite, die Sebastian Wienerroither gratuliert.
Der Beruf habe jungen Menschen einiges zu bieten, sagt Hasenöhrl: „Man schafft als Steinmetz ein bleibendes Werk – und zwar keineswegs nur Grabsteine.“ Der Beruf sei vielfältiger, als viele denken: „Man fährt auch nach Jahren noch an den Denkmälern und Restaurierungen vorbei, die man gemacht hat.“