Entwaldungsverordnung entschärft: Was jetzt gilt

Regelungen wurden vereinfacht, der Anwendungsbeginn neuerlich verschoben. Was bedeutet das für Österreich?


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Entrepreneur:innen
  • Kleinunternehmer:innen

Lesedauer:

5

Minuten

AutorIn: Rosa Schwalbe

Nahaufnahme Maserung eines Baumstamms i
serdjo13 | stock.adobe.com

Die EU-Entwaldungsverordnung wurde im Sinne der Wirtschaft für Unternehmen und auch für die Landwirtschaft angepasst. Weniger bürokratischer Aufwand, mehr Zeit zur Vorbereitung und keine unnötigen bürokratischen Mehrfachverpflichtungen bei gleichzeitigem Aufrechterhalten des Klimaschutzes 

Es wurden Argumente eingebracht, Bedenken berücksichtigt und Positionen gegeneinander abgewogen. Die gute Nachricht: Am Ende der Verhandlungen zwischen Rat der Europäischen Union und EU-Parlament konnte ein Kompromiss zur europäischen Entwaldungsverordnung (kurz EUDR für "European Deforestation Regulation") erzielt werden.

Mit dem Ergebnis, dass überbordende Bürokratie und Mehraufwand für Österreichs Unternehmen durch die Adaptierungen abgewendet werden konnten. Zudem wurden Erleichterungen für Kleinst- und Primärerzeuger in Ländern wie Österreich mit geringem Risiko für Entwaldung erlassen. Die neue Verordnung ist ein Beispiel dafür, dass Wirtschaft und Ökologie ineinander verzahnt zu Entscheidungen kommen können. "Wir werden auch darauf achten, welche weitere Hilfestellungen für eine klare und einfache Umsetzung bis Mitte 2026 noch vorgelegt werden", betont Jürgen Streitner, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik in der WKÖ.

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Die Schlüsselpunkte der neuen EUDR 

  • Nur mehr sogenannte Erstverkehrseinbringer relevanter Produkte (die Rohstoffe Soja, Kakao, Kaffee, Holz, Rind, Kautschuk und Palmöl und daraus hergestellte relevante Erzeugnisse) müssen die Sorgfaltspflichten erfüllen und im EU-Informationssystem ihre Sorgfaltserklärung hochladen.
  • Nur der erste nachgelagerte Marktteilnehmer oder Händler, der relevante Produkte verarbeitet oder handelt, muss die bestätigende Referenznummer aus dem EU-Informationssystem vom Erstinverkehrbringer erhalten und aufbewahren.
  • Unternehmen haben weitere 12 Monate Zeit, um ihre mit der EUDR-Meldepflicht verbundenen Prozesse anzupassen. Kleinst- und Kleinunternehmen (inkl. Primärerzeuger), die Erstinverkehrbringer sind, haben eine noch längere Frist bis zum 30.6.2027.
  • Von der EUDR ausgenommen sind nun auch Print-Produkte aus Papier wie Bücher, Zeitungen oder Drucksorten. 

Kurzer Rückblick 

Der Wald ist für das Ökosystem des Planeten entscheidend. Zwischen 1990 und 2020 wurden 420 Millionen Hektar, eine Fläche so groß wie die EU, abgeholzt. Die Europäische Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, dieser Entwicklung entgegenzuwirken und hat 2023 die EUDR beschlossen. Demnach dürfen in der EU nur Waren importiert und verkauft werden, die "entwaldungsfrei" sind. Das betrifft vor allem Ölpalmen, Soja, Holz, Kakao, Kaffee, Rinder oder Kautschuk – sie müssen nach der EUDR einen Nachweis bringen, auf nicht entwaldeten Gebieten legal produziert worden zu sein. 

Optimierte Version 

In ihrer ursprünglichen Fassung galt diese Nachweispflicht aber auch für all jene Unternehmen, die oben genannte Produkte weiterverarbeiten oder handeln. Solche in der Lieferkette nachgelagerten Unternehmen hätten in dieser Logik auch für Vorlieferanten verantwortlich gemacht werden können- mit denen sie in gar keine direkten Geschäftsbeziehung stehen. Hier entsprechende Nachweise zu erbringen, wäre "eine unfassbare Bürokratie", argumentiert Streitner. Diese umfassende Dokumentationspflicht auch für verarbeitende Betriebe wurde in der überarbeiteten Verordnung entsprechend aufgehoben. Nur mehr der Erstinverkehrbringer eines relevanten Produktes muss die Sorgfaltspflicht erfüllen und in die EUDR-Datenbank ein melden, etwa der Importeur von Soja oder Kaffee. Nur das erste nachgelagerte Unternehmen erhält von seinem Lieferanten die Referenznummer und muss diese 5 Jahre aufbewahren.  

Wald wächst in Europa 

Zweiter Knackpunkt und Schwierigkeit für die Akzeptanz der Entwaldungsverordnung ist die unterschiedliche Betroffenheit von Abholzung auf der Welt. Während in manchen Teilen der Welt Wälder im großen Stil abgeholzt werden um in landwirtschaftliche Flächen umgewandelt zu werden, ist das in Österreich nicht der Fall, im Gegenteil. "Wir wirtschaften nachhaltig und verlieren in Österreich jährlich landwirtschaftliche Nutzflächen durch Verbuschung und Verwaldung", stellt Nikolaus Berlakovich, Präsident der burgenländischen Landwirtschaftskammer, klar. Zusammen mit der WKÖ hatte er am 20. November zu einer Podiumsveranstaltung in Brüssel geladen, um seinen Bedenken Ausdruck zu verleihen. 

Kunst des Kompromisses 

Es wurde ein Kompromiss gefunden: Schon im Mai 2025 hat die EU den unterschiedlichen Voraussetzungen der Weltregionen Rechnung getragen und ein Benchmarkingsystem veröffentlicht, welches die Mitgliedstaaten in geringes, normales und hohes Risikogebiet für Entwaldung einteilt. Dabei hielt man sich an die Definition von Wald nach der Food and Agricultural Organisation der UN, kurz FAO. Österreich und alle EU-Mitgliedstaaten wurden mit einem geringen Risiko eingestuft und müssen keine Sorgfaltsdokumentation, sondern nur die Informationsanforderungen erfüllen.

Konkret heißt das: landwirtschaftliche Betriebe in diesen Ländern müssen mit einer Nummer registriert sein – mehr nicht. "Dies ist eine starke Vereinfachung für unsere kleinen Waldbauern und Anreiz für Handelspartner, ihre nationale Gesetzgebung zu verbessern, so dass sie zu den Niedrigrisikoländern zählen", erläutert die deutsche EU-Abgeordnete Christine Schneider. Als Hochrisikogebiete gelten Belarus, Myanmar, Nordkorea und Russland. 

Holz und Papier 

Es bedeutet auch, dass die bürokratischen Auflagen für die holz- und folglich papierverarbeitende Industrie in Europa wesentlich reduziert worden sind. Aber auch Bäcker, die Kakao und Schokolade verarbeiten brauchen keine Sorge zu Nachweispflichten innerhalb ihrer Lieferkette mehr zu haben. Auf diese Weise kann die Europäische Union weiterhin einen Beitrag gegen die Entwaldung, für Klimaschutz und Biodiversität leisten, behält dabei aber auch die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen im Auge. "Die Entwaldungsverordnung sollte verständlich und praktikabel für Landwirte sein und muss einen Nutzen bringen", betont Berlakovich. 

Work in progress 

Waldverlust zu verhindern, wird allerdings global auch weiterhin eine wichtige Säule für die Klimapolitik rund um den Globus bleiben. Wenn Regenwälder abgeholzt werden, hat das nicht nur lokal Folgen, sondern beeinträchtigt auf lange Sicht das Leben aller Menschen auf dem Planeten. In der neuen EUDR anerkennt die Kommission aber auch, dass für die Umstrukturierung von Geschäftsprozessen und die Dokumentation in digitalen Systemen mehr Zeit erforderlich sein wird. 

Fristen verschoben 

Deshalb gibt sie Unternehmen mehr Zeit, sich bis zum Anwendungsbeginn der Verordnung Ende 2026 bzw. Mitte 2027 auch digital rüsten zu können. Maßnahmen gegen die globale Entwaldung bleiben weiter auf der Agenda, die Bedenken von Wirtschaft und Landwirten wurden gehört. "Aber nur durch diese minimale Kontrolle der Lieferketten kann es gelingen die Haupttreiber der illegalen Entwaldung vom europäischen Markt zu verbannen, deshalb halte ich die EUDR für einen gelungen Kompromiss", sagt die EU-Abgeordnete Schneider.

Und last but not least: Produkte aus Papier wie Zeitungen, Bücher und Drucksorten aller Art werden nun von den EUDR-Regulierungen ausgenommen. 

Das Wichtigste in Kürze 

  • Maßnahmen gegen die Entwaldung sind ein wichtiger Pfeiler in der globalen Klimapolitik, die von der EU in Form der Entwaldungsverordnung (EUDR) vorangetrieben werden.
  • Zur Umsetzung der EUDR waren Dokumentations- und Sorgfaltspflichten vorgesehen, die für Unternehmen einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich gebracht hätten
  • Ende des Jahres 2026 wird die Verordnung in Anwendung treten, in der Nachweispflichten auf den Erst-Importeur von kritischen Waren beschränkt ist.
  • Deren Referenznummer müssen nachgelagerte verarbeitende Unternehmen kennen und bereitstellen können.
  • Zur Optimierung ihrer Prozesse bekommen Unternehmen 12 bzw. 18 Monate mehr Zeit.
  • Auch für Waldbesitzer und die holzverarbeitenden Industrien haben sich Erleichterungen ergeben, da die gesamte EU als Gebiet mit geringem Entwaldungsrisiko eingestuft wurde.