Die chinesischen Wirtschaftsaussichten trüben sich ein. Diese Schwäche birgt Chancen für Europa und Österreich – aber auch Risiken.
Jahrelang galt das Wirtschaftswachstum von China als unaufhaltsam. Doch nun sieht sich die von Präsident Xi Jinping geführte Regierung in Peking mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Durch strikte Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie, wie extrem harten Lockdowns, hat sich das Land wirtschaftlich entkoppelt. Die Konjunktur flaut ab, die Arbeitslosigkeit vor allem der jungen Bevölkerung steigt.
Gründe für Chinas Wirtschaftsprobleme
Im Februar 2023 hat die Staatsführung in China die Corona-Pandemie für besiegt erklärt. Bis heute leidet die chinesische Wirtschaft allerdings unter den seit Pandemiezeiten anhaltenden Unsicherheiten im Geschäftsalltag. Gemeinsam mit der generell angespannten globalen Wirtschaftslage sorgten diese dafür, dass China sich für 2023 ein Wachstumsziel von moderaten 5 % gesetzt hat.
Das sind jedoch nicht die einzigen Probleme. Zusätzlich machen schwer verschuldete Immobilienentwickler Chinas Wirtschaft gleich auf mehreren Ebenen zu schaffen:
- Nervosität in der Finanzbranche,
- beginnende Deflation sowie ein
- Rekordhoch an Jugendarbeitslosigkeit im Land.
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Jetzt zum Newsletter anmelden!4 Auswirkungen von Chinas Wirtschaftskrise auf Europa und Österreich
Die Probleme von Chinas Volkswirtschaft und das dadurch verursachte abgeschwächte Wirtschaftswachstum beeinflusst auch das Geschehen in Europa, und damit auch in Österreich. Michael Berger, der WKÖ-Wirtschaftsdelegierte in Peking, rechnet mit 4 Auswirkungen:
Auswirkung #1: Vertrauen in Chinas Wirtschaft im In- und Ausland gedämpft
Das Vertrauen der privaten Haushalte und Unternehmen im Land scheint angeschlagen zu sein. Erste Reaktionen in Form von Zinssenkungen haben wenig bewirkt, die Kreditvergaben gingen in den vergangenen Wochen stark zurück.
Die unklare wirtschaftliche Lage Chinas wird sich weiterhin negativ auf Investitionen aus dem Ausland auswirken.
Die schwierige Einschätzung des Ausmaßes der Krise trägt zur Unsicherheit bei. Das liegt unter anderem an der intransparenten statistischen Datenlage sowie mangelnder öffentlicher Kommunikation. So werden mittlerweile keine Informationen mehr zur Jugendarbeitslosigkeit im Land veröffentlicht. Die unklare wirtschaftliche Lage Chinas wird sich weiterhin negativ auf Investitionen aus dem Ausland auswirken.
Auswirkung #2: Rückgang im Außenhandel und spürbare Investitionszurückhaltung
Mit einem Importanteil von 7,5 % (6,64 Mrd. Euro) und einem Exportanteil von 2,4 % (2,04 Mrd. Euro) befand sich die Volksrepublik China in der Berichtsperiode Jänner bis Mai 2023 – wie auch in den Vorjahren – unter den wichtigsten Handelspartnern Österreichs. Im Import nimmt China den zweiten Rang nach Deutschland ein, im Export findet sich das Land an elfter Stelle.
Aus Sicht der österreichischen Wirtschaft waren in den ersten 5 Monaten 2023 sowohl die Importe aus sowie die Exporte nach China rückläufig:
- Im Import kam es mit -2,5 % im Vergleich zur Vorjahresperiode 2022 zu einer leichten Abnahme.
- Die Exporte zeigten ebenfalls einen Rückgang von über 9,0 %.
Dadurch entstand das bei weitem höchste Handelsbilanzdefizit mit einem Handelspartner (-4,60 Mrd. Euro). Dieser Trend dürfte sich trotz der aktuellen Entwicklungen fortsetzen.
Die Zurückhaltung bei den Investitionen ist sowohl direkt, mit sinkender Nachfrage aus dem Bausektor, als auch indirekt, in Form von aufgeschobenen Neuanschaffungen chinesischer Kunden, zu beobachten. Ein Konsum- und Investitionseinbruch in China hätte spürbare Auswirkungen für die europäische Wirtschaft. Betroffen wären nicht nur europäische Exportunternehmen, sondern auch vor Ort produzierende Niederlassungen, die mit steigender heimischer Konkurrenz konfrontiert sind.
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China in der Krise: Unternehmen setzen auf Vietnam | LOOKAUT
Auswirkung #3: Inflationsdämpfung als möglicher Vorteil für Europa
Die Preisentwicklung in China hängt stark mit jener in Europa zusammen. Ein genereller Nachfragerückgang aus China, vor allem am globalen Rohstoffmarkt, könnte also durchaus ein gutes Zeichen hinsichtlich Europas Inflationsdruck sein. Die Krise in Chinas Bausektor dämpft die Nachfrage an den globalen Energie- und Rohstoffmärkten und entlastet somit Engpässe für europäische Unternehmen. Das birgt auch Geschäftschancen für heimische Firmen.
Auswirkung #4: Globale Wachstumsprognosen sinken
Expert:innen schätzen die Gefahr, dass die aktuelle Krise auf Europas Finanz- und Immobiliensektor überschwappt, derzeit eher gering ein. Das Problem für die Weltwirtschaft scheint allerdings woanders zu liegen: nämlich in Chinas Anteil an der globalen Wachstumsdynamik.
Für dieses Jahr prognostizierte der internationale Währungsfonds Chinas Anteil am globalen Wachstum mit knapp 35 %. Folglich stehen eventuelle Anpassungen globaler Wachstumsprognosen in starkem direktem Zusammenhang mit dem Ausmaß der aktuellen chinesischen Wirtschaftslage.
Das Wichtigste in Kürze:
- Nach Jahren mit starkem Wachstum sieht sich Chinas politische Führung aktuell mit wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert.
- Schwer verschuldete Immobilienentwickler sorgen für Nervosität in der Finanzbranche, eine startende Deflation sowie ein Allzeithoch an Jugendarbeitslosigkeit im Land.
- Deshalb sinkt das Vertrauen in Chinas Wirtschaft im In- und Ausland.
- Sowohl Importe als auch Exporte sind rückläufig.
- Der chinesische Nachfragerückgang könnte helfen, die Inflation in Europa zu dämpfen.
- Allerdings drohen die wirtschaftlichen Probleme Chinas auch die globalen Wachstumsprognosen zu senken.