Der Arbeitskräftemangel ist schon jetzt massiv spürbar. Eine generelle Arbeitszeitverkürzung würde in dieser Situation schwerwiegende Folgen haben. Welche? Das erfährst du hier.
Von 33,9 auf 29,1 – so stark ist die Zahl der durchschnittlich geleisteten Wochenarbeitsstunden in Österreich seit 2004 gesunken. Gründe dafür: Die Teilzeitquote ist in den letzten Jahren gestiegen, die Zahl der Überstunden gesunken.
Darüber hinaus zeigt die untenstehende Grafik, dass es seit der Pandemie zu einer Arbeitszeitverkürzung gekommen ist, obwohl die Zahl der Beschäftigten inzwischen höher ausgewiesen wird als davor.
Ein Grund für die Mangellage ist, dass die durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden immer noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau liegen. Im 1. Quartal 2023 arbeiteten Erwerbstätige in Österreich im Durchschnitt um 5% weniger als im 4. Quartal 2019, das ist über eine Stunde pro Woche und Erwerbstätigem weniger.
Trotzdem werden hierzulande die Rufe nach einer generellen Arbeitszeitverkürzung immer lauter.
Im Gegensatz zu individuellen Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer:innen und Arbeitergeber:innen hätte eine gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeitverkürzung jedoch drastische Folgen. Welche 4 Auswirkungen das sind, zeigen wir dir hier:
Auswirkung #1: Arbeitskräftemangel verschärft sich
Schon heute sind österreichweit mehr als 200.000 Stellen unbesetzt – Tendenz ohne Gegenmaßnahmen stark steigend. Das macht sich bereits jetzt vielerorts bemerkbar, allem voran in der medizinischen Versorgung, dem Bildungswesen, der Kinderbetreuung und im öffentlichen Verkehr. Durch eine generelle Arbeitszeitverkürzung würden für die gleiche Arbeit mehr Personen benötigt, was den Arbeitskräftemangel weiter befeuern würde.
Auswirkung #2: Wachstum und Wohlstand leiden
Eine jüngst von der AK präsentierte WIFO-Studie kommt zum Ergebnis, dass das BIP um 4 Milliarden Euro pro Jahr geringer ausfallen würde, wenn die Arbeitnehmer:innen die Arbeitszeit nach ihren Wünschen (im Schnitt um 3,5 %) reduzieren. Eine EcoAustria-Studie kommt zu noch dramatischeren Erkenntnissen. Demnach würde eine Reduktion auf 32 Stunden bei Lohnausgleich das BIP um 8,9 % verringern, also um über 40 Milliarden Euro.
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Jetzt zum Newsletter anmelden!Auswirkung #3: Aktuelle Standards könnten sich verschlechtern
Mit einer weiteren Reduktion der Arbeitszeit könnten sich die Standards im österreichischen Sozialsystem verschlechtern. Das zumindest befürchtet einer aktuellen market-Studie zufolge der Großteil der heimischen Bevölkerung. So erwarten 69 % eine Verschlechterung im Bereich der Altenbetreuung, 68 % bei den Krankenhäusern, 65 % bei den niedergelassenen Ärzten und 61 % befürchten Abstriche bei der ohnehin schon verbesserungswürdigen Kinderbetreuung.
Auswirkung #4: Für die Mehrheit inakzeptable Folgen
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich, die jetzigen Standards aufrechterhalten zu können. Eine weitere Verschlechterung würde sie in vielen Bereichen als inakzeptabel empfinden. So sagen 84 %, eine Arbeitszeitverkürzung sei inakzeptabel, wenn sich dadurch die Wartezeiten auf einen OP-Termin im Krankenhaus verlängern, für 81 %, wenn dadurch die Inflationsrate steigt oder die Finanzierung des Sozialsystems gefährdet ist und 75 %, wenn dadurch Kinderbetreuungszeiten reduziert werden.
Diskussion geht an der Realität vorbei
Eine Kernerkenntnis der Umfrage ist zudem: Fast die Hälfte ist bereit, mehr zu arbeiten. Bei aktuell 3,92 Millionen unselbständig Erwerbstätigen entspricht das fast 2 Millionen Personen. Dafür fehlen aber schlicht (noch) die Anreize.
8 Mythen – 8 Fakten: Arbeitszeitverkürzung in Österreich
Ist weniger tatsächlich mehr? Der große MARI€-Check zur Arbeitszeitverkürzung.
Zum ArtikelDie Zahl der möglichen Maßnahmen ist groß: Neben einer Attraktivierung des Arbeitens in der Pension etwa die steuerliche Begünstigung von Überstunden. Auch Kinderbetreuung ist ein essenzieller Faktor, wenn es darum geht, arbeitende Menschen zu unterstützen. Zusätzlich braucht es mehr Anreize für die Aufnahme einer Beschäftigung bzw. einen Schwerpunkt auf Aus- und Weiterbildung, insbesondere auf die Lehre. Auch das aktive Anwerben internationaler Fachkräfte spielt hierbei eine wichtige Rolle.
Das Wichtigste in Kürze:
- Wir arbeiten heute im Durchschnitt um fast 5 Stunden weniger als noch im Jahr 2004.
- Auch ohne generelle Arbeitszeitverkürzung gibt es bereits einen massiven Arbeitskräftemangel.
- Eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung wirkt sich negativ auf die öffentliche Versorgung und unser Gesundheitssystem aus.
- Eine Arbeitszeitverkürzung hätte dramatische Folgen auf Wohlstand und Wachstum und würde bis zu 40 Milliarden Euro BIP-Verlust bedeuten.
- Fast die Hälfte der unselbständig Erwerbstätigen in Österreich wären bereit, mehr zu arbeiten – es fehlen aber Anreize wie steuerliche Begünstigungen.