8 Mythen – 8 Fakten: Arbeitszeit­verkürzung in Österreich

Ist weniger tatsächlich mehr? Der große MARI€-Check zur Arbeitszeitverkürzung.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Wissenshungrige
  • Wirtschaftseinsteiger:innen

Lesedauer:

3 Minuten

AutorIn: Jürgen Zacharias

Illustration, die 4 Personen und eine Uhr zeigt i
Nuthawut | stock.adobe.com

Eine Arbeitszeitverkürzung ist in Österreich in aller Munde – auch, weil damit angeblich viele Vorteile verbunden sind. Unser Check zeigt: Gleich 8 populäre Mythen um die Arbeitszeitverkürzung lassen sich mit Fakten klar widerlegen.

Eine Arbeitszeitverkürzung mag im Einzelfall funktionieren, doch keineswegs für alle. Dass eine generelle Arbeitszeitverkürzung als Patentrezept wirkt – und zwar gegen den Arbeitskräftemangel genauso wie gegen Arbeitslosigkeit, gegen Arbeitsbelastung genauso wie für Produktivität –, beruht auf einer Reihe von Irrtümern. Hier klären wir 8 Mythen zur Arbeitszeitverkürzung in Österreich auf:  

Mythos 1: Arbeitszeitverkürzung hilft gegen Arbeitskräftemangel

In der öffentlichen Debatte wird die Arbeitszeitverkürzung oft als Argument gegen den Arbeitskräftemangel angeführt.

Fakt ist: Schon jetzt fehlen Arbeitskräfte, die Demografie verstärkt den Bedarf. Eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung würde den Mangel nur weiter anheizen.

Mythos 2: Arbeitszeitverkürzung reduziert Arbeitslosigkeit

Wird kürzer gearbeitet, braucht es mehr Köpfe, um unter dem Strich auf dieselbe Arbeitsleistung zu kommen – die Milchmädchenrechnung geht allerdings nicht auf.

Faktum ist: Laut Studien würde allenfalls eine Arbeitszeitverkürzung mit Lohnkürzung die Arbeitslosigkeit senken. Zudem ging beispielsweise in Frankreich die Arbeitslosigkeit nach der Verkürzung der Arbeitszeit nicht zurück, sie stieg sogar.

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Mythos 3: Arbeitszeitverkürzung reduziert das BIP nur minimal

Laut einer kürzlich von der AK präsentierten WIFO-Studie, sind die Auswirkungen von Arbeitszeitverkürzungen auf das BIP überschaubar – prozentuell gerechnet.

Fakt ist: Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO hat berechnet, dass selbst eine geringe Arbeitszeitverkürzung im Jahr 4 Milliarden Euro kosten, die Reallöhne reduzieren und die Inflation noch weiter anheizen würde. Im Extremfall wären die Kosten mit mehr als 20 Milliarden Euro sogar noch höher. 

Mythos 4: Arbeitszeitverkürzung führt zu mehr Produktivität

Unternehmen verkraften den Lohnausgleich im Falle einer Arbeitszeitverkürzung, die Produktivität würde dadurch steigen.

Fakt ist: Österreicher:innen arbeiten im EU-Vergleich schon jetzt weniger und gehen früher in Pension. Eine Arbeitszeitverkürzung bei gleichem Lohn würde den Faktor Arbeit weiter verteuern und Unternehmen zwingen, Personal einzusparen. 

Mythos 5: Arbeitszeitverkürzung hat bereits funktioniert

In den 1960er- und 1970er-Jahren sorgte das hohe Wirtschaftswachstum hierzulande für eine Reduktion der Arbeitszeiten. Warum sollte heute keine weitere Reduktion möglich sein?

Fakt ist: Damals war der globale Wettbewerb weniger intensiv, die Produktivität und die Zahl der Erwerbspersonen stieg stärker. Arbeitszeitverkürzungen sind heute deutlich schwieriger realisierbar. In den vergangenen 30 Jahren hat daher nur Frankreich den Schritt gewagt – mit schlechten Erfahrungen. 

Mythos 6: Die Arbeitsbelastung erfordert eine Arbeitszeitreduktion

Behauptet wird, Österreich:innen arbeiten im EU-Vergleich lange, es brauche daher mit Blick auf mehr Entlastung eine Arbeitszeitverkürzung.

Fakt ist: Bei der tatsächlichen Arbeitszeit liegt Österreich laut Eurostat im EU-Mittelfeld. Und beim Job Quality Index sogar an 7. Stelle von 36. Der Anteil der stark belasteten Jobs ist geringer als in den meisten Ländern. Eine Arbeitszeitverkürzung würde aber den Druck erhöhen, in weniger Arbeitszeit dasselbe zu leisten.

Mythos 7: Menschen wollen alle dasselbe

Bei den Forderungen nach einer Verkürzung der Arbeitszeit wird davon ausgegangen, dass alle Menschen diese Forderung unterstützen.

Fakt ist: Umfragen zeigen, dass rund 80 Prozent der Arbeitnehmer:innen zufrieden mit ihrer Arbeitszeit sind. Zwar zeigen Umfragen auch, dass manche Vollzeitbeschäftigte weniger arbeiten wollen, realisiert werden diese Wünsche aber meist nicht, weil weniger Arbeit auch weniger Lohn bedeutet. 

Mythos 8: Von einer Arbeitszeitverkürzung profitieren die Arbeitnehmer:innen

Weniger Arbeitszeit bei gleichem Lohn – das klingt doch zu gut, um wahr zu sein.

Fakt ist: Eine generelle Arbeitszeitverkürzung würde zu Einkommenseinbußen der Arbeitnehmer:innen führen, Unternehmen und Volkswirtschaft massiv schwächen. Die Folgen: Abstriche bei Pensionen & Sozialstaat, höhere Steuern und keine Reserven für Zukunftsinvestitionen in Innovation, Klimaschutz und Kinder.

Das Wichtigste in Kürze:

  • In der Diskussion um eine Arbeitszeitverkürzung ist meist nur von den vielen damit verbundenen Vorteilen die Rede.
  • Tatsächlich halten aber viele der genannten Argumente einem Faktencheck nicht stand.
  • Im Gegenteil: Eine Arbeitszeitverkürzung brächte sogar viele Nachteile mit sich.
  • Beispielsweise würde dadurch der Arbeitskräftemangel befeuert und der Druck steigen, in weniger Zeit dasselbe zu leisten wie jetzt.
  • Zudem wäre dafür mit Kosten von bis zu 20 Milliarden Euro zu rechnen.