Arbeitszeit in Österreich schon jetzt unter EU-Schnitt

Warum eine Verkürzung der Arbeitszeit das Fundament unseres Wohlstands schwächen würde.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Zahlenjongleur:innen
  • Wirtschaftseinsteiger:innen

Lesedauer:

2 Minuten

KolumnistIn: Rolf Gleißner

Ein Computerarbeitsplatz mit 2 Monitoren in einem leeren Büro i
gregs0n | stock.adobe.com

In der Diskussion um eine Verkürzung der Arbeitszeit in Österreich werden häufig die langen Arbeitszeiten von Vollzeitbeschäftigten kritisiert. Tatsächlich liegt Österreich schon unter dem EU-Schnitt, analysiert Sozialpolitik-Experte Rolf Gleißner.

Die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung in Österreich wird häufig damit begründet, dass die Menschen in Österreich besonders lange arbeiten. Zur Unterstützung dieser These wird selektiv ein Wert herausgepickt – die normale Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten.

Spitzenwert an Urlaubs- und Feiertagen

Und tatsächlich: Hier liegen wir laut Eurostat mit 40,7 Stunden pro Woche über dem EU-Schnitt von 39,7 Stunden. Nur: Der Wert blendet die 37 Urlaubs- und Feiertage heimischer Beschäftigter aus – ein Spitzenwert innerhalb der EU. Dabei zählen Heiligabend und Silvester hierzulande gar nicht als Feiertage, sondern sind oft aufgrund kollektivvertraglicher Regelungen oder betrieblicher Übung frei.

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Bei tatsächlicher Arbeitszeit unter EU-Schnitt ...

Bei den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden werden die Urlaubs- und Feiertage hingegen bei der Arbeitszeit berücksichtigt. Und hier liegt Österreich mit 37,6 Stunden pro Woche sogar unter dem EU-Schnitt von 38,3 Stunden.

... und die Arbeitszeit sinkt rasant

Zudem berücksichtigen die obigen Werte nur Vollzeitbeschäftigte. Schließt man auch Teilzeitbeschäftigte ein, arbeiten die Arbeitnehmer:innen in Österreich im Schnitt sogar nur 32,7 Stunden und damit deutlich weniger als die Menschen in der EU mit 35,2 Stunden.

Bedenkliche Entwicklung

Dabei ist die heimische Entwicklung bedenklich, weil nicht nachhaltig: Während die durchschnittliche Arbeitszeit in der EU seit 2010 um 0,9 Stunden zurückging, in Deutschland sogar nur um 0,8 Stunden, arbeiten die Österreicher im Schnitt heute um 2,7 Stunden kürzer als 2010 – weil der Teilzeitanteil stieg, gleichzeitig Überstunden wegfielen.

Wünsche nach Mehrarbeit scheitern in der Regel nicht an den Unternehmen, sondern an der Unvereinbarkeit mit anderen Aktivitäten, etwa Pflege und Kinderbetreuung.

Rolf Gleißner, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik in der WKÖ

Mehrarbeit scheitert an Unvereinbarkeit

Zum Vorwurf, Teilzeit sei vielfach unfreiwillig: Laut Eurostat geben nur 7,9 % der in Teilzeit arbeitenden Menschen in Österreich an, unfreiwillig Teilzeit zu arbeiten (Frauen sogar nur 6,9 %), in der EU sind es immerhin 20,8 %. Und Wünsche nach Mehrarbeit scheitern in der Regel nicht an den Unternehmen, sondern an der Unvereinbarkeit mit anderen Aktivitäten, etwa Pflege und Kinderbetreuung.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Menschen in Österreich sind fleißig, aber sie arbeiten nicht länger als die anderen EU-Bürger, sondern ganz im Gegenteil immer kürzer.
  • Die Zahl der Menschen im Erwerbsalter schrumpft.
  • Wenn diese auch noch kürzer arbeiten, wird das Arbeitsvolumen und damit das Fundament für Wohlstand und Sozialstaat zusätzlich geschwächt.
  • Anstelle einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung braucht es deswegen Anreize für mehr Beschäftigung und Mehrarbeit.