Glücklich in der Selbstständigkeit

Eine Studie zeigt, welche 6 Aspekte österreichische Unternehmer:innen glücklich machen.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Wirtschaftseinsteiger:innen
  • Gründer:innen

Lesedauer:

Minuten

AutorIn: Stephanie Dirnbacher-Krug

Unterschiedliche Typen von Unternehmer:innen i
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Für ein geglücktes Unternehmerleben braucht es mehr als finanziellen Erfolg. Eine neue Studie erforscht die persönlichen Glücksquellen und gibt Tipps, wie Selbstständige ihre Zufriedenheit steigern können.

Glaubt man der Arbeitsmarktstatistik 2023, dann leben in Österreich 11 % aller Erwerbstätigen den sogenannten Traum der Selbstständigkeit. Selbstverwirklichung, Sinnerfüllung und Selbstbestimmung werden oft als Argumente für die Gründung einer eigenen Firma angeführt. Doch was macht Unternehmer:innen tatsächlich glücklich? Welche Faktoren beeinträchtigen das Unternehmer:innenglück? Und wie kann die Zufriedenheit von selbstständig Erwerbstätigen gesteigert werden?

Die Forscherin Marisa Mühlböck hat sich diesen Fragen in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Österreich aus einer ganzheitlichen Perspektive gewidmet und ist den intrinsischen Glücksquellen österreichischer Unternehmer:innen auf den Grund gegangen. Dazu hat sie 30 selbstständig Erwerbstätige – von EPU bis zu Unternehmer:innen mit 4.000 Arbeitnehmer:innen unter sich – befragt. Das Ergebnis: Unternehmerglück ist Typsache. Je nach Persönlichkeit gibt es einen bestimmten Aspekt, der für das individuelle Glücksempfinden besonders wichtig ist. 


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6 Aspekte des Unternehmerglücks

Insgesamt hat die Studie sechs Aspekte herausgearbeitet, die das Gefühl, ein gelungenes Unternehmerleben zu führen – je nach Typ unterschiedlich stark – beeinflussen. Dabei hängt der Typ auch von der jeweiligen Lebensphase und dem Stadium ab, in dem sich das Unternehmen gerade befindet, und kann sich im Laufe der Zeit verändern. So spielt zum Beispiel die Sinnerfüllung gerade in der Phase der Gründung eines Unternehmens beziehungsweise bei Jungunternehmer:innen eine große Rolle, wohingegen der Wunsch, mit sich und seiner selbstständigen Tätigkeit im Reinen zu sein, oft erst bei etablierten Unternehmen beziehungsweise in späteren Phasen an Bedeutung gewinnt.

Typ #1: Sucht Selbstverwirklichung und persönliches Wachstum

Viele Selbstständige schöpfen ihr Glück daraus, sich mit ihrer Geschäftsidee selbst zu verwirklichen. Sie haben eine echte Freude an dem, was sie tun und schätzen die Möglichkeiten, in der Selbstständigkeit ihr Potenzial voll ausschöpfen, ihre Kreativität ausleben und persönlich wachsen zu können. Die Geschäftsidee wird als Lebensaufgabe gesehen, die unabhängig von finanziellen Zielen verfolgt wird. Auch Abwechslung und Spannung im Unternehmen werden als positive Triebfedern genannt. Vor allem bei der Gründung eines Unternehmens spielt der Aspekt der Selbstverwirklichung oft eine zentrale Rolle.

Die Glücksquelle kann aber auch schnell versiegen, wenn sich selbstausbeuterische Tendenzen entwickeln, die sich in weiterer Folge auf die Gesundheit der Unternehmer:innen schlagen können. Deshalb ist es gerade für selbstständig Erwerbstätige wichtig, solchen Tendenzen rechtzeitig Einhalt zu gebieten und besonders achtsam in Bezug auf ihre Gesundheit zu sein. Als externe Bedrohung des Glücks durch Selbstverwirklichung führt die Studie unter anderem finanzielle Einschränkungen an, wie etwa Schwierigkeiten bei der Finanzierung, die vor allem bei Gründer:innen und Jungunternehmer:innen ein Thema sind.

Typ #2: Sucht Sinnerfüllung

Ein weiterer Aspekt des Unternehmer:innenglücks ist die Sinnerfüllung, die häufig bei Jungunternehmer:innen eine starke Motivation darstellt. Hier geht es darum, mit dem eigenen Unternehmen Wirkung zu erzielen, sinnstiftende Projekte umzusetzen oder Vorteile für Kund:innen und Arbeitnehmer:innen zu schaffen. Menschen, die ihr Glück und ihre Zufriedenheit überwiegend aus der Sinnerfüllung ziehen, verstehen ihr Unternehmen gerne als eine Art Mission. Die Studie zeigt, dass es mental sehr belastend sein kann, wenn die Umsetzung ihrer Ideen scheitert oder deren Verwirklichung von außen beschränkt wird – sprich, wenn die Sinnerfüllung eben nicht passiert.

Typ #3: Sucht Exzellenz und Meisterschaft

Exzellente Leistung zu erbringen, alle Anforderungen gut zu meistern und den Erfolg daraus unmittelbar zu erfahren sind ebenfalls Faktoren, die das Glück österreichischer Unternehmer:innen wesentlich beeinflussen. Dazu zählen erfolgreiche Geschäftsabschlüsse, Markteinführungen sowie direktes positives Feedback von Kund:innen und Geschäftspartner:innen. Menschen, denen Exzellenz und Meisterschaft in ihrem Job sehr wichtig sind, ziehen viel Energie aus der externen Wertschätzung. Perfektionismus und das Überschreiten der eigenen Grenzen können sich hierbei als gefährlich erweisen und das Unternehmerglück bedrohen. Die Studienautorin empfiehlt Unternehmer:innen des Exzellenztyps daher, ihre Selbstakzeptanz zu stärken und daraus Motivation zu ziehen. 

Was braucht es für mehr Unternehmer:innenglück?

Die Bestimmung des eigenen Typs – meist handelt es sich dabei um einen Misch-Typus – ist der erste von mehreren Schritten, mit denen Unternehmer:innen ihr Glück, das sie in ihrem Job erfahren, erhöhen können. Dadurch wird klar, wo Potenziale liegen und welche Stellschrauben es gibt: Der Selbstakzeptanztyp braucht Zeit und Ruhe, um zu reflektieren. Der Exzellenztyp erfreut sich an unmittelbarem Feedback. Ein ausgewiesener Beziehungstyp sollte seinen Fokus auf die Beziehungen legen, die seinen unternehmerischen Alltag prägen.

Neben dem Ausbau von individuellen Fähigkeiten und inneren Ressourcen, insbesondere der Selbstakzeptanz, braucht es aber auch bessere Rahmenbedingungen: Bürokratie, regulatorische Einschränkungen und Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie bei der Finanzierung sind laut Studie echte "Pain Points" für die heimischen Unternehmer:innen und folglich Stellschrauben, mit denen die Zufriedenheit in der Selbstständigkeit erhöht werden kann.

Warum auch niedrigere Lohnnebenkosten und weniger Steuern auf Arbeit dazugehören, erfährst du hier.

Tipp: Wenn du eine Geschäftsidee hast und ein Unternehmen gründen möchtest, hilft dir das Gründerservice der Wirtschaftskammer.

Typ #4: Sucht Autonomie und Selbstbestimmung

Für viele Selbstständige liegt der größte Vorteil einer Firmengründung darin, ihr eigener Chef oder ihre eigene Chefin zu sein. Auch in der Studie wurde die Autonomie von den Befragten besonders häufig als Glücksquelle in der Selbstständigkeit angegeben. Ein großer Gestaltungs- und Handlungsspielraum beziehungsweise die Möglichkeit, Aufgaben selbstbestimmt zu erledigen, steigern die Zufriedenheit und das Glück im Job.

Dabei spielt die Autonomie auf vielen Ebenen eine Rolle: Zum einen streben Unternehmer:innen danach, ihre Geschäftsidee sinnstiftend und eigenständig zu verwirklichen. Zum anderen können sie ihr Arbeitsumfeld und die beruflichen Beziehungen selbst gestalten, indem sie das Team nach ihren Präferenzen auswählen und die Arbeitsbedingungen nach eigenen Vorstellungen formen. Dabei spielen zeitliche und örtliche Flexibilität eine große Rolle.

Unternehmer:innen, deren Glück vorwiegend von ihrer Autonomie abhängt, wünschen sich laut Studie eine bessere Work-Life-Balance, mehr Freiräume und Wege, operative Aufgaben abgeben zu können. Arbeitslast, Zeitmangel, Bürokratie und finanzielle Einschränkungen sind hingegen Faktoren, die als störend empfunden werden.

Typ #5: Sucht Selbstakzeptanz

Eine reflektierte Zufriedenheit mit sich selbst und dem eigenen Unternehmen kann tendenziell bei einer länger bestehenden Selbstständigkeit beziehungsweise mit fortgeschrittenem Alter großen Einfluss auf das Unternehmer:innenglück haben. Unternehmer:innen, für die dieser Aspekt zentral ist, verfügen über ein Bewusstsein über die eigenen Stärken und Schwächen und benötigen genügend Zeit für Reflexion.

Laut Studie ist die Selbstakzeptanz unter den österreichischen Unternehmer:innen ausbaufähig. Besonders bei Ein-Personen-Unternehmen und bei Frauen stehen Selbstzweifel, Unzufriedenheit mit sich selbst und fehlende Zeit, um Erfolge zu feiern, dem Entwickeln dieses Persönlichkeitsaspekts entgegen.

Typ #6: Sucht Beziehungen

Harmonische Beziehungen im Arbeitsalltag sowohl mit den Mitarbeiter:innen als auch mit den Geschäftspartner:innen können maßgeblich zur Zufriedenheit in der Selbstständigkeit beitragen. Vor allem Unternehmer:innen in Familienbetrieben messen diesem Aspekt große Bedeutung bei. Ihr Glück wird vorrangig von sozialen Interaktionen und einem wertschätzenden Betriebsklima beeinflusst. Sie erleben Teamgeist und die gemeinsame Bewältigung von Herausforderungen als starken Antrieb, wohingegen ein eigenbrötlerisches, isoliertes Arbeiten ihre Zufriedenheit trübt.

Auch Mitarbeiterfluktuation und Schwierigkeiten bei der Personalsuche sind für Unternehmer:innen, die dem Beziehungstyp zuzuordnen sind, gewichtige Störfaktoren. Bei Gründer:innen spielt die Beziehungsdimension hingegen eine eher untergeordnete Rolle für das Unternehmer:innenglück, was die Studienautorin auf die tendenziell kleineren Teamgrößen in dieser Phase zurückführt.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Eine aktuelle Studie in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Österreich hat erforscht, was selbstständig Erwerbstätige in ihrer Tätigkeit glücklich macht und dabei 6 wesentliche Faktoren identifiziert: Selbstverwirklichung, Sinnerfüllung, Exzellenz, Autonomie, Selbstakzeptanz und Beziehungen.
  • Das Gefühl, ein gelungenes Unternehmerleben zu führen, wird von einem individuellen Mix dieser Faktoren bestimmt. Je nach Typ ist meist ein Aspekt besonders wichtig.
  • Externe Störfaktoren für das Unternehmer:innenglück sind insbesondere Bürokratie, regulatorische Einschränkungen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Schwierigkeiten bei der Finanzierung.
  • Bei der Umsetzung einer Geschäftsidee bzw. Unternehmensgründung steht das Gründerservice der Wirtschaftskammer zur Seite.