Zu viel Papierkram: Wie Bürokratie Betrieben Zeit stiehlt

Was es braucht, damit Unternehmen mehr Bewegungsfreiheit bekommen.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Entrepreneur:innen
  • Wirtschaftseinsteiger:innen

Lesedauer:

2 Minuten

AutorIn: Eva Baumgardinger

Mann surft durch Bürokratie-Dschungel i
alphaspirit | stock.adobe.com

Skurrile Vorschriften, überstrenge Gesetze und fragwürdige Regeln, die Klein- und Mittelbetriebe erdrücken. Was es braucht, damit das besser wird, erklären wir in diesem Artikel.

Eine funktionierende Bürokratie ist zweifellos wichtig. Schließlich muss alles seine Ordnung haben und es für alle wichtigen Vorgänge in einem Staat eine Behörde geben. Man kann es aber auch übertreiben mit der Bürokratisierung. Wenn du das nicht glaubst, dann frag mal bei den heimischen Betrieben nach.

Österreich ist ein Musterland, wenn es um die Umsetzung von EU-Vorgaben geht - keineswegs aber immer im positiven Sinn. Ein Beispiel: Für den grenzüberschreitenden Güterverkehr muss ein österreichisches Transportunternehmen alle 5 Jahre seine Lizenz erneuern. Laut EU reicht es jedoch, wenn das alle 10 Jahre passiert. Es ist deshalb wenig verwunderlich, dass diese Übererfüllung der EU-Vorgaben, auch Gold Plating genannt, österreichische Betriebe in einer ohnehin angespannten Situation zusätzlich belastet. 

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Ein Arbeitstag pro Woche nur für Verwaltung

9 Stunden – so viel Zeit muss ein Unternehmen laut einer aktuellen market-Umfrage durchschnittlich pro Woche in Verwaltung investieren. Mit anderen Worten: Mehr als ein Arbeitstag pro Woche wird allein für das Ausfüllen von Formularen, das Anbringen von Hinweisschildern, Kontrolltätigkeiten, die Dokumentation betrieblicher Abläufe oder die Vorbereitung der Steuererklärung aufgewendet. Betroffen sind zwar alle Betriebe, KMU – das Rückgrat der heimischen Wirtschaft – sind aber besonders stark betroffen.

Aufgrund ihrer geringen Größe haben sie wenig bis keine Ressourcen für diese zusätzlichen Arbeiten: kein Personal, kein Geld für Infrastruktur und eigentlich auch keine Zeit. Zu viel Bürokratie ist für Unternehmen also gleich mehrfach nachteilig: Sie bindet Ressourcen, die für den eigentlichen Unternehmenszweck benötigt werden, und führt damit zu Produktivitätsverlusten und Umsatzeinbußen.

Belastung für Betriebe steigt

Das WKÖ-Wirtschaftsbarometer, für das österreichweit knapp 3.400 Unternehmen aller Branchen und Betriebsgrößen befragt wurden, zeigt: Die überwiegende Mehrheit der Unternehmer:innen gibt an, dass in ihrem Betrieb in den vergangenen fünf Jahren immer mehr Zeit (86% der Nennungen) und immer höhere Kosten (85%) für Verwaltung angefallen sind.

Bürokratismus erdrückt Unternehmen

Zu viel Bürokratie belastet die Unternehmen also, genauso wie die in Österreich überdurchschnittlich hohen Arbeits- und Energiekosten. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gerät unter Druck, der Standort insgesamt wird unattraktiver. Eine Folge davon: Unternehmen überlegen sich sehr genau, ob sie weiterhin in Österreich investieren wollen oder nicht lieber ins Ausland gehen. Derzeit gibt es bei Industrieunternehmen den Trend, im Ausland zu investieren.

Weniger Bürokratie. Das fordern die Unternehmen:

Der Ruf nach einem Bürokratie-Abbau ist auch eine der Kernforderungen der unlängst gestarteten WKO-Kampagne #brauchenwir, in deren Rahmen Österreichs Betriebe aufzeigen, was sie für erfolgreiches Wirtschaften brauchen. Konkrete Maßnahmen zum Bürokratie-Abbau umfassen:

  • Monitoringstelle für Entbürokratisierung mit Bürokratiekostenindex, der die Bürokratiekosten für Unternehmen darstellt und Belastungen sichtbar macht.
  • Wirkungsorientierte Folgenabschätzung (WFA): Geplante Regulierungsvorhaben berücksichtigen nachhaltiges Wachstum und Produktivität.
  • Wettbewerbscheck: Neue Gesetze werden auf ihre Wettbewerbsfähigkeit geprüft. Sie müssen auch digitaltauglich und zukunftsorientiert sein.
  • Gold Plating wird zurückgenommen bzw. vermieden.
  • Unnötige Berichts- und Informationspflichten werden gestrichen.
  • "Beraten vor Strafen" wird als Prinzip bei Ordnungswidrigkeiten, vor allem bei Bagatelldelikten, umgesetzt.
  • Evaluierungszeitraum: Behördenverfahren werden harmonisiert, einheitliche Auslegung und gemeinsame Bescheide umgesetzt.

Gold Plating setzt Betriebe unter Druck

Ein Abbau der Bürokratie, also weniger Informations-, Veröffentlichungs- und Meldepflichten, ist daher laut WKÖ-Wirtschaftsbarometer die wichtigste Maßnahme für Österreichs Unternehmen – für 65% der Unternehmen steht sie an erster Stelle, gefolgt von der klaren Ablehnung des so genannten Gold Platings - also der freiwilligen Übererfüllung von EU-Vorgaben in nationales Recht (53%).

Das Wichtigste in Kürze

  • Österreich ist ein Bürokratieland und neigt dazu, EU-Vorschriften strenger umzusetzen, als es eigentlich notwendig wäre (Gold Plating).
  • 9 Stunden pro Woche, das ist mehr als ein Arbeitstag, verbringen österreichische Unternehmen mit Bürokratie.
  • Das bedeutet: Formulare ausfüllen, Hinweisschilder anbringen, Kontrollen durchführen, Betriebsabläufe dokumentieren oder Vorbereitung der Steuererklärung. Wertvolle Zeit, die in einer wirtschaftlich ohnehin angespannten Situation von der eigentlichen unternehmerischen Arbeit abhält.
  • Das WKÖ-Wirtschaftsbarometer, eine Befragung österreichischer Unternehmen zum Thema Wirtschaftsstandort Österreich, zeigt: Die Reduktion von Informations-, Veröffentlichungs- und Meldepflichten steht mit 65 % der Unternehmen an erster Stelle, gefolgt von der klaren Ablehnung von Gold Plating.
  • Die WKÖ fordert daher unter anderem eine Monitoringstelle für Entbürokratisierung, die Überprüfung neuer Gesetze auf ihre Wettbewerbs- und Digitalisierungstauglichkeit, weniger Gold Plating und die Stärkung des Prinzips "Beraten statt Strafen" bei Bagatelldelikten.