Auseinandersetzungen rund um die Corona-Schutzimpfung können nicht nur Familien und Freundschaften belasten, sondern sind auch am Arbeitsplatz ein Thema. Der Lebens- und Sozialberater Edgar Falkner-Groier hat uns im MARI€-Gespräch wichtige Tipps gegeben, wie sich Konflikte rund um das Thema konstruktiv beilegen lassen.
"Das Schlechteste wäre jetzt, den Kopf in den Sand zu stecken, wegzuschauen und nichts zu tun", sagt Edgar Falkner-Groier. Der 67-jährige studierte Biochemiker und ausgebildete Lebens- und Sozialberater arbeitet seit knapp 20 Jahren im Bereich Employee- und Company-Assistance Services. In den vergangenen fast zwei Jahren hat ihn dabei vor allem die Corona-Pandemie beschäftigt. Spätestens durch die beschlossene Impfpflicht ist auch das Thema Schutzimpfung in den Fokus getreten.
Gegenseitige Überzeugungsversuche, wie sie derzeit das gesellschaftliche Klima beherrschen, verlieren durch die Impfpflicht an Sprengkraft.
"Die Konfliktlinien zum Impfthema ziehen sich nicht nur quer durch Familien und Freundschaften, sondern entfalten ihre Sprengkraft auch am Arbeitsplatz. Für die Unternehmens- und Mitarbeiterführung stellt dies natürlich eine große Herausforderung dar", erklärt Falkner-Groier im MARI€-Gespräch. Überlässt man das Konfliktfeld dem freien Spiel der Kräfte innerhalb der Mitarbeiterschaft, wirke sich das nachteilig auf das Arbeitsklima bis hin zu den Arbeitsprozessen aus.
Drei Schritte zur Vermeidung von Konflikten am Arbeitsplatz:
- Unternehmensinterne Informationsveranstaltungen: Klare und für Laien leicht verständliche Erklärungen über einerseits die Risiken einer Corona-Erkrankung und andererseits Wirkung und Risiken der Impfung sorgen für eine solide Information.
- Thematisierung und Widerlegung der gängigsten, im Umlauf befindlichen Mythen: Zur Umsetzung dieser Maßnahme eignen sich sowohl unternehmensinterne als auch -externe, medizinische Expertinnen und -experten (z.B. Ärzte), die faktenbasiert über die Ergebnisse der zahlreichen weltweiten Studien informieren.
- Unternehmensinterne Impfmöglichkeiten: Diese erleichtern die Überwindung eventuell vorhandener Hemmschwellen. In weiterer Folge kann sich ein solches Angebot sogar positiv auf das Zusammengehörigkeitsgefühl unter der Kollegenschaft auswirken, wenn man im Unternehmen gemeinsam zur Impfung schreitet.
"Die Hintergründe für die Ablehnung der Impfung können sehr vielfältig sein. Ich muss diese Gründe gut kennen, um ein konstruktives Gespräch mit diesen Menschen führen zu können“, sagt der Experte. "Grundsätzlich ist in Gesprächen ein fragender Zugang zielführender als ein belehrender." Fragen nach gemeinsamen Zielen und Werten und der eigenen Verantwortung könnten, so Falkner-Groier, Selbstreflexionsprozesse anstoßen. "Belehrungen lösen beim Gegenüber eher Einwände aus. Das verhindert das Infragestellen und Überprüfen eigener Überzeugungen."
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Impfpflicht "Chance zur Beruhigung"
In der nun in Österreich beschlossenen Impfpflicht sieht Edgar Falkner-Groier durchaus eine Chance zur Beruhigung der Atmosphäre in der Gesellschaft: "Durch die Impfpflicht wird klar, was vom einzelnen Bürger gefordert ist. Gegenseitige Überzeugungsversuche, wie sie derzeit das gesellschaftliche Klima beherrschen, verlieren damit an Sprengkraft." Um die aufgerissenen Gräben in der Gesellschaft zu kitten, werde das aber nicht reichen. Damit der Zusammenhalt in der Gesellschaft wieder wachse, braucht es aus Sicht des Fachmanns eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage, was denn eine Gesellschaft zusammenhält: "Was sind gemeinsame Ziele und Werte, auf die wir uns verständigen, gerade auch jetzt in der Pandemiesituation. So können sich gemeinsame, tragfähige Haltungen entwickeln, die das Zugehörigkeitsgefühl stärken und damit die Zusammenarbeit fördern."