In Industrie, Handel und Gewerbe und Handwerk verhandeln Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter:innen über den Lohn – mit weitreichenden Auswirkungen.
Aus gutem Grund stehen die laufenden Verhandlungen zum Kollektivvertrag (KV) in den Sparten Industrie und Handel sowie die bevorstehenden KV-Verhandlungen in Gewerbe und Handwerk in der öffentlichen Aufmerksamkeit. Denn ihre Ergebnisse haben einen maßgeblichen Einfluss auf die gesamte österreichische Wirtschaft. Warum etwa zählt, was die Metaller-KV-Verhandlungen ergeben, erklären wir dir in diesem Beitrag.
Immerhin beschäftigen diese drei Sparten rund zwei Drittel aller Arbeitnehmer:innen der gewerblichen Wirtschaft in Österreich. Der gute Fortbestand der Unternehmen in diesen Leitbranchen ist daher zentral, um heimische Arbeitsplätze und folglich den Wohlstand zu sichern.
Angesichts des Konjunktureinbruchs finden die Lohnverhandlungen heuer unter schwierigen Voraussetzungen statt und erfordern ein besonderes Augenmaß.
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Alle drei Sparten befinden sich in einer Rezession. Auch die Aussichten für die erste Jahreshälfte 2024 sind trüb und werden durch den Nahostkonflikt zusätzlich gedämpft. Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen könnte es eng werden – und das umso mehr, wenn sie mit hohen Lohnforderungen überlastet werden.
Industrie, Handel sowie Gewerbe und Handwerk unter Druck
Ein Blick auf die einzelnen Sparten zeigt, dass der Industrie vor allem die sinkenden Neuaufträge zu schaffen machen. Die reduzierte Auftragslage schlägt sich in einem Produktionsrückgang und Beschäftigungsabbau nieder. Wenig optimistisch sind die Industrieunternehmen auch für die Zukunft: Die Produktionserwartungen für 2024 sind auf dem niedrigsten Stand seit einem Jahr.
Im Handel wurde das Umsatzwachstum von den Preissteigerungen gefressen. Tatsächlich verzeichnet die Branche heuer reale Umsatzrückgänge. Gestiegene Kosten und Kaufkraftverlust machen zusätzlichen Druck. Allein im Einzelhandel mussten im ersten Halbjahr 2023 rund 6.400 Betriebe schließen.
In einer ähnlichen Lage befindet sich die Sparte Gewerbe und Handwerk, für die demnächst die KV-Verhandlungen mit den Sozialpartnern starten. Die schwache Konjunktur in Kombination mit explodierenden Kosten bringt viele heimische Handwerks- und Gewerbebetriebe an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Zu hohe Lohnforderungen würden diese Grenzen noch weiter ausreizen.
GRAFIK: Bedeutung der Branchen Industrie, Handel & Gewerbe und Handwerk
Anteil der unselbständig Beschäftigten nach Branchen 2015 - 2022
Veränderung der realen Bruttowertschöpfung gegenüber dem Vorjahr (in %)
Hoher Lohn im EU-Vergleich
Dabei ist der Druck auf österreichische Betriebe in vielen Bereichen grundsätzlich höher als in anderen EU-Ländern: Bei den Arbeitskosten in der Warenherstellung liegt Österreich im EU-Vergleich mit 43,86 Euro pro Arbeitnehmer:in und Stunde an fünfter Stelle (EU: 30,83 Euro). Auch der nominelle Lohn ist hierzulande mit durchschnittlich 36 Euro pro Stunde um fast 10 Euro pro Stunde höher als der EU-Schnitt.
Dazu kommt, dass die Arbeitgeber:innen in den vergangenen Verhandlungen zum Kollektivvertrag seit Corona trotz Krisensituation klar Verantwortung übernommen haben. Jetzt braucht es eine Einigung mit Augenmaß zwischen Arbeitgeberseite und Arbeitnehmerseite, um in dieser schwierigen Phase die Leistungsfähigkeit der Branchen und damit auch Jobs zu sichern.
Einigung mit Augenmaß
Jetzt braucht es eine Einigung mit Augenmaß zwischen Arbeitgeberseite und Arbeitnehmerseite, um in dieser schwierigen Phase die Leistungsfähigkeit der Branchen und damit auch Jobs zu sichern. Die Möglichkeiten, die auf dem Tisch liegen, können situationsadäquat genutzt und Lösungen out of the box angedacht werden.
Streiks hingegen stellen insbesondere in einer Rezession eine Gefahr dar, weil sie eine ohnehin schon belastende Situation für die Betriebe verschärfen.
Das Wichtigste in Kürze:
- Konjunktureinbruch und trübe Aussichten setzen die Wirtschaft unter Druck.
- KV-Verhandlungen in Industrie, Handel, Gewerbe und Handwerk wirken sich auf die Gesamtwirtschaft aus.
- Industrie, Handel, Gewerbe und Handwerk beschäftigen zwei Drittel aller Arbeitnehmer:innen in Österreich.
- Zu hohe Lohnforderungen und Streiks belasten die Wirtschaft und gefährden den Fortbestand der Unternehmen und Arbeitsplätze.