So entwickelt sich die Inflation in Österreich 2024

Die Inflationsrate sinkt hierzulande, im Vergleich zum Euroraum aber langsamer. Das hat verschiedene Gründe.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Zahlenjongleur:innen
  • Wirtschaftsexpert:innen

Lesedauer:

5 Minuten

KolumnistIn: Claudia Huber

Waage mit unterschiedlichen Münzen, die sich in der Balance halten i
deivision | stock.adobe.com

Die gute Nachricht zuerst: Die Teuerung wird auch in Österreich 2024 zurückgehen, allerdings nicht so rasch wie in anderen EU-Ländern.

Optimistische Prognosen gehen davon aus, dass die Inflation im Euroraum bereits Mitte 2024 erstmals wieder unter das 2 %-Inflationsziel der Eurozone fallen könnte. In Österreich ist mit dem Unterschreiten dieser Marke laut führenden Wirtschaftsforschungsinstituten aber in den kommenden Jahren nicht zu rechnen. Mehr Informationen über die Preisentwicklung und die Gründe, warum Österreich bei der Dämpfung hinterherhinkt, gibt es hier in dieser Analyse von Claudia Huber.

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WKÖ/DMC

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Gründe für den schleppenden Rückgang der Teuerung

Die Inflation (VPI) lag in Österreich zuletzt (jüngste Zahlen für Februar 2024) laut Statistik Austria bei 4,3 % und hat damit den niedrigsten Wert seit Dezember 2021 erreicht. Im Euroraum ist die Jahresinflationsrate (HVPI) für Februar bereits auf 2,6 % gesunken.

Woran liegt es, dass der Rückgang der Teuerung in Österreich im Vergleich zur restlichen EU langsamer verläuft?

Diese Aspekte spielen eine wichtige Rolle:

Aspekt #1: Reaktion auf hohe Energiekosten

Im Gegensatz zu anderen EU-Ländern hat die österreichische Regierung auf die Steigerung der Energiepreise vorwiegend mit Transferzahlungen reagiert. Das zielte in erster Linie darauf ab, die Realeinkommen rasch zu stützen und weniger auf direkte Eingriffe in die Preisbildung.

Auf dem Energiemarkt kommt hinzu, dass die Preise in der Regel vertraglich für zwölf Monate fixiert sind und sinkende Großhandelspreise daher langsamer an die Haushalte weitergegeben werden als in Ländern, die überwiegend variable Preise vereinbart haben.

Aspekt #2: Struktur der Wirtschaft

Die Tourismusbranche ist hierzulande ein besonders wichtiger Wirtschaftsbereich, weswegen höhere Preissteigerungen im Bewirtungs- und Beherbergungsgewerbe einen überproportionalen Einfluss auf die Inflationsrate haben. Dort stiegen die Preise in den vergangenen 2 Jahren nicht nur stärker als in anderen Ländern, sondern hatten auch ein um rund 50 % höheres Warenkorbgewicht als im Euroraum. Im Jahr 2023 machte das die Hälfte des jährlichen Inflationsdifferenzials Österreichs zum Euroraum aus.

Aspekt #3: Indexierungsklauseln

Indexierungsklauseln heizen die Inflation in Österreich zusätzlich an. Sie sehen eine Bindung bestimmter Verbraucherpreise, etwa von Wohnungsmieten oder Versicherungsprämien, an den VPI zur Absicherung der Werte vor: Steigt der VPI, steigen auch diese Preise – und das beeinflusst wiederum den VPI. 

Entwicklung der Inflationsraten in Europa und Österreich

Im Euroraum scheint in puncto Teuerungsanstieg das Schlimmste seit Herbst 2023 überstanden. Dank der rückläufigen Energieinflation, dem Abbau von Lieferkettenproblemen und der Nachfragedämpfung durch die Erhöhung der Zinsen ist die Inflation nahezu zum Stillstand gekommen. Wenn keine neuen Angebotsengpässe auftreten, könnte die Inflationsrate bereits Mitte des Jahres unter 2 % sinken.

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WKÖ/Nadine Studeny

Im Euroraum scheint in puncto Teuerungsanstieg das Schlimmste seit Herbst 2023 überstanden.

Claudia Huber, Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik in der WKÖ


Auch in Österreich steht eine weitere Dämpfung der Inflation in Aussicht. Die Verkaufspreiserwartungen der Unternehmen im Februar sind sowohl für Dienstleistungen als auch bei Waren gesunken. Bei den Dienstleistungen dürfte das auf eine schwächere Nachfrage und weniger optimistische Aussichten für die kommenden Monate zurückzuführen sein. 

Die Zukunft der Leitzinspolitik

Der rasante Rückgang der Eurozonen-Inflationsraten seit Ende 2022 und die zeitgleich stattfindende wirtschaftliche Stagnation werfen die Frage auf, wann die Europäische Zentralbank (EZB) eine Senkung der Leitzinsen einläuten wird.

Bedingt durch das aktuelle Zinsniveau wirkt die Geldpolitik sehr restriktiv und läuft damit Gefahr, das Wirtschaftswachstum im Euroraum zu bremsen. Allerdings will die EZB sicherstellen, dass das derzeit durch Nachholeffekte erhöhte Lohnwachstum wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückkehrt. Eine frühzeitige Veränderung der Leitzinspolitik könnte weitere Zinserhöhungen in der Zukunft erfordern und damit die Kaufkraft längerfristig schwächen.

Um hier mehr Sicherheit zu gewinnen, werden die Ökonom:innen der EZB weitere Daten zur Entwicklung des Lohnwachstums abwarten. Eine erste Zinssenkung wäre somit frühestens im Juni möglich. Auch die anstehenden Entscheidungen der US-Notenbanker:innen der Fed werden einen Einfluss haben. Derzeit wird auch in den USA mit einer ersten Zinssenkung im Juni gerechnet.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Inflationsraten in Europa sinken. Österreichs Inflationsrate sinkt jedoch deutlich langsamer als die Inflationsraten von anderen EU-Ländern.
  • Die  wichtigsten Gründe dafür sind die in Österreich gesetzten Maßnahmen zur Abfederung der Energiepreissteigerung, die Struktur der heimischen Wirtschaft mit ihren Auswirkungen auf den VPI, Indexierungsklauseln und die langfristige Preisbindung am Energiemarkt.
  • Die Inflationsrate im Euroraum ist im Herbst 2023 nahezu zum Stillstand gekommen und wird nach optimistischen Prognosen noch heuer unter die 2 %-Marke sinken.
  • Seit Mitte 2023 verlangsamt sich die Inflation auch in Österreich deutlich. Ein Unterschreiten der 2 % ist jedoch in den kommenden Jahren nicht wahrscheinlich.
  • Mit einer Senkung der Leitzinsen ist frühestens im Juni 2024 zu rechnen.