Arbeitszeit­verkürzung: Was die 32-Stunden-Woche bedeutet

Eine EcoAustria-Studie belegt die weitreichenden Auswirkungen einer Arbeitszeit­verkürzung in Österreich.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Weiterdenker:innen
  • Wirtschaftseinsteiger:innen

Lesedauer:

3 Minuten

AutorIn: David Sievers

Illustration zeigt eine Frau mit Stift vor einem Kalender i
Vadym | stock.adobe.com

Was sind die potenziellen Auswirkungen einer 32-Stunden-Woche auf Österreich? Das wird in verschiedenen Studien, zum Beispiel von EcoAustria, unter die Lupe genommen. Das sind die wichtigsten Ergebnisse.

Die Idee einer 32-Stunden-Woche ist derzeit in aller Munde; damit scheint die Vorstellung verbunden zu sein, für gleich viel Geld weniger zu arbeiten. Die Idee ist schnell in Umlauf gebracht, doch die wirtschaftlichen Zusammenhänge rund um eine Arbeitszeitverkürzung sind komplex.

Und die Auswirkungen einer solchen Umstellung wären erheblich, sagt Rolf Gleißner, Leiter der Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik in der WKÖ: "Wenn man Für und Wider abwägt, wird diese Idee schnell entzaubert. Ein solches Modell ist in vielerlei Hinsicht kontraproduktiv. In der Diskussion muss man ehrlich kommunizieren, welche weitschichtig negativen Auswirkungen mit einer 32-Stunden-Woche verbunden wären." 


Teaser für Anmeldung zum MARIE MAIL i
WKÖ/DMC

Spannende Updates für dich!

Mit der MARI€ MAIL erhältst du unsere wichtigsten Infos direkt in deine Mailbox.

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Um die Fakten aufzuzeigen, haben sich mehrere Institute, unter anderem die Wirtschaftsforscher:innen von EcoAustria, angesehen, wie eine 4-Tage-Woche auf die Volkswirtschaft wirken würde. EcoAustria hat dafür angenommen, dass die Normalarbeitszeit auf 32 Stunden reduziert würde – das bedeutet, unselbständig Beschäftigte arbeiten 20 % weniger. Das verursacht nicht nur eine gravierende Umstellung der Arbeitsabläufe, sondern auch Kosten. Und all das hätte weitreichende Folgen für uns alle.

Wer zahlt? Wer zahlt drauf?

Für die Berechnungen unterscheidet EcoAustria, ob es bei Arbeitszeitverkürzung einen Lohnausgleich gibt - sprich, die Einkommen dennoch gleich bleiben, oder nicht; beziehungsweise, wer einen solchen möglichen Lohnausgleich letztlich zahlen müsste.

Die 3 Szenarien im Überblick:

Die Studie von EcoAustria gibt es hier für dich im Detail.

Szenario #1: Kein Lohnausgleich

Gibt es keinen expliziten Lohnausgleich, zeigt das Modell von EcoAustria, dass die im Betrieb fehlenden Arbeitsstunden nicht kompensiert werden können, da die Beschäftigung nur geringfügig steigt, während die geleisteten Stunden aber um 20 % sinken. Das reale BIP wiederum sinkt nach den Studienergebnissen im Jahr der Reform um rund 5 %, in 20 Jahren würde es sogar um fast 6 % zurückgehen. 

Weil die Menschen weniger verdienen, könnten sie sich weniger leisten. Der private Konsum ginge in der Folge zurück – und zwar um knapp 5 %. Was die Analysen zudem auch zeigen: Geht eine Arbeitszeitreduktion einher mit einer erhöhten Produktivität pro geleisteter Arbeitsstunde, kann dies die negativen Effekte nur mildern, aber nicht aufheben.

i
wkoe

Wenn wir Sozialstaat und Wohlstand erhalten wollen, sollten wir Wirtschaft und Beschäftigung nicht schwächen, sondern stärken.

Rolf Gleißner, Leiter der Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik in der WKÖ

Szenario #2: Lohnausgleich für Arbeitnehmer:innen 

Die Arbeitnehmer:innen erhalten in diesem Szenario bei weniger Arbeitszeit denselben Lohn. Damit steigen die Lohnstückkosten im Unternehmen schlagartig, was zu einem generellen Preisanstieg führt. Gleichzeitig könnten Unternehmen dadurch weniger Personen einstellen, was somit Beschäftigung reduziert und Arbeitslosigkeit erhöht.

Laut Analyse des Instituts würde durch eine Arbeitszeitverkürzung auf 32 Wochenstunden in Kombination mit einem Lohnausgleich das reale BIP im Jahr der Reform um fast 7 % sinken. Das sind 30,8 Mrd. Euro weniger. 

Szenario #3: Eine Drittelregelung 

Auch was im Falle staatlicher Subventionierung passiert, hat sich die Studie angesehen. Konkret gingen die Expert:innen davon aus, dass die Kosten für die Arbeitszeitreduzierung zu je einem Drittel von den Unternehmen (höhere Stundenlöhne), den Arbeitnehmer:innen (weniger Gehalt) und der öffentlichen Hand getragen werden. Am Ende des Tages geht das BIP – und damit Wachstum und Wohlstand – auch bei dieser Annahme zurück.

Dazu kommt: "Wenn wir Sozialstaat und Wohlstand erhalten wollen, sollten wir Wirtschaft und Beschäftigung nicht schwächen, sondern stärken: Durch den Ausbau der Kinderbetreuung, die steuerliche Entlastung von Arbeit und einen späteren Pensionsantritt", warnt Sozialpolitik-Experte Gleißner.

Zusammenfassend analysiert Gleißner: "Alle drei Varianten zeigen, dass eine 32-Stunden-Woche uns alle teuer zu stehen käme. Die höheren Kosten im Betrieb ziehen weitreichende Folgen nach sich, nämlich weniger Investitionen, weniger Beschäftigung, weniger Wachstum und auch Einbußen bei der Wettbewerbsfähigkeit des ganzen Wirtschaftsstandortes. Gerade in der jetzigen konjunkturellen Situation bringt uns die Diskussion über solche Modelle nicht weiter, im Gegenteil."

Das Wichtigste in Kürze:

  • Eine 32-Stunden-Woche brächte in jedem Fall ein Dämpfer für das Wirtschaftswachstum – und ist daher gerade jetzt, in Zeiten einer Rezession, ein No-Go.
  • Die Wertschöpfung ginge durch eine 32-Stunden-Woche zurück, ebenso die Erwerbseinkommen und damit der private Konsum (weil sich die Menschen weniger leisten könnten).
  • Die Annahme, dass eine Arbeitszeitreduktion mehr Anstellungen bewirken würde, erweist sich als nicht richtig. In keinem der drei Szenarien von Eco Austria gibt es einen wesentlichen Beschäftigungseffekt.