US-Zölle belasten China – Chancen für Österreich?

Der Handelskrieg zwischen China und den USA eskaliert. Was bedeutet das für Österreichs Unternehmen?


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5 Minuten

AutorIn: Peter Draxler

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Die Spannungen zwischen China und den USA nehmen zu. Trotz Risiken eröffnen sich für Österreichs Unternehmen neue Chancen im Handel und bei Investitionen im asiatischen Raum.

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China verschärft sich erneut – und Österreichs Unternehmen spüren die Auswirkungen. Franz Rössler, WKÖ-Wirtschaftsdelegierter in Peking, gibt Einblicke in die aktuelle Stimmung vor Ort und analysiert die Folgen für heimische Betriebe. Während China mit Exportkontrollen und Autarkieplänen reagiert, gerät der internationale Handel unter Druck. Doch mittendrin tun sich auch neue Chancen für österreichische Firmen auf – wenn sie bereit sind, flexibel zu handeln.

Wie wird die US-Zollpolitik unter Präsident Trump derzeit in China wahrgenommen – in Regierung, Wirtschaft und Gesellschaft?

Franz Rössler: Die US-Zollpolitik unter Präsident Trump wird – wenig überraschend – von Peking sehr negativ wahrgenommen.  Das chinesische Handelsministerium bezeichnete die Zusatzzölle von Trump für chinesische Produkte als "Erpressung" und hat Gegenmaßnahmen in gleicher Höhe angekündigt. Neben Zöllen gibt es nun auch chinesische Exportüberwachungen für die Lieferung bestimmter kritischer Rohstoffe in die USA. China bekräftigte seine Bereitschaft, "bis zum Ende zu kämpfen". Hinter den Kulissen gibt es aber wohl auch Gespräche, ob China und die USA nicht mit einem Handschlag beider Präsidenten wieder einen normaleren Handels- und Technologieaustausch pflegen könnten.




Franz Rössler, WKÖ-Wirtschaftsdelegierter in Peking i
WKÖ/Nadine Studeny

Interessant ist auch, dass innerhalb Chinas selbst die Problematik der exorbitant hohen Zölle eher gelassen dargestellt wird und Zuversicht vermittelt wird, dass die chinesische Wirtschaft eine Abschottung der Beziehungen mit den USA besser verkraften könnte als umgekehrt.

Franz Rössler, WKÖ-Wirtschaftsdelegierter in Peking

Interessant ist auch, dass innerhalb Chinas selbst die Problematik der exorbitant hohen Zölle eher gelassen dargestellt wird und Zuversicht vermittelt wird, dass die chinesische Wirtschaft eine Abschottung der Beziehungen mit den USA besser verkraften könnte als umgekehrt.

Chinesische Wirtschaftsexperten sehen in erster Linie amerikanische Bürger als die Leidtragenden der Zölle. Diese Einschätzung herrscht auch in chinesischen Zeitungen und sozialen Medien vor. Dort macht sich teilweise Häme breit, wie das Beispiel des KI-generierten Videos zeigt, das Amerikaner in Fabriken darstellt. Gleichzeitig wird jedoch auch anerkannt, dass ein andauernder Handelskonflikt für niemanden vorteilhaft ist und Dialog bevorzugt wird. Generell herrscht die Ansicht, dass die Zölle Amerikas langfristige strukturelle Probleme nicht lösen, sondern die wirtschaftliche Unsicherheit der US-Bevölkerung erhöhen würden. 

SERVICETIPPS: Info-Point US-Zölle & Exporttag 25

Gibt es bereits spürbare Auswirkungen dieser Eskalation auf die Stimmung im chinesischen Wirtschaftsraum?

Rössler: Schon im Oktober und November 2024 zeigte eine Umfrage unter österreichischen Unternehmen mit Tochtergesellschaften in China eine eher negative Stimmung hinsichtlich des allgemeinen Wirtschaftsklimas und der Wirtschaftslage in China. Die Stimmung und Erwartungshaltung für die nächsten Monate wurde seit Bestehen der Umfrage im Jahr 2017 noch nie so schlecht wahrgenommen. Und diese Lage hat sich nun weiter verschärft.

Die wirtschaftlichen Spannungen zwischen China und den USA gibt es aber schon seit längerem und China hat sich zu einem gewissen Grad darauf auch schon eingestellt.  Ursache ist einerseits das sehr hohe Handelsbilanzdefizit der USA mit China, andererseits aber auch die verstärkte Technologiekompetenz Chinas in verschiedenen Industriebereichen. Chinesische Unternehmen werden nicht mehr als ""Partner" der eigenen Wirtschaft, sondern als "Rivalen" angesehen, diese Tendenz gibt es übrigens auch im Verhältnis zwischen China und Europa. Die chinesische Wirtschaft soll sich laut politischer Vorgaben mehr autark aufstellen und die Abhängigkeit von anderen Ländern wie für den Bezug von Technologien und Vormaterialien verringern.

VIDEO: Österreichs Export unter Druck: Wie Trump die Wirtschaft bedroht

Der Turbo bei den Handels- und Technologiekonflikten durch die Präsidentschaft "Trump 2" kommt für China jedoch zu einem unguten Zeitpunkt. Die chinesische Wirtschaft selbst schwächelt derzeit, der Binnenkonsum kommt nicht in Schwung und auch private Unternehmen investieren derzeit kaum. Der Außenhandel war über die letzten Monate die  solide Stütze für ein angestrebtes Wirtschaftswachstum von um die 5%. Der Ausfall von Lieferungen in die USA kann in dieser Situation nicht über mehr Konsum innerhalb Chinas kompensiert werden, auch Europa hat schon Warnsignale abgegeben, nicht noch mehr chinesische Waren aufnehmen zu können.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Europa von einer länger anhaltenden US-chinesischen Konfrontation wirtschaftlich profitiert oder geschwächt wird?

Rössler: Die europäische und auch österreichische Wirtschaft sind viel mehr von der Internationalisierung abhängig als jene der USA und auch Chinas. Daher ist aus meiner Sicht die Unsicherheit durch die Unberechenbarkeit der USA als Wirtschaftspartner aktuell wohl ein noch größeres Problem für die europäische Wirtschaft als für die chinesische.

Gleichzeitig bemüht sich das offizielle China derzeit, Europa wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken und das könnte für uns die Gelegenheit sein, seit langem bestehende Probleme im Handelsaustausch besser zu positionieren und auf einen fairen Wettbewerb und mehr Ausgeglichenheit bei den Handelsbeziehungen zu plädieren.

Hat der Handelskonflikt möglicherweise auch neue Chancen für österreichische Unternehmen eröffnet, etwa durch Substitutionseffekte?

Rössler: Vereinzelt haben österreichische Firmen im China-Geschäft US-Mitbewerber, wie bei Maschinen und Anlagen, diese profitieren nun vom praktischen Ausschluss desselben. Politik und Wirtschaft sind in China sehr verzahnt, wenn die EU als verlässlicher Partner rüberkommt als die USA, sind auch chinesische Firmen und Konsumenten unseren Produkten positiver gegenüber eingestellt. Wir haben derzeit auch einige Anfragen chinesischer Tech-Firmen, die an einem Standort in Österreich interessiert sind, um über diesen auch Richtung USA aufzutreten.

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Was würden Sie österreichischen Unternehmen jetzt raten: Abwarten, umorientieren oder gezielt investieren? 

Rössler: Die News und Maßnahmen überschlagen sich derzeit täglich und geben keine Planungssicherheit. Die Umorientierung, wie die österreichische Wirtschaft in China agieren kann, findet schon seit längerem statt. Österreichische Firmen, welche in China Maschinen und Anlagen produzieren, tun dies meist nur für den chinesischen oder asiatischen Markt und sofern sie Vormaterialien aus den USA importierten, werden sie dafür nun wohl andere Lieferländer erwägen. Die Zeiten Chinas als billiger Werkbank der Welt sind schon länger vorbei, deshalb haben österreichische Firmen, die für den US-Markt Konsumprodukte selbst produziert oder produzieren haben lassen, schon seit längerem auf andere asiatische Produktionsländer wie Vietnam oder die Philippinen umgeschwenkt.

Wie unterstützt das AußenwirtschaftsCenter Peking österreichische Unternehmen in dieser Situation konkret?

Rössler: Wir sind in Kontakt vor allem mit Firmen mit Niederlassungen oder größeren Geschäftsbeziehungen in China und informieren über Zölle, Exportkontrollen für kritische Rohstoffe und Sanktionen zwischen China und den USA.

Das Wichtigste in Kürze:

  • US-Zölle stoßen in China auf heftige Kritik, dennoch setzt das Land auf Dialog – trotz "Kampfansage".
  • Chinesische Wirtschaft schwächelt, besonders im Binnenkonsum und bei Unternehmensinvestitionen.
  • Österreichische Firmen spüren negative Stimmung am Standort China – Umorientierung bereits im Gange.
  • Europa droht stärker betroffen zu sein als China – wegen höherer Internationalisierungsabhängigkeit.
  • Neue Chancen für österreichische Unternehmen, v. a. durch Substitutionseffekte und Investitionsinteresse chinesischer Tech-Firmen.
  • Das AußenwirtschaftsCenter Peking informiert aktiv über Zölle, Exportkontrollen und neue Rahmenbedingungen.