Mehr als die Hälfte der internationalen Absolvent:innen verlässt Österreich kurz nach ihrem Masterabschluss wieder – dabei bräuchte Österreich dringend Fachkräfte. Was läuft schief, und wie kann Österreich besser werden?
Österreich punktet bei internationalen Studierenden mit hoher Lebensqualität und erstklassigen Unis. Trotzdem verlassen 53 % der Absolvent:innen unser Land innerhalb von drei Jahren – obwohl über drei Viertel zunächst versuchten, hier beruflich Fuß zu fassen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Abteilung Sozialpolitik in der WKÖ. Rolf Gleißner, Leiter der Abteilung, stellt klar: „Wenn mehr als die Hälfte derer, die zum Studium nach Österreich gekommen sind, unser Land danach wieder verlassen, muss uns das aus rein ökonomischen Gründen zu denken geben.“
Warum Fachkräfte scheitern – die größten Hürden
Rund 88% der gescheiterten Versuche in Österreich zu bleiben, hängen laut Umfrageergebnissen direkt mit Schwierigkeiten zusammen am Arbeitsmarkt in Österreich Fuß zu fassen: Sprachbarrieren erschweren 54% die Jobsuche, 38% berichten von negativen Erfahrungen mit Aufenthaltsbehörden, in Wien sogar 48%. Bei Nicht-EU-Bürger:innen kommt oft noch das Thema Beschäftigungsbewilligungen dazu, 59% der Befragten berichten hier von Problemen. Diese Schwierigkeiten kosten Österreich jedes Jahr dringend benötigte Fachkräfte, in deren Ausbildung bereits investiert wurde.
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Dabei liegt die Lösung des Problems eigentlich auf der Hand: Internationale Absolvent:innen seien bereits weitgehend integriert, erklärt der WKÖ-Experte: "Sie brauchen aber gezielte Maßnahmen, um ihre Integration abzuschließen." Konkret hieße das:
- Maßnahme #1: Abbau von Sprachbarrieren und bessere Unterstützung bei der Arbeitssuche
Karriereservices der Universitäten sollten enger mit Unternehmen und dem AMS kooperieren, um Absolventinnen aktiv bei der Jobsuche zu unterstützen. Gleichzeitig sollten Praktika stärker in die Lehrpläne eingebunden werden, um den Aufbau von Netzwerken zu fördern. Zusätzlich müssten Deutschkurse fester Bestandteil englischsprachiger Master-Studiengänge sein, und auch die International Center der Universitäten sollten intensiver bei der Arbeitssuche helfen. - Maßnahme #2: Reduktion bürokratischer Hürden und Hilfe bei Bewilligungen
Internationale Absolvent:innen dürfen aktuell maximal 12 Monate am Stück in Österreich nach einem Job suchen. Sinnvoll wäre ein flexibleres Modell nach niederländischem Vorbild, das Pausen oder längere Praxiszeiten im Ausland erlaubt. Ein Aufenthaltstitel für Studenten sollte zudem automatisch Beschäftigungen bis zu 20 Stunden für internationale Student:innen ohne jegliche Beschäftigungsbewilligung gestatten. - Maßnahme #3: Besseres Monitoring nach dem Studium
Österreichische Universitäten sollten die Karrierewege internationaler Absolvent:innen besser erfassen und regelmäßig Motive und Zufriedenheit der Studierenden erheben.

Es ist eine ganz einfache Rechnung: Wenn es uns gelingt, pro Jahr nur 2000 internationale Studienabsolventen im Land zu halten, hätten wir bis 2040 insgesamt 30.000 Fachkräfte mehr.
Weniger Bürokratie, mehr Flexibilität
Die 12-monatige Jobsuche nach dem Abschluss muss flexibler gestaltet werden – nach niederländischem Vorbild. Zudem benötigen Absolvent:innen bessere Unterstützung bei Aufenthaltsbewilligungen und einen vereinfachten Zugang zum Arbeitsmarkt. Gleißner dazu: "Es ist eine ganz einfache Rechnung: Wenn es uns gelingt, pro Jahr nur 2000 internationale Studienabsolventen im Land zu halten, hätten wir bis 2040 insgesamt 30.000 Fachkräfte mehr."
Investitionen zahlen sich langfristig aus
"Damit Österreich seine positiven Konjunkturaussichten realisieren kann, sind ausreichend Arbeits- und Fachkräfte für die Betriebe ein Muss", erläutert Gleißner. Langfristige Investitionen in die Integration internationaler Studierender zahlen sich daher mehrfach aus – sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich.
Das Wichtigste in Kürze:
- 53 % der Studienabsolvent:innen aus dem Ausland verlassen Österreich kurz nach ihrem Abschluss.
- Als größte Hürden werden Schwierigkeiten einen Job zu finden (88%), Sprache (54%) sowie – bei Nicht-EU-Bürger:innen – Beschäftigungsbewilligungen (59%) genannt.
- Nötig sind bessere Deutschkurse, mehr Praktika und intensivere Jobvermittlung.
- Flexiblere Aufenthaltsfristen und weniger Bürokratie erleichtern den Berufseinstieg.
- Durch Halten internationaler Fachkräfte ließen sich bis 2040 tausende Arbeitskräfte gewinnen, die Österreich dringend braucht.