Lehrstellen­förderung: Wer bei der Lehre spart, zahlt doppelt

Warum die betriebliche Lehrstellen­förderung jetzt dringend aufgestockt werden muss.


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2 Minuten

KolumnistIn: Melina Schneider

Weiblicher Tischlerlehrling bei der Arbeit i
Kzenon | stock.adobe.com

Trotz steigender Ausbildungskosten ist die Lehrstellenförderung seit Jahren gedeckelt – das gefährdet nicht nur tausende Lehrplätze, sondern kostet den Staat langfristig deutlich mehr, warnt Melina Schneider, Leiterin der Bildungspolitik in der WKÖ.

Österreich braucht Fachkräfte – und bekommt sie am besten durch die duale Ausbildung. Doch genau dieses Erfolgsmodell ist akut gefährdet: Für 2025 und 2026 droht eine massive Finanzierungslücke in der betrieblichen Lehrstellenförderung. Was das bedeutet? Vor allem eines: Weniger Lehrstellen, weniger Fachkräfte – und langfristig deutlich höhere Kosten für den Staat.

Lehre: Günstig für den Staat, essenziell für die Wirtschaft

Die duale Ausbildung ist nicht nur das Rückgrat unserer Fachkräftesicherung – sie ist auch die mit Abstand kostengünstigste Ausbildungsform für die öffentliche Hand. Während ein Platz in einer BMS oder BHS den Staat fast 12.000 Euro pro Jahr kostet, liegt der öffentliche Aufwand für eine betriebliche Lehre (inkl. Berufsschule und Förderung) bei nur 7.688 Euro.

Und: Ein Teil davon fließt sogar zurück – in Form von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen.

Während bei der Finanzierung von anderen Ausbildungspfaden wie Schulen und Hochschulen die steigenden Lohnkosten selbstverständlich berücksichtigt werden, ist die Lehrstellenförderung seit Jahren mit 280 Millionen Euro jährlich gedeckelt. Das wird jetzt zum Problem.

Warum die Rechnung 2025 nicht mehr aufgeht

Die Kollektivvertrags-Erhöhungen der letzten Jahre wirken sich auch auf die Lehrlingseinkommen aus – und damit auf die Fördersummen. 2025 und 2026 braucht es laut Berechnungen 316,5 Mio. bzw. 330 Mio. Euro, um die Basisförderung aufrechtzuerhalten. Die Lücke: über 86 Millionen Euro in zwei Jahren. Ohne Aufstockung drohen Kürzungen ab Sommer 2025. Besonders hart würde das kleine und mittlere Betriebe treffen – und zwar in einer Zeit, in der sie ohnehin mit Konjunktursorgen kämpfen.

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Seit 2025 ist wîse up, die digitale Aus- und Weiterbildungsplattform der Wirtschaftskammern Österreichs, für alle Lehrlinge in Mitgliedsbetrieben der Wirtschaftskammern Österreichs kostenlos – mit praxisnaher Finanzbildung und über 25.000 digitalen Kursen.

Maßgeschneidert für Lehrling gibt es etwa folgende Kurse:

Die Folge: Weniger Lehrstellen, mehr Kosten

Eine aktuelle Umfrage des ibw zeigt: Mehr als die Hälfte der Ausbildungsbetriebe würde ohne Förderung die Lehrausbildung reduzieren oder ganz einstellen. Bei Kleinbetrieben sind es sogar über 60 %. Gleichzeitig müssten Jugendliche dann in die Überbetriebliche Ausbildung (ÜBA) wechseln – und das kommt den Staat teuer zu stehen: Knapp 200 Millionen Euro Mehrkosten entstünden dadurch, bei einem Rückgang der Lehrstellen um 10 %. 

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Fazit: Investieren statt kürzen

In Zeiten von Rezession und Fachkräftemangel ist die Förderung der Lehre keine Frage von "nice to have", sondern eine notwendige Zukunftsinvestition. Wer jetzt spart, zahlt später doppelt – und verliert genau jene Fachkräfte, auf die wir alle angewiesen sind.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Für 2025 und 2026 droht eine massive Finanzierungslücke in der Lehrstellenförderung, was die duale Ausbildung und damit die Fachkräftesicherung gefährdet.
  • Die betriebliche Lehre ist für den Staat deutlich günstiger als schulische Ausbildungsformen und bringt durch Steuern und Abgaben Rückflüsse.
  • Trotz steigender Kosten ist die Förderung seit Jahren gedeckelt, wodurch eine Finanzierungslücke von über 86 Mio. Euro entsteht.
  • Besonders Kleinbetriebe könnten ihre Ausbildungsleistung einschränken, was den Staat durch teure Alternativen wie die Überbetriebliche Berufsausbildung stark belasten würde.
  • Eine Aufstockung der Fördermittel ist notwendig, um langfristige Mehrkosten und den Verlust dringend benötigter Fachkräfte zu verhindern.