Österreichs lebendige Startup-Szene ist geprägt von hoher Innovationskraft und starker Internationalisierung. Doch die Gründung und das Wachstum eines Unternehmens sind in der Alpenrepublik nicht ohne Herausforderungen. Hier erfährst du alles zum Stand der Gründerszene im Jahr 2024.
Vom Accelerator bis zum Exit – die Gründerreise vom Aufbau bis zur Profitabilität eines Startups ist ein wilder Ritt und alles andere als einfach. Trotzdem spielen Startups auch im Jahr 2024 trotz schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen eine zentrale Rolle als Innovations- und Wachstumstreiber in Österreich.
Dem Austrian Startup Monitor 2023 zufolge wurden seit 2012 über 3.400 Startups in Österreich gegründet, die zusammen rund 30.000 Menschen beschäftigen. Der heimische Markt spielt für diese Unternehmen eine wichtige Rolle: 62% ihres Umsatzes werden in Österreich erzielt.
Weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen sind jedoch der Meinung, dass die aktuellen Geschäftsbedingungen in hierzulande gut sind.
Die größten Herausforderungen für Gründer:innen:
- Kapitalakquise
- komplexe bürokratische Anforderungen
- die vergleichsweise geringe Marktgröße
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Innovation trifft auf Hürden in der Startup-Landschaft
Einer, der die Herausforderungen der Gründerszene täglich spürt, ist Kambis Kohansal Vajargah, Head of Startup-Services der WKÖ. Der Startup-Mentor betont: "Die Finanzierung bleibt ein großes Thema bei Gründungen: Daten zeigen, dass im ersten Halbjahr 2023 die Anzahl der Finanzierungsrunden - insbesondere in der Pre-Seed-Phase - zurückgegangen ist. Gerade in den frühen Phasen der Unternehmensgründung fehlt also dringend benötigtes Kapital."
Ein weiteres strukturelles Problem ist die überbordende Bürokratie. Während die Gründung einer Personengesellschaft in Österreich relativ einfach ist, sind Kapitalgesellschaften wie GmbHs im europäischen Vergleich oft mit aufwendigen und teuren Prozessen verbunden. Abhilfe schafft die 2023 neu eingeführte Flexible Kapitalgesellschaft, die Startups und Gründerteams eine vereinfachte Gründung mit weniger Bürokratie und geringeren Kosten bietet:
Kambis Kohansal Vajargah, Head of Startup-Services der WKÖ
"Sobald zwei Gesellschafter im Unternehmen beteiligt sind, zieht sich der Prozess aufgrund von Gewerbegericht, Notarterminen und Bankvorgaben deutlich in die Länge. Das beeinflusst nicht nur inländische Gründer:innen, sondern auch internationale Investor:innen."
Der Fachkräftemangel stellt ein weiteres bedeutendes Hindernis dar. Während der globale Wettbewerb um Talente intensiver wird, kämpfen österreichische Startups darum, die besten Köpfe zu gewinnen und langfristig zu halten.
"Der Fachkräftemangel trifft die österreichische Startup-Szene im globalen Wettbewerb um Talente hart", sagt Startup-Experte Kohansal Vajargah. "Die Einführung der verbesserten Rot-Weiß-Rot-Karte ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch um die besten internationalen Talente anzuziehen, müssen solche Prozesse schneller und effizienter gestaltet werden."
Förderprogramme und steuerliche Anreize: Chancen nutzen
Trotz dieser Herausforderungen gibt es in Österreich auch zahlreiche Chancen für Startups, die genutzt werden können.
Für Jasmin Güngör, General Partner bei Onsight Ventures, steht die Nutzung solcher Möglichkeiten an erster Stelle. Ihr Investment Fonds mit Sitz in Innsbruck investiert früh in technologiebasierte Unternehmen, 200.000 bis 1 Million Euro sind es je Investment.
Einen wichtigen Hebel für eine Verbesserung der Investitionsbereitschaft sieht Güngör in steuerlichen Anreizen:
Jasmin Güngör, General Partner bei Onsight Ventures
"Speziell in Österreich würden steuerliche Anreize für Investor:innen - wie der Erwerbszuschuss in Deutschland - Dynamik in den Markt bringen, da sie Investitionen in Startups attraktiver machen und die Finanzierungslandschaft in Österreich beleben."
Ein weiterer wichtiger Punkt sind die umfangreichen Förderprogramme, die österreichische Startups unterstützen. Programme wie der AWS Gründungsfonds oder der neue rot-weiß-rot Fonds, der von Wirtschaftsminister Kocher angekündigt wurde, bieten jungen Unternehmen wichtige finanzielle Unterstützung und tragen zur Stärkung des österreichischen Startup-Ökosystems bei.
Diese Förderungen helfen Startups nicht nur, ihre Finanzierung zu sichern, sondern auch, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln und am Markt zu etablieren.
Spin-offs: Wachstumsfelder für die Zukunft
Ein besonders stark wachsendes Feld in der österreichischen Startup-Landschaft sind akademische Spin-offs, welche universitäre Forschungsergebnisse und Technologien auf den freien Markt bringen.
Der Austrian Startup Monitor 2023 zeigt, dass der Anteil dieser Unternehmen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist und nun bei 24% liegt. Diese Spin-offs sind oft in hochtechnologischen Bereichen wie Quantum Computing und Life Sciences tätig – Felder, in denen Österreich über exzellente wissenschaftliche Infrastruktur verfügt. Die Entwicklung solcher Spin-offs trägt maßgeblich zur Stärkung der High-Tech-Industrie bei und fördert die Innovationskraft des Landes.
Jasmin Güngör betont: "Es ist wichtig, dass wir jungen Forscher:innen und Professor:innen vermitteln, dass ihre Erfindungen die Kraft haben, neue Standards in großen Industrien zu setzen. Die größten Herausforderungen sind das Mindset, der Zugang zu Kapital, der Talentpool und das Ökosystem - hier hat Österreich deutliche Fortschritte gemacht, und der Ehrgeiz ist da, um in der Kommerzialisierung zur europäischen Spitze aufzuschließen."
Austrian Startup Monitor
Der seit 2017 jährlich herausgegebene Austrian Startup Monitor (ASM) beleuchtet in seinem jüngsten Bericht die Entwicklung der Szene in Österreich.
Auch Kambis Kohansal Vajargah sieht in der stärkeren Internationalisierung eine große Chance: "Österreich hat eine stark exportorientierte Wirtschaft, das ist eine gigantische Chance für heimische Startups. Ein breiterer Fokus und ein offeneres Mindset könnten den Erfolg österreichischer Startups weiter fördern."
Darüber hinaus bietet die Nähe zu den EU-Märkten und die Integration in die europäische Wirtschaft eine wertvolle Plattform für österreichische Startups, um ihre Produkte und Dienstleistungen international zu skalieren.
Insbesondere oft vernachlässigte Märkte in Zentral- und Osteuropa bieten weiteres Potenzial für Expansion und Wachstum.
Fazit: Balance zwischen Herausforderungen und Chancen
Startups in Österreich stehen vor großen Herausforderungen, aber auch vielseitigen Chancen. Während der Zugang zu Investments und Bürokratie nach wie vor große Hürden darstellen, bieten umfangreiche Förderprogramme, steuerliche Anreize und ein wachsendes internationales Netzwerk zahlreiche Möglichkeiten für Gründer:innen.
Die österreichische Startup-Szene hat das Potenzial, sich weiterzuentwickeln und in wichtigen technologischen Nischen eine Vorreiterrolle einzunehmen. Mit gezielter Förderung, besserer Vernetzung und einem offenen Mindset können österreichische Startups nicht nur national, sondern auch international erfolgreich sein.
Ohne verbesserte Rahmenbedingungen bleibt die Realisierung eines gestaltenden Startup-Hub in Europa allerdings in weiter Ferne. Denn Gründer:innen können nicht alleine auf die großartige Unterstützung durch Förderprogramme setzen: Um eine unternehmerische, Risiko-offene Kultur zu fördern, braucht es einen Abbau der lähmenden Bürokratie, steuerliche Entlastung und Mut, den Zuzug von Talenten aus aller Welt zu vereinfachen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Startup-Sektor beschäftigt 30.000 Menschen, 62% des Umsatzes werden in Österreich generiert.
- Herausforderungen für Startups: Bürokratische Hürden, schwierige Kapitalbeschaffung und Fachkräftemangel belasten die Startup-Landschaft.
- Förderprogramme, steuerliche Anreize und verstärkte Internationalisierung bieten Möglichkeiten zur Überwindung der Hürden.
- Startups fordern eine Vereinfachung von Gründungsprozessen, bessere Vernetzung mit internationalen Märkten und gezielte Anwerbung von Fachkräften.
- Technologische Nischen wie Quantum Computing, Life Sciences und GreenTech bieten enormes Potenzial für österreichische Startups.