Cookies & Co: Warum bewusstes Klicken Österreichs Digitalisierung antreibt

Vertrauen, klare Spielregeln und First Party Data können zum Standortvorteil werden, sagt Komplexitäts­forscher Peter Klimek.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Wissenshungrige
  • Digital Pioneers

Lesedauer:

5

Minuten

AutorIn: Eva Baumgardinger

Illustration Kekse mit Vorhängeschlössern, ki-generiert i
Anutha | stock.adobe.com

Digitalisierung ist mehr als Technologie – sie ist auch eine Frage des Vertrauens. Das Bewusstsein für den Schutz persönlicher Informationen ist in Österreich hoch. Und dieses "bewusste Klicken" kann zum Standortvorteil werden.

Mit der digitale Dekade hat die EU klare Ziele bis 2030 formuliert: digitale Souveränität, Vertrauen und faire Wettbewerbsbedingungen. So sollen bis 80 % der Bevölkerung digitale Grundkompetenzen besitzen, 75 % der Unternehmen Cloud-Dienste nutzen und eine digitale Infrastruktur entsteht, die Europa unabhängiger von außereuropäischen Tech-Konzernen macht. Österreich kann hier laut einer Studie der Innovationsberatungs-Agentur winnovation besonders punkten, weil die Sensibilität für Datenschutz hoch ist.

Gerade im Zeitalter von Cyberangriffen und künstlicher Intelligenz wird es entscheidend, wo Daten gut aufgehoben sind. "Made in Austria" könnte künftig nicht nur für technische Kompetenz stehen, sondern auch für Datenschutz, Fairness und nachhaltige digitale Services, sagt Peter Klimek, Komplexitätsforscher am Supply Chain Intelligence Institute Austria.

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Vertrauen als Standortvorteil

Doch dieser Vorteil entsteht nicht von selbst, und die Zeit drängt. "Wir müssen digitale Souveränität aufbauen und dürfen das Feld nicht globalen Konzernen überlassen. Daran wird kein Weg vorbeiführen." Klimek warnt vor einem Lock-in-Effekt: "Wenn wir unsere Daten nicht selbst strategisch nutzen, landen sie zuerst im Silicon Valley. Kurzfristig wirken Lösungen aus dem Ausland günstiger, langfristig machen sie uns abhängig. Die Kehrseite dieses Risikos ist aber auch eine Chance: Wenn wir Daten bewusst freigeben – für Verwaltung und Unternehmen – können wir Wachstums- und Innovationslösungen aufbauen."

Datenschutz kann Europas USP im globalen Wettbewerb sein.

Peter Klimek, Komplexitätsforscher

Bewusstes Klicken als Treiber der Digitalisierung

"Bewusstes Klicken" bedeutet, dass Daten gezielt und informiert geteilt werden. Kund:innen entscheiden bei Cookies, Smart Meters oder E-Government-Services bewusst, wem sie welche Informationen anvertrauen. Unternehmen müssen darauf reagieren – nicht mit minimalen Anpassungen, sondern mit einer klaren Datenstrategie. First Party Data, also Informationen, die ein Unternehmen direkt über seine eigenen Kanäle wie Website, App oder Kundeninteraktion erhebt und kontrolliert, sind dabei entscheidend.

Gesundheitsdaten: Vertrauen als Schlüssel

Wer solche Daten sauber erhebt und transparent nutzt, schafft bessere Angebote. Wie entscheidend Vertrauen sei, zeige sich im Gesundheitsbereich deutlich, sagt Klimek. "Wir stehen vor großen Herausforderungen – alternde Gesellschaft, weniger Personal, begrenzte Mittel. Digitalisierung kann helfen, etwa durch bessere Erfassung von Therapien oder Medikamenten." Wenn der Nutzen spürbar wird, entsteht eine Positivspirale.

Long Covid mit der Smartwatch verstehen

Als Beispiele nennt der Komplexitätsforscher Wearables wie Smart Watches oder Fitnessarmbänder, die nachweislich helfen, Long Covid besser zu verstehen. Oder ein Forschungsprojekt, bei dem 44 Millionen Einträge zu fast allen stationären Aufenthalten in Österreich zwischen 2003 und 2014 analysiert wurden, um Krankheitsverläufe zu erfassen. Das Ziel: Ansätze zur Prävention chronischer Erkrankungen zu entwickeln.

Daten: Von der Pflicht zum USP

Klare Spielregeln in Sachen Datenschutz schafft die Datenschutzgrundverordnung. Sie legt fest, wie Unternehmen Prozesse transparent gestalten. Oft braucht es nur einen Perspektivenwechsel: Statt Datenschutz als Hürde zu sehen, kann er Grundlage für nachhaltige Geschäftsmodelle sein. Eine moderne Datenstrategie bedeutet: weniger Masse, mehr Qualität. Unternehmen, die auf First Party Data setzen, reduzieren Risiken, steigern die Effizienz und stärken ihre Wettbewerbsfähigkeit, sagt Klimek.

Internationale Beispiele zeigen, wie das funktionieren kann:

  • Exoscale (Schweiz) ist ein Cloud-Anbieter aus der Schweiz mit mehreren Serverstandorten in Europa. Sie bieten virtuelle Server, Objektspeicher (S3-kompatibel), managed kubernetes, managed databases, DNS und CDN an. Das Unternehmen ist im Besitz von A1, einem der größten österreichischen Kommunikationsanbieter.
  • OVHcloud (Frankreich) positioniert sich bewusst als europäische Alternative zu US-Cloud-Anbietern. Durch die Einhaltung der DSGVO und transparente Datenprozesse gewinnt das Unternehmen das Vertrauen vieler Kund:innen, die ihre Daten innerhalb der EU wissen wollen.
  • Proton (Schweiz) nutzt verschlüsselte E-Mail- und Cloud-Dienste als Kernstrategie. Datenschutz ist hier explizit Teil des Markenversprechens und überzeugt weltweit Millionen Nutzer:innen.

Gerade in Bereichen wie E-Government, Gesundheits-Apps oder KI-Tools entscheidet Vertrauen über die Nutzung. Bürger:innen, die wissen, dass ihre Daten geschützt und fair verarbeitet werden, nutzen neue Services eher. So treiben Konsument:innen die Digitalisierung selbst voran – nicht durch blindes Klicken, sondern durch bewusstes Entscheiden.

Privacy by Design: Österreichs Chance in der Digitalen Dekade

Wer frühzeitig auf Sicherheit und Transparenz setzt, spart Kosten, vermeidet Risiken und schafft Vertrauen – die wichtigste Währung in einer digitalen Welt, betont Peter Klimek. "Privacy by Design" – also Datenschutz von Anfang an in Systeme zu integrieren – sei daher das Gebot der Stunde und bringe Sicherheit wie ein Sicherheitsgurt im Auto. Datenschutz und Digitalisierung seien keine Gegensätze, sondern Partner: "Das bewusste Klicken ist ein wichtiger Hebel, um Vertrauen und Innovationskraft zu stärken." Wenn Österreich First Party Data gezielt nutzt und eine zukunftsfähige Datenstrategie aufbaut, kann es die Digitale Dekade aktiv mitgestalten. "Made in Austria" könnte so künftig auch für Datenschutz, Fairness und nachhaltige digitale Services stehen.

Zukunft aktiv gestalten: Innovation Map als Wegweiser

Aber nicht nur der bewusste Konsum von Digitalisierung, sondern auch die aktive Gestaltung der Zukunft durch neue Technologien stärkt Österreichs Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig. Die Wirtschaftskammer Österreich bietet mit der Innovation Map einen strategischen Überblick über 105 Technologien, die Orientierung geben und Zukunft greifbar machen. Wie zum Beispiel die folgenden, die Unternehmen helfen, digitale Souveränität aufzubauen und Vertrauen zu schaffen:

  • Ethik der Mensch-Maschine-Interaktion fördert ein verantwortungsvolles Zusammenspiel von Technologie und Mensch. Ein zentraler Aspekt, wenn Vertrauen zum Standortvorteil wird.
  • Die Datensicherungsbotschaft zeigt, wie sichere Datenräume konkret umgesetzt werden können. Ein praktisches Beispiel für Privacy by Design.
  • Quantenkryptografie bietet neue Möglichkeiten, sensible Daten etwa im Gesundheitsbereich zukunftssicher zu verschlüsseln.
  • Ein Blockchain-System für das Gesundheitswesen kann helfen, Daten transparent und fälschungssicher zu dokumentieren und so die Grundlage für innovative, vertrauenswürdige Services schaffen.

Diese Technologien stehen exemplarisch für einen Zugang, bei dem Datenschutz und Innovation keine Gegensätze sind, sondern sich gegenseitig verstärken.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Österreichs Bevölkerung ist besonders sensibel beim Thema Datenschutz – ein klarer Standortvorteil.
  • First Party Data schaffen Vertrauen und stärken langfristige Kundenbeziehungen.
  • Datenschutz und Datenstrategie sind Partner und Treiber für Innovation, nicht Hindernis.
  • Privacy by Design macht Datenschutz zum Standard – so selbstverständlich wie Sicherheitsgurte.
  • Datenschutz kann Europas USP im globalen Wettbewerb werden – das zeigen Unternehmen wie Exoscale, OVHcloud und Proton.