Laut Digitaler Dekade 2030 sollen mindestens 90% aller KMU bis 2030 über eine digitale Basisintensität verfügen. In Österreich schaffen das Stand heute zwar schon rund drei von vier Unternehmen, wie der Digital Decade Country Report 2025 zeigt. Aber da geht noch mehr.
Die digitale Transformation birgt für den Wirtschaftsstandort Österreich und seine Bewohner:innen enormes Potenzial, denn sie treibt das Wirtschafts- und Produktivitätswachstum voran. Entscheidend dafür ist die Diffusion digitaler Technologien. Also deren möglichst breite Anwendung über Sektoren- und Branchengrenzen hinweg sowie unabhängig von der Unternehmensgröße.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) machen über 99% aller Betriebe in Österreich aus und spielen daher eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, dieses Potenzial zu heben. Durch die Integration fortgeschrittener Technologien wie Cloud Computing und Data Analytics können sie Effizienz und Produktivität steigern, Kosten senken, neue Geschäftsmodelle entwickeln und sich von der Konkurrenz abheben.
Zwar haben bereits rund drei Viertel der österreichischen KMU eine digitale Basisintensität erreicht, doch wie der Begriff schon sagt, handelt es sich dabei lediglich um die Grundlage, um darauf aufbauend fortgeschrittene digitale Technologien zu implementieren und wertschöpfend in die Anwendung zu bringen.
Infobox: Digital Decade
Die Digitale Dekade 2030 ist ein EU-Programm, das den digitalen Wandel in Europa vorantrieben soll. Das Programm sieht auch Ziele für die Wirtschaft vor: 75% aller Unternehmen sollen bis 2030 Technologien wie Cloud Computing, Big Data und KI einsetzen. Mehr als 90% der KMU sollen ein Basisniveau an digitaler Intensität nach dem Digital Intensity Index erreichen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Die 5 größten Hürden für KMU
Warum bleiben diese Chancen ungenutzt? Dafür gibt es 5 wesentliche Ursachen:
- Mangel an personellen und finanziellen Ressourcen für die digitale Transformation: Gerade kleine Unternehmen können sich die hohen Kosten für Hardware, Infrastruktur und Fachkräfte oft nicht leisten.
- Mangelndes Fachwissen: Fehlendes Wissen über die Nutzung und die Möglichkeiten von KI sowie über Cybersecurity erschwert KMU den Umgang mit digitalen Technologien.
- Hohe regulatorische Anforderungen und Pflichten: Mehr als die Hälfte der KMU in Europa nennen die hohen regulatorischen Anforderungen und die damit zusammenhängenden Pflichten als große Herausforderungen.
- Rechtliche Unklarheiten: Rechtliche Unklarheiten, insbesondere Datenschutzbedenken, sind ebenfalls häufig genannte Gründe, warum KMU die Nutzung von KI – bei dem Thema empfehle ich dir die Infobox unten – und anderen Technologien ablehnen.
- Mangelnde Unterstützung bei Digitalisierungsprojekten: Derzeit existieren lediglich einzelne, gezielte Programme – wie KMU.DIGITAL – jedoch keine umfassenden Unterstützungsmaßnahmen für die digitale Transformation von KMU.
Die großen Vorteile für KMU
Diese Barrieren hemmen KMU nicht nur bei der Einführung neuer Technologien, sondern auch beim Erschließen wirtschaftlicher Potenziale. Denn die Digitalisierung eröffnet viele Möglichkeiten, etwa
- verbesserte Personalisierung und Betreuung von Kund:innen,
- Effizienzsteigerungen und Kostenreduktion,
- Wissens- und Kompetenzerweiterung,
- Automatisierung wiederkehrender Aufgaben und Fokus auf das Kerngeschäft,
- Erhöhung des Innovationspotenzials und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit,
- Skalierbarkeit,
- rasche Reaktionsmöglichkeit und Prävention von Problemen,
- datenbasierte Entscheidungsfindung.
Infobox: Künstliche Intelligenz in KMU
Vor allem KI-Anwendungen können KMU etliche Vorteile bringen. Folgende Leitlinien helfen bei der erfolgreichen Implementierung:
- Status Quo erheben und Ziele festlegen
- Arbeitsprozesse auf Datenabhängigkeit, digitale Datenverfügbarkeit und Automatisierungspotenzial prüfen
- Passende KI-Tools im Unternehmen einführen
- Mitarbeitende sensibilisieren und informieren
- KI-Trainings einführen
- Sich mit dem AI-Act auseinandersetzen
- Individuelle KI-Guidelines für das Unternehmen entwickeln
- Feedbackprozesse einführen
Mehr Tipps zur Implementierung von KI in KMU findest du in den KI-Guidelines für KMU.
Internationale Erfolgsbeispiele
Um das Potenzial der Digitalisierung voll auszuschöpfen, fördern Länder wie Deutschland, Dänemark, die Niederlande oder Spanien ihre KMU mit unterschiedlichen Maßnahmen:
Deutschland: Netzwerk mit kostenloser Förderung
In Deutschland erhalten KMU in regionalen Zentren des Netzwerks Mittelstand Digital Orientierung bei der digitalen Transformation sowie Informationen über die Chancen und Herausforderungen bei Digitalisierungsprojekten. Seit 2024 liegt der Fokus auf künstlicher Intelligenz. Unter anderem werden kostenlose Workshops, Schulungen, Praxistests, Webinare, Sprechstunden aber auch Lern- und Demonstrationszentren angeboten.
Dänemark: Hilfe im Rechtsdschungel
In Dänemark hilft die zentrale Anlaufstelle der dänischen Wirtschaftsbehörde Unternehmen, die neue Technologien entwickeln, sich im Rechtsdschungel zurechtzufinden und ihre Ideen auf den Markt zu bringen. Sie ist als One-stop-shop für sämtliche Anfragen zu Rechtsvorschriften konzipiert und koordiniert die Antworten der zuständigen Ministerien und Regulierungsbehörden.
Niederlande: Kooperation zwischen Wirtschaft, Bildung und Behörden
Das niederländische Programm Versnelling Digitalisering schafft regionale Partnerschaften zwischen Regierungsbehörden, Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft, in denen Student:innen KMU bei der Einführung digitaler Techniken unterstützen.
Spanien: Rundum-Unterstützung nach Plan
Mit einem umfassenden Plan zur Digitalisierung der KMU hat Spanien ein Ökosystem aus Maßnahmen errichtet. Diese reichen von der Errichtung einer Basisinfrastruktur für KMU über Weiterbildungsmaßnahmen bis hin zu gezielter Förderung für Digitalisierungsprojekte.
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Jetzt zum Newsletter anmelden!5 Maßnahmen für KMU-Digitalisierung in Österreich
Österreich kann von den Erfolgsbeispielen in anderen Ländern lernen. Damit Digitalisierungsprojekte in heimischen KMU an Fahrt gewinnen, braucht es konkret 5 Maßnahmen:
- Nationaler Fahrplan zur Unterstützung der digitalen Transformation von KMU: Momentan gibt es in Österreich in diesem Bereich nur punktuelle Maßnahmen. Es braucht jedoch umfassende Unterstützungsangebote nach spanischem Vorbild auf Basis eines nationalen Fahrplans zur Digitalisierung der KMU inklusive Budget, Zeitplan, Zielsetzungen und Maßnahmen.
- Aufbau eines One-stop-shops für regulatorische Fragen: Gerade für kleinere Unternehmen stellt die Vielzahl an regulatorischen Anforderungen eine Herausforderung dar. Eine behördenübergreifende Anlaufstelle für Rechtsfragen zur Digitalisierung wie in Dänemark würde speziell KMU entlasten – und zugleich den Markteintritt neuer Produkte, Services und Geschäftsmodelle beschleunigen. Zusätzlich sollten Regulatory Sandboxes aufgebaut werden, die den Unternehmen Spielraum geben, um flexibel auf die regulatorischen Herausforderungen zu reagieren.
- Ausbau der Digital Innovation Hubs: Deutschland macht es mit seinem Netzwerk vor. Auch hierzulande unterstützen Digital Innovation Hubs Unternehmen, insbesondere KMU, bei ihrer digitalen Transformation. Unterstützung gibt es jedoch oft nur zu Beginn der "Digitalisierungsreise". Erforderlich wäre ein bundesweites Netzwerk von One-stop-shops, das KMU umfassend begleitet – von Workshops über Weiterbildung bis hin zur Unterstützung bei Förderungen und der Projektumsetzung.
- Junior-Digitalisierungs-Innovationswerkstätten: Viele KMU benötigen Unterstützung bei ihrer digitalen Transformation, können sich aber keine teuren Fachkräfte oder Beratung leisten. Die Niederlande haben die Lösung: Sie bringen Student:innen, Unternehmen und Regulierungsbehörden zusammen. Von solchen Digitalisierungs-Innovationswerkstätten würden auch heimische Unternehmen profitieren.
- Digitalisierungstoolbox: Die schnelle Entwicklung von Software, technologischer Infrastruktur und digitalen Tools macht es gerade für KMU schwer, den Überblick zu behalten. Digitalisierungstoolboxes mit Informationen und Testmöglichkeiten bieten einen niederschwelligen Zugang zu moderner Infrastruktur, passender Software und praxisnahen Tools und schaffen die Basis für die digitale Transformation von KMU.
TIPP: Chancen der Digitalisierung nutzen
Weitere Empfehlungen, wie Österreich künftig die Chancen der Digitalisierung besser nutzen kann, hat die WKÖ im Rahmen der Studie "Die Roadmaps der Digital Decade: Was Österreich von internationalen Best Practices lernen" kann entwickelt.
Das Wichtigste in Kürze:
- Bis 2030 sollen 90% der österreichischen KMU eine digitale Basisintensität erreicht haben. Derzeit schaffen das rund drei Viertel aller heimischen KMU.
- Die Digitalisierung eröffnet KMU etliche Vorteile, von der Steigerung der Effizienz bis zur Prävention von Problemen.
- Kosten, fehlende Kompetenz und regulatorische Anforderungen hemmen den digitalen Wandel in KMU.
- Länder wie Deutschland, Dänemark, die Niederlande oder Spanien fördern die digitale Transformation in KMU mit unterschiedlichen Maßnahmen. Diese Maßnahmen würden auch den Digitalisierungsgrad der österreichischen KMU steigern.
- 5 sinnvolle Maßnahmen: nationaler Fahrplan, zentrale Anlaufstelle für regulatorische Fragen, Ausbau der Digital Innovation Hubs, Junior-Digitalisierungs-Innovationswerkstätten und Digitalisierungstoolboxes.