Verursacher­prinzip: Wer verschmutzt, putzt

Die EU-Kommission bereitet eine Verschärfung des Verursacher­prinzips vor. Jürgen Streitner erklärt, was man dabei beachten sollte.


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  • Wirtschaftsexpert:innen
  • Game Changer:innen

Lesedauer:

2 Minuten

KolumnistIn: Jürgen Streitner

Breitbildaufnahme eines Industriegebiets vor aufgehender Sonne i
gefo | stock.adobe.com

Das Verursacherprinzip ist grundlegend für die Umweltpolitik. Seit Jahrzehnten wird damit ein großes Ziel verfolgt: Umweltbelastungen dem Verursacher aufzubürden. Was es bei der nun angedachten Verschärfung zu beachten gilt, erfährst du hier.

Im Artikel 191 Absatz 2 des "Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union" kann man sich direkt und 1:1 davon überzeugen: Das Verursacherprinzip gibt es schwarz auf weiß, es wird seit Jahrzehnten angewandt – und es wirkt. Die entscheidenden Worte sind recht gut versteckt und sind in der englischen Version besonders klar: "…and that the polluter should pay." Darum kürzen wir auch das Verursacherprinzip mit "PPP" ab, abgeleitet vom englischsprachingen "polluter pays principle".

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Was bedeutet das nun in der Praxis?

Letztlich geht es immer um Monetarisierung, das heißt, Umwandlung von Umweltbelastung in Geld bzw. Kosten für den Verursacher. Wie das geht, hängt vom Umweltbereich ab. In der Abfallpolitik wird etwa bestimmt, dass der Inverkehrbringer von Produkten wie zum Beispiel Verpackungen im Vorhinein für die spätere Verwertung (d.h. Sammlung, Behandlung, Recycling, thermische Verwertung, Deponierung) bezahlt. Daher haben wir heute eine Recyclingquote etwa von Papier und Metall von über 90 %.

Völlig anders sieht das etwa bei der Umwelthaftung aus: Hier wird etwa dem Verursacher die Sanierung des Umweltschadens aufgebürdet. Aber auch Steuern für den Energieverbrauch, Abgaben für die Deponierung von Abfällen, die Zulassung von Chemikalien, die Einhaltung von Emissionsgrenzwerten für Luft und Wasser und vieles mehr fallen unter das PPP. 

Für die Wirtschaft ist das Verursacherprinzip seit Jahrzehnten gewohnte Selbstverständlichkeit. Es bringt Belastungen und Chancen mit sich, die in einer ausgewogenen Balance sein sollten.

Jürgen Streitner, Leiter der Abteilung für Umweltpolitik in der WKÖ

EU-Emissionshandel als Parade-PPP-Instrument

Die reinste Form des praktisch angewandten Verursacherprinzips findet sich beim EU-Klimaschutz. Seit 2005 gibt es den EU-Emissionshandel, bei dem die definierten Verursacher, meist große Industrieanlagen und Energieerzeuger, die Wahl haben: Entweder sie kaufen zusätzliche Zertifikate (in Form von je einer Tonne Kohlendioxid-Äquivalent) oder sie reduzieren CO₂-Emissionen. Neu ist auch, dass die EU einen "Klimazoll" gegen jene Drittstaaten verhängen kann, in welchen deren Produkte geringere CO₂-Kosten verursachen. Diesen Kostenunterschied zu den EU-Unternehmen möchte man damit aufwiegen.  

Aktueller EU-Fitness-Check in Vorbereitung

Für die Wirtschaft ist das Verursacherprinzip seit Jahrzehnten gewohnte Selbstverständlichkeit. Es bringt Belastungen und Chancen mit sich, die in einer ausgewogenen Balance sein sollten. Ganz wichtig ist es, die Verantwortung für Umweltbelastungen mit den Konsument:innen zu teilen. Es kann nicht sein, dass Unternehmen dafür zahlen müssen, dass Einzelne ihre Plastikabfälle einfach in der freien Natur ablagern. Das sollte auch beim baldigen Fitness-Check der EU berücksichtigt werden.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Das Verursacherprinzip wird im EU-Recht geregelt und bedeutet, dass der/die Verursacher:in einer Verschmutzung für deren Beseitigung zahlen muss.
  • Ein Paradebeispiel für das Verursacherprinzip ist der EU-Emissionshandel, aber auch die Emissionsgrenzwerte für Luft und Wasser, Steuern für den Energieverbrauch oder Abgaben für die Deponierung von Abfällen fallen darunter.
  • Bei der anstehenden Verschärfung durch die EU-Kommission braucht es aus Sicht der Wirtschaft eine Balance der Verantwortung zwischen Unternehmen und Konsument:innen.