Geopolitik statt Handels­politik: Der USA-China-"Deal" als Atempause

Atempause statt Durchbruch – was der US-China-Deal für Österreich bedeutet.


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5

Minuten

AutorIn: Peter Draxler

Fahnen der USA und Chinas vor einem Containerlager im Sonnenuntergang, ki-generiert i
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Für die Weltwirtschaft ist der Deal von US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping nur eine Verschnaufpause. Zölle & Exportkontrollen bleiben – mit Folgen für Europa. Was der "Deal" vorsieht und wie sich Österreichs Unternehmen wappnen können.

Der viel beachtete Deal zwischen Donald Trump und Xi Jinping sorgt weltweit für Aufsehen – doch die Einigung ist mehr geopolitische Taktik als handelspolitischer Fortschritt. Zölle und Exportkontrollen bleiben bestehen, China verschiebt seine Maßnahmen lediglich. Was das für Europas Wirtschaft, besonders für exportorientierte Länder wie Österreich, bedeutet, haben wir mit den beiden WKÖ Wirtschaftsdelegierten Franz Rößler (Peking) und Thomas Moschig (Washington DC) besprochen.

Zölle und Exportkontrollen als geopolitische Machtinstrumente

Wie beurteilen Sie die Einigung zwischen US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping?

Franz Rößler: Statt Handelspolitik heißt es nun Geopolitik. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und den USA, aber auch mit Europa, sind geprägt vom rasanten Aufstieg Chinas als Wirtschafts- und Tech-Macht, einem selbstbewussterer Außenauftritt und einer Suche Chinas nach Verbündeten, das eher im Globalen Süden -  einer nicht genauen Abgrenzung von Entwicklungsländern oder Ländern mit Spannungen mit den USA. Handelspolitische Maßnahmen sind für China auch ein Instrument, um Chinas höhere Ziele zu erreichen.

Thomas Moschig: Ökonomisch gesehen bedeutet das Treffen vor allem eine Atempause: Beide Seiten haben ein Interesse, kurzfristig Spannungen zu reduzieren. Die tieferen Differenzen und strategischen Rivalitäten bleiben unverändert, sodass sich Unternehmen und Staaten wie Österreich weiter auf Unsicherheiten einstellen müssen. Trotz der großen medienwirksamen Ankündigungen beim Trump-Xi-Treffen gab es keine grundlegenden Durchbrüche oder dauerhaften Vereinbarungen. Die Kernprobleme im Handelskonflikt und den geopolitischen Spannungen bleiben bestehen. Die kurzfristige Entspannung durch das Trump-Xi-Treffen bietet zwar Erleichterungen, jedoch bleibt die Situation volatil, und Unternehmen müssen sich weiterhin auf Unsicherheiten einstellen.

SERVICETIPP: Info-Point US-Zölle

Was sind – in aller Kürze und so weit bisher bekannt – die wichtigsten Eckpunkte des aktuellen "Deals"?

Rößler: China hat im Wesentlichen zugesagt, weitere Exportkontrollen für Seltene Erden und Industriemagnete erst ein Jahr später einzuführen und mehr US-Produkte zu kaufen und hat im Gegenzug eine weitere Erhöhung von US-Zöllen auf chinesische Waren abwehren können. 

Auswirkungen auf Österreichs exportorientierte Wirtschaft

Wie wirkt sich der "Deal" auf die weltweiten Wirtschaftsbeziehungen aus?

Moschig: Die transatlantischen Beziehungen zwischen der EU und den USA sind maßgeblich von den globalen geopolitischen und geoökonomischen Entwicklungen abhängig, unter anderem von einer konstruktiven Wirtschaftsbeziehung der beiden größten Volkswirtschaften USA und China. Die Spannungen zwischen den Supermächten beeinflussen die globale Wirtschaftsordnung erheblich: Der Konflikt zwingt Europa, insbesondere exportorientierte Länder wie Österreich, sich auf eine veränderte geo-politische Realität einzustellen, in der Handelskrieg und Protektionismus herrschen.



Thomas Moschig, WKÖ Wirtschaftsdelegierter i
www.studiohuger.at

Zölle dienen längst nicht mehr nur als protektionistisches Steuerungswerkzeug, sondern werden strategisch eingesetzt, um politische Ziele durchzusetzen, Handelspartner zu disziplinieren und geopolitischen Druck aufzubauen.

Thomas Moschig, WKÖ Wirtschaftsdelegierter in Washington DC

Und was sagt das Verhandlungsergebnis über die aktuelle Weltlage aus?

Moschig: Zölle und Exportkontrollen sind die neuen geopolitischen Machtinstrumente: Zölle dienen längst nicht mehr nur als protektionistisches Steuerungswerkzeug, sondern werden strategisch eingesetzt, um politische Ziele durchzusetzen, Handelspartner zu disziplinieren und geopolitischen Druck aufzubauen. Die aktuelle protektionistische "America First"-Politik bewegt Handelspartner dazu, den USA Zugeständnisse zu machen. (Re-)Exportkontrollen haben sich von rein wirtschaftlichen Regulierungen hin zu entscheidenden außenpolitischen Instrumenten entwickelt. Die gezielte Beschränkung des Exports kritischer Technologien und Rohstoffe bringt technologische Souveränität, schafft Abhängigkeiten und verwehrt Handelspartnern den Zugang zu wichtigen Gütern. China nutzt solche Kontrollen gezielt im geopolitischen Wettbewerb mit den USA.

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WKÖ/DMC



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Rößler: China spielt ja in der weltweiten Produktion eine führende Rolle. Das Land stellt nicht nur fast 30% der Weltproduktion dar, sondern spielt in der globalen Wertschöpfungskette und bei Vormaterialien eine führende Rolle. Bei seltenen Erden und permanenten Industriemagneten daraus ist diese Abhängigkeit mit den seit April 2025 in Stufen eingeführten neuen Exportkontrollmaßnahmen sichtbar geworden. Diese Dual-use Prüfungen sollen offiziell Lieferungen an den militärischen Bereich ausschließen. Auch österreichische Hersteller im Automotiv- und Automatisierungsbereich kamen in Versorgungsschwierigkeiten, ihre chinesischen Lieferanten müssen deren Exporte genehmigen lassen.



Franz Rössler, WKÖ-Wirtschaftsdelegierter in Peking i
WKÖ/Nadine Studeny

Österreichische Anbieter müssen sich damit auf einen noch härteren Wettbewerb durch chinesische Anbieter einstellen, in China, in Europa und auch auf Drittmärkten.

Franz Rößler, WKÖ Wirtschaftsdelegierter in Peking

Man könnte die Einigung der beiden Präsidenten in Busan unter dem Motto 'zwei Schritte nach vorne und einer wieder zurück' zusammenfassen. So hat China bei den Seltenen Erden bloß zugesagt, die erst kurz zuvor (am 9. Oktober 2025, Anm.) verlautbarten Einschränkungen (für weitere Produkte, die in der Industrie verwendeten Technologien und die Extraterritorialität, Anm.) erst ein Jahr später anzuwenden. Die zuvor erlassenen Kontrollen bleiben aber bestehen, auch gegenüber Lieferungen in die EU und nach Österreich.

Wie sich Unternehmen auf geopolitische Risiken vorbereiten können

Wagen wir trotz aller Unsicherheit einen kurzen Blick nach vorne:

Rößler: Die Konflikte mit den USA haben in Peking den Drang verstärkt, sich noch autonomer aufzustellen und die eigene Abhängigkeit von ausländischen Zulieferungen zu vermindern. So wird der nächste 5-Jahres-Plan Chinas (2026 – 2030) eine weitere Stärkung der eigenen Fertigungsmöglichkeiten und einen weiteren technologischen Aufstieg vorsehen. Österreichische Anbieter müssen sich damit auf einen noch härteren Wettbewerb durch chinesische Anbieter einstellen, in China, in Europa und auch auf Drittmärkten. 

Wie können sich heimische Unternehmen hier wappnen?

Moschig: Für österreichische Unternehmen, insbesondere in Schlüsseltechnologien wie Halbleiter, KI und Quantencomputing, bedeutet die neue geopolitische Realität in Zukunft vor allem verstärkte und zentrale Anpassungsnotwendigkeiten. Dazu gehört einerseits eine sorgfältige Neubewertung der globalen Lieferketten und die Notwendigkeit der Diversifizierung jener, um Risiken durch geopolitische Spannungen zu minimieren. Andererseits braucht es erhöhte Compliance-Anforderungen, damit die Einhaltung von Exportkontrollen und Handelsbeschränkungen sichergestellt wird. Um regulatorische Risiken zu vermeiden, benötigen Unternehmen daher nicht nur umfangreiche rechtliche und regulatorische Kenntnisse, sondern auch Investitionen in leistungsfähige Compliance-Systeme und -Prozesse. So können sie sicherstellen, dass sie flexibel und regelkonform auf die dynamischen geopolitischen Herausforderungen reagieren.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der Trump-Xi-Deal ist nur eine Atempause: Die strukturellen Konflikte zwischen den USA und China bleiben bestehen.
  • China verschiebt Exportkontrollen für Seltene Erden um ein Jahr – die meisten Beschränkungen gelten aber weiter.
  • Zölle und Exportkontrollen werden zunehmend als geopolitische Machtinstrumente genutzt, nicht bloß als Handelswerkzeug.
  • Österreichische Unternehmen spüren die Folgen bereits: Lieferengpässe, neue Compliance-Pflichten und Anpassungsdruck.
  • Langfristig stärkt China seine Eigenproduktion – österreichische Betriebe müssen auf härteren globalen Wettbewerb reagieren.