Kollektiv­vertrag: Was ist das und warum brauchen wir ihn?

Österreich, Land der Kollektivverträge. Aber was hat es damit auf sich und wer verhandelt ihn?


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Wissenshungrige
  • Entrepreneur:innen

Lesedauer:

2 Minuten

AutorIn: Connie Wagenhofer

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Der Kollektivvertrag stellt soziale Mindeststandards und Wettbewerbsgleichheit für knapp 98 % aller Arbeitnehmer:innen sicher. Rund 450 Kollektivverträge werden jährlich verhandelt: Damit steht Österreich an der Weltspitze.

In Österreich gibt es, im Gegensatz zu Deutschland, keinen gesetzlich festgelegten Mindestlohn. Hier sind die Mindestlöhne in Kollektivverträgen (KV) geregelt. Während in Deutschland nur 54 % der Arbeitnehmer:innen durch Tarifverträge geschützt sind, steht Österreich mit 98 % gemeinsam mit Italien (100 %), Frankreich (98 %) und Belgien (96 %) an der Weltspitze.

Was aber ist ein Kollektivvertrag genau?

Kollektivverträge werden zwischen den Sozialpartnern für ganze Branchen oder große Betriebe verhandelt. Auf Arbeitnehmerseite steht meist der Gewerkschaftsbund (ÖGB), auf Arbeitgeberseite vor allem die Wirtschaftskammern. In den Verträgen werden Löhne und Gehälter samt Sonderzahlungen festgelegt, aber noch viele weitere soziale Mindeststandards.

Dazu gehören Arbeitszeiten und Schutzbestimmungen, aber auch ob Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt werden und ob der Heilige Abend und Silvester verkürzte Arbeitstage oder sogar dienstfrei sind. Ein KV muss im Betrieb aufliegen und jederzeit einsehbar sein. 

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Auch Detailregelungen werden festgehalten

Manche KV können sehr detailreich sein. So sieht der KV für Binnenschifffahrt vor, dass es Ersatz fürs Handy und andere Wertgegenstände gibt, wenn das Schiff untergehen sollte. Der Höchstbetrag für Schadenersatz liegt bei 3.600 Euro. Außer ein Tagesausflugsschiff sinkt: Dann sind es nur 1.000 Euro.

Wie wird ein Kollektivvertrag verhandelt?

Es kommt darauf an: Bei den jährlichen Lohnrunden des Handels und der Metallindustrie ist das Medieninteresse groß, ebenso die Runde der Verhandlungspartner:innen. Rund 50 Personen nehmen an den Verhandlungen teil, die sich bis zu zwei Monate ziehen können. Abschlüsse in diesen großen Branchen gelten auch oft als Orientierung für kleinere Branchen, in denen der KV-Abschluss durchaus auch bei einem Kaffee zwischen vier Personen entschieden werden kann.

Das Wichtigste in Kürze - der KV...

  • ...regelt Mindestlöhne und Basisgehälter
  • ...legt Sonderzahlungen und Schutzbestimmungen fest
  • ...definiert Arbeitszeiten im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes
  • ...schützt vor Lohndumping
  • ...sorgt für gleiche Wettbewerbsbedingungen
  • ...sichert soziale Mindeststandards
  • Angesichts der enorm herausfordernden Situation für Haushalte und Unternehmen wird es bei den heurigen KV-Verhandlungen in besonderem Maße Verantwortungsbewusstsein und Augenmaß der Verhandlungspartner benötigen.