Österreich leidet unter dem Fachkräftemangel. Große Hoffnungen setzen heimische Unternehmen in qualifizierte Zuwanderer:innen aus dem Ausland. Doch besonders Fachkräfte aus Drittstaaten kämpfen mit langen Wartezeiten und viel Bürokratie. Wir haben drei Fachkräfte aus Nicht-EU Staaten zu Ihren Erfahrungen befragt.
Wenn die heimische Politik nicht gegensteuert, fehlen dem österreichischen Arbeitsmarkt bis 2040 wie berichtet rund 363.000 Arbeitskräfte zusätzlich. Ein wichtiger Hebel können hier Arbeitskräfte aus dem Ausland sein. Mit der Rot-Weiß-Rot-Karte wurde eines der wirksamsten Instrumente gegen den Arbeitskräftemangel in den vergangenen Monaten reformiert. Der Blick in die Praxis zeigt aber, dass die betroffenen Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen noch immer mit hohen bürokratischen Hürden zu kämpfen haben. Die größten Hürden: Hohe Ablehnungsquoten für Visaanträge trotz erfüllter Voraussetzungen, und wenig Digitalisierung.
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Jetzt zum Newsletter anmelden!So erlebten Fachkräfte aus Drittstaaten ihren Umzug nach Österreich
- Davit, 29, Brand und Event Manager aus Armenien: Transparenz fehlt
"Ich lebe und arbeite in Österreich auf Basis der Rot-Weiß-Rot (RWR)-Karte plus, die ich nach 10 Monaten erhalten habe. Das hat mich überrascht, da ich bereits vor dem Antrag auf RWR-Basis hier gearbeitet hatte und unbedingt Klarheit für mich und meinen Arbeitgeber brauchte. Leider ist der Prozess im Vergleich zu anderen EU-Staaten nicht digitalisiert und sehr intransparent – willkommen habe ich mich jedenfalls zu keiner Zeit gefühlt." - Ivy, 35, Marketing Spezialist aus den USA: Großer Aufwand nötig
"Ich habe die Erfahrung gemacht, dass österreichische Unternehmen ihren Bedarf an ausländischen Fachkräften nur mit großem Aufwand rechtfertigen können. Selbst dann dauert die Erneuerung einer RWR- oder RWR-Plus-Karte sehr lange, in meinem Fall 6 Monate. Leider habe ich auch in dieser Phase keine Statusmeldungen erhalten, man muss also immer selbst am Ball bleiben und auf jedes Detail achten. Eine große Hilfe war und ist für mich das Netzwerk und die Beratung von Self Employed Austria." - Anastasia, 32, Marketing Managerin aus Russland: Informationssuche ist schwierig
"Ich studierte internationales Marketing in St. Petersburg und habe hier nach 2,5 Monaten Verfahrensdauer ein Jobseeker-Visum für hoch qualifizierte Fachkräfte erhalten. Der Weg dahin war nicht leicht, denn die offiziellen Informationen zu diesem Visa-Typ sind nicht sehr präzise und teilweise auch widersprüchlich. Außerdem hat die zuständige Behörde meinen Antrag trotz erreichter Punktezahl abgelehnt – erst nach Einspruch und erneuter Erbringung aller Nachweise habe ich mein Visum für 6 Monate doch noch bekommen."
WKÖ und Ministerium gemeinsam gegen Fachkräftemangel
Aus Sicht vieler Expert:innen ist die Attraktivierung Österreichs für internationale Arbeitskräfte eine wesentliche Standortfrage. Deswegen wollen die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und das Wirtschaftsministerium den heimischen Arbeitsmarkt gemeinsam noch stärker international bewerben. Auch die Austrian Business Agency und das AMS sollen in diese Bemühungen einbezogen werden. Denn auch andere EU-Länder werben um Fachkräfte aus Drittstaaten. Hohe Lebensqualität, gute Infrastruktur, soziale Absicherung, intakte Umwelt, hohes Kaufkraftniveau sind sicherlich gute Argumente für Österreich. Nachholbedarf herrscht aber – wie unsere Beispiele zeigen – noch im Bereich der teils überbordenden heimischen Bürokratie.
Das Wichtigste in Kürze:
- Österreich braucht Fachkräfte, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben – bis 2040 droht eine zusätzliche Lücke von 363.000 Beschäftigten.
- Österreich wirbt deswegen künftig auch im Ausland verstärkt um qualifizierte Arbeitskräfte.
- Fachkräfte aus Drittstaaten bemängeln aktuell noch mangelnde Digitalisierung und unklare Zuständigkeiten.
- Die wichtigsten Infos rund um die Themen internationale Fachkräfte in Österreich und RWR-Karte findest du bei der Austrian Business Agency und auf WKO.at.