Der Ruf nach neuen Steuern als Allheilmittel gegen Budgetprobleme mag bequem sein – eine gute Idee ist er nicht. Denn die wirtschaftlichen Kollateralschäden wären erheblich.
Der Ruf nach einer Wiedereinführung der Erbschaftsteuer, der Vermögensteuer - oder beiden – ist nicht neu, sondern fast eine Art widerhallendes Echo aus der Vergangenheit. Schließlich sind beide Steuern, aus gutem Grund, in Österreich vor vielen Jahren abgeschafft worden.
Ruf nach Eigentumssteuern als Budgetlösung – ein Trugschluss
Aktuell versuchen sie, als vermeintliches Allheilmittel für eine Budgetkonsolidierung zu reüssieren. Man nehme damit nur den Vermögendsten etwas weg, was sie ohnehin nicht spüren würden. Und auch die breite Masse käme ungeschoren davon, so die Beteuerungen. Doch der Schein trügt.
Erbschaftsteuer und ihre Belastung für Unternehmen in Österreich
Eine Erbschaftsteuer etwa würde Unternehmen massiv schaden. Eine aktuelle WU-Studie zeigt, dass das im Vorwahlkampf ins Spiel gebrachte Modell für eine neue Erbschaftsteuer ein Unternehmen im Durchschnitt mit 17,35 Millionen Euro belasten würde. Das so belastete Unternehmen müsste 11 Jahresgewinne zum Abstottern der Erbschaftsteuer aufwenden.
VIDEO: Wachstumsbremse Erbschaft- und Vermögensteuer
Österreich diskutiert erneut über die Einführung von Erbschaft- und Vermögensteuern. Doch warum kommen solche Vorschläge überhaupt auf den Tisch, und welche Folgen hätte eine Wiedereinführung? Das erklärt Ralf Kronberger, Leiter der Abteilung Finanz- und Steuerpolitik in der WKÖ, in diesem Video.
Warum Norwegen und Schweden die Erbschaftsteuer abgeschafft haben
Anders gemessen würde das durchschnittliche Eigenkapitel des Unternehmens zweimal aufgebraucht werden. Auch Länder wie Norwegen und Schweden, beides Staaten mit ausgeprägten Sozialsystemen, haben die Erbschaftsteuer nicht zuletzt aus diesen Gründen abgeschafft. Argumente waren u.a. fehlende Fairness, negative Liquiditätswirkungen bei Betriebsübergaben, Belastung des Mittelstandes, geringe Umverteilungswirkung und ein hoher administrativer Aufwand.
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Jetzt zum Newsletter anmelden!Die Vermögensteuer als Wachstumsbremse für Unternehmen
Aber auch die Vermögensteuer ist gemäß ihrer Natur eine Substanzsteuer, mit allen schädlichen Nebenwirkungen. Selbst wenn das Unternehmen oder das gesamte Vermögen keine Erträge erwirtschaftet, wäre die Steuer zu entrichten. Die Konsequenz ist, dass sich das Vermögen bzw. das Eigenkapital des Unternehmens vermindert. Das bis vor kurzem stärker inflationäre Umfeld würde das Vermögen weiter real reduzieren. Unnötig zu sagen, was das für Investitionen und Arbeitsplätze bedeutet.
Die Vermögensteuer wurde in Österreich im Jahr 1994 daher aus gutem Grund abgeschafft. Denn zum Zeitpunkt ihrer Abschaffung hatten die Unternehmen 80% des Aufkommens getragen.
Schon die Diskussion um zusätzliche Steuern kann in einer solchen Gemengelage zu Recht als gefährliche Drohung für den Standort aufgefasst werden.
Besteuerung von Vermögenszuwächsen bereits implementiert
Hinzu kommt: Dass Vermögen in Österreich nicht besteuert wird, wie manche gern behaupten, stimmt so nicht. Mit den Konsolidierungspaketen in den 2010er-Jahren wurden zwei Vermögenszuwachssteuern eingeführt: die Immobilienertragsteuer und die Besteuerung von Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen. Ebenso wurden unentgeltliche Immobilienübertragungen mit der Grunderwerbsteuer belastet, was de facto wie eine Erbschaftsteuer wirkt. Seither nimmt der Fiskus mit diesen drei Steuern zusätzliche 1,5 Milliarden Euro ein.
Umverteilung und Gerechtigkeit – das Beispiel Österreichs
Und wie sieht es mit der viel zitierten Gerechtigkeit aus? Oft wird ja argumentiert, dass Eigentumsteuern eine gerechtere Verteilung bringen würde. Sogar angelsächsische Staaten wie Großbritannien oder die USA hätten einen höheren Anteil an vermögensbezogenen Steuern als Österreich. Aber gerade bei diesen Staaten ist die Umverteilung bei den Einkommen viel niedriger als in Österreich. Schließlich ist es das laufende Einkommen und nicht das Vermögen, aus dem die meisten Menschen ihr Leben bestreiten. Das laufende Einkommen ist laut dem sogenannten Gini-Koeffizienten der OECD, einem Gradmesser für gleiche oder ungleiche Verteilung, in Österreich nach Steuern und Subventionen deutlich gleicher verteilt (0,28) als etwa in den zuvor erwähnten Ländern mit 0,35 und 0,38.
Hintergrund: Der Gini-Koeffizient...
...misst die Ungleichverteilung von Einkommen oder Vermögen in einer Gesellschaft und liegt zwischen 0 und 1, wobei 0 völlige Gleichheit und 1 maximale Ungleichheit bedeutet. Je höher der Wert, desto ungleicher ist die Verteilung.
KARTE: Vermögensverteilung im OECD-Raum
Überblick über die Höhe des Gini-Koeffizienten in europäischen OECD-Staaten im Jahr 2021 (Ausnahme: Deutschland und Schweiz: Stand 2020).
Wirtschaftswachstum und Konsum in Gefahr durch Eigentumssteuern
Und zu guter Letzt: Brächten Eigentumssteuern wirklich die kolportierten hohen Summen ein? Daran darf gezweifelt werden. Bei Erbschafts- und Vermögensteuer würden notwendige Ausnahmen und Freibeträge, Kapitalflucht und hohe Administrationskosten das mögliche Steueraufkommen deutlich reduzieren. Allzu gewiss ist dagegen aber, dass zusätzliche Belastungen – und nichts anderes wären solche Steuern – das dringend benötigte Wirtschaftswachstum bremsen.
Den Unternehmen würden Gewinne wegbesteuert werden, die sie eigentlich für das Wirtschaften – für Investitionen - brauchen würden. Den Privaten fehlt dieses Geld für den Konsum. Wir befinden uns in der längsten Rezession der Nachkriegszeit. Schon die Diskussion um zusätzliche Steuern kann in einer solchen Gemengelage zu Recht als gefährliche Drohung für den Standort aufgefasst werden.
Das Wichtigste in Kürze:
- Neue Eigentumssteuern könnten erheblichen wirtschaftlichen Schaden anrichten und Unternehmen sowie Konsum belasten.
- Eine Erbschaftsteuer würde Betriebe massiv belasten und ihre Liquidität stark beeinträchtigen.
- Norwegen und Schweden haben ihre Erbschaftssteuern abgeschafft, um mittelständische Unternehmen zu schützen.
- Bereits bestehende Vermögenszuwachssteuern bringen Österreich jährlich etwa 1,5 Milliarden Euro ein.
- Zusätzliche Eigentumssteuern könnten das ohnehin schwache Wirtschaftswachstum weiter bremsen.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Kommentar ist erstmalig am 2. November 2024 auf profil.at erschienen.