Welche Konflikte Österreichs Wirtschaft 2024 beeinflussen werden

Das sollten Unternehmen 2024 beachten, wenn sie sich auf die geopolitischen Veränderungen einstellen wollen.


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Lesedauer:

3 Minuten

AutorIn: Connie Wagenhofer

Ein Mann steht vor einer Monitorwand i
VERTEX SPACE | stock.adobe.com

Kriege und Umbrüche in anderen Teilen der Welt bringen Veränderungen für Österreichs Unternehmen, die im Risikomanagement berücksichtigt werden müssen. 2024 solltest du vor allem diese Konflikte im Auge behalten.

Kriege bringen nicht nur menschliches Leid in die Konfliktregionen. Sie haben meist auch großen Einfluss auf die Weltwirtschaft und damit häufig auch auf heimische Unternehmen.

Deutlich hat das der russische Angriffskrieg auf die Ukraine gezeigt: Die Energiepreise sind in die Höhe geschnellt, was die energieintensiven heimischen Industriesparten bis heute belastet. Die Exporte in die Russische Föderation sind eingebrochen. 

Eskalation im Nahen Osten als geopolitisches Risiko

Der Kriegszustand in Israel hatte bisher, entgegen früheren Befürchtungen, keine dramatischen, wirtschaftlichen Folgen. "Die meisten Experten sind sich einig, dass der Konflikt zurzeit wenig Auswirkungen auf die Energiepreise und damit auf die Weltwirtschaft hat", sagt Christian Kesberg, der sich in der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA, der Außenwirtschaftsorganisation der WKÖ, mit Geopolitik-Themen befasst. Das gelte auch für Österreich: "Für einzelne österreichische Unternehmen kann es Nachteile geben, aber für die heimische Volkswirtschaft sind derzeit keine negativen Folgen abzusehen." 

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Ukraine im Zermürbungskrieg

In der Ukraine ist die militärische Konfrontation seit dem Angriff Russlands im Februar 2022 zu einem Zermürbungskrieg geworden, dessen Ende nicht in Sicht ist. "Auch hier muss man das Risiko einer versehentlichen oder absichtlichen Eskalation in die Szenarien hineindenken", sagt Kesberg. Als nicht unwahrscheinlich gelten zum Beispiel asymmetrische russische Vergeltungsschläge in Form von Cyberangriffen gegen den Westen.

Chancen beim Wiederaufbau der Ukraine 2024 vorbereiten

Doch wo Gefahren lauern, bieten sich auch oft Chancen. In der Ukraine sind bereits jetzt und erst recht in Zukunft Wiederaufbauarbeiten nötig: Die Infrastruktur muss wieder hergestellt, Wohnbauten errichtet, Produktionsanlagen und die Landwirtschaft modernisiert und Erneuerbare Energien ausgebaut werden. Alle  diese Bereiche sind Stärkefelder österreichischer Unternehmen. Insgesamt schätzt die Weltbank Wiederaufbaubedarf auf mindestens 450 Milliarden Euro.

Georg Weingartner, WKÖ-Wirtschaftsdelegierter in Kyjiw i
AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA

Die Firmen stehen in den Startlöchern und bereiten sich schon aktiv vor.

Georg Weingartner, WKÖ-Wirtschaftsdelegierter in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw

"Die Firmen stehen in den Startlöchern und bereiten sich schon aktiv vor", berichtet Georg Weingartner, WKÖ-Wirtschaftsdelegierter in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw. Betriebe können bereits jetzt Kontakte halten oder neu knüpfen und Vertriebspartner und Strukturen aufbauen. "Damit können die Unternehmen schnell durchstarten, wenn es so weit ist", sagt Weingartner.

Länderinformationen der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA

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TIPP: Die konfliktträchtige Beziehung zwischen China und Taiwan beleuchtet auch die Folge "China: Bedrohung oder Chance?" des neuen Vodcasts LOOKAUT AUSSENWIRTSCHAFT.

Wiederaufbaumesse 2024 und humanitäres Engagement

Eine gute Gelegenheit zur Vernetzung bietet sich bei Wiederaufbaumessen, etwa bei der nächsten REBUILD UKRAINE im November 2024. Humanitäres Engagement helfe dabei, Beziehungen herzustellen, sagt Weingartner. Das sei entweder durch Sachspenden, durch Unterstützung vor Ort oder die Unterstützung von Veteranen und Kriegsopfern möglich. "Ich kenne hier großartige Beispiele von Unternehmen, die zum Beispiel Verwundete speziell anlernen", sagt Weingartner, "so etwas wird in der Ukraine nicht vergessen."

Wie sich der China-Taiwan-Konflikt auswirken könnte

Auch in anderen Weltgegenden schwelen Konflikte, von denen zu befürchtet ist, dass sie früher oder später zu einer militärischen Konfrontation eskalieren. Ein Beispiel dafür sind Chinas Drohgebärden gegenüber Taiwan. Dort werden im Jänner 2024 Präsident und Parlament gewählt. "Vor dem Hintergrund der Rivalität zwischen China und den USA wird der Ausgang dieser Wahlen sehr genau beobachtet", sagt Kesberg.

Ein Militärschlag Chinas gegen Taiwan, aber auch schon eine Seeblockade könnte zu Sanktionen führen, die Importe und Exporte von und nach China erschweren. Damit würden Lieferschwierigkeiten auch heimische Betriebe lähmen und Umsätze einbrechen lassen. "Unternehmen versuchen schon seit den Versorgungsengpässen der Pandemie, ihre Abhängigkeit von chinesischen Lieferanten zu reduzieren", sagt Kesberg. Neue Investitionen für Produktionen fließen bereits vermehrt nach Südostasien, aber auch Länder wie Brasilien, Südafrika oder Südkorea werden als Partner immer wichtiger.  

Christian Kesberg i
AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA

Nach der relativen 'Ruhe' der letzten 30 Jahre werden geopolitische Risiken vermutlich von vielen Unternehmen unterschätzt.

Christian Kesberg, Geopolitik-Experte in der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA

Die neue Blockbildung in die Risikobetrachtung aufnehmen

Die Abhängigkeit von chinesischen Liefermonopolen ist auch aus anderen Gründen nicht ungefährlich. Wo lange Zeit geopolitische Stabilität globales Wachstum förderte, und langfristiges Planen ermöglichte, rittern heute die USA und China um politische, militärische und wirtschaftliche Vorherrschaft.

"Angesichts der drohenden Lagerbildung ist eine selektive Diversifizierung von Lieferketten keine dumme Idee", sagt Kesberg, "China bleibt ein riesiger und spannender Markt, dem niemand den Rücken kehren will, aber es wird Zeit, mehr Geld und Energie in Alternativen zu investieren – gleichgültig, ob es um Absatzmärkte, den Einkauf oder Produktionsstandorte geht."

Geopolitische Faktoren werden Bestandteil des Risikomanagements

"Nach der relativen 'Ruhe' der letzten 30 Jahre werden geopolitische Risiken vermutlich von vielen Unternehmen unterschätzt", sagt Kesberg. Österreichische Unternehmen, die international tätig sind, seien gut beraten, sich stärker mit diesen Gefahren und Spannungen zu befassen. Ein allgemeingültiges "Erfolgsrezept" gebe es aber nicht.

"Jedes Unternehmen ist unterschiedlich exponiert", sagt Kesberg, "es kommt darauf an, welche Absatzmärkte und welche Lieferanten es hat." Zentral seien im Risikomanagement ein Frühwarnsystem und Notfallpläne für 2-3 sehr unternehmensspezifische Risikoszenarien. 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der Krieg zwischen Israel und der Hamas wirkt sich 2024 kaum auf Österreichs Wirtschaft aus.
  • Weitet sich der Krieg im Nahen Osten aus, dann kann das zu Problemen für die Weltwirtschaft führen.
  • Das Ende des Krieges in der Ukraine ist noch nicht in Sicht. Sich 2024 (wie schon 2023) auf den Wiederaufbau vorzubereiten, kann für österreichische Unternehmen sinnvoll sein.
  • Der Konflikt, den China mit Taiwan hat, kann zu neuen Risiken für österreichische Unternehmen führen.
  • Die Blockbildung zwischen den USA und China treibt Umbrüche in der Weltwirtschaft 2024 weiter.
  • Weniger in China zu investieren und sich unabhängiger von seinem Markt und dortigen Lieferanten zu machen, wird sich als Trend 2024 fortsetzen.
  • Wegen der weltweiten Umbrüche und Krisen sollten international tätige Unternehmen geopolitische Risiken in ihren Risikoszenarien noch stärker berücksichtigen.