Sinkende Wertschöpfung, steigende Baukosten und ein Rückgang der Fertigstellungsquote beim Wohnungsbau: Wir liefern dir die konkreten Zahlen zur Bauwirtschaft - und mögliche Lösungsansätze.
Wenn von der Bauwirtschaft als Wirtschaftsmotor in Österreich gesprochen wird, dann ist das keine Übertreibung. Ein Blick auf die Zahlen bestätigt das: Von rund 310.000 Beschäftigten in 40.400 Unternehmen wird eine Bruttowertschöpfung von fast 23 Milliarden Euro generiert. Hinter all dem steht jedoch ein großes ABER.
Prognosen unterstreichen nämlich, dass sich die Entwicklung entlang mancher Indikatoren einbremst bzw. sogar nach unten zeigt.
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Jetzt zum Newsletter anmelden!Die Herausforderungen: hohe Energiepreise, hohe Lohnkosten, sinkende Aufträge, regulatorische Verschärfungen (zum Beispiel bei der sogenannten Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) und das Zinsumfeld aufgrund der EZB-Zinspolitik, was Kredite auch für Privatpersonen teurer macht.
Wir haben besagte Entwicklungen zum Anlass genommen, um uns die Situation der Baubranche in Österreich einmal genauer anzuschauen.
Bruttowertschöpfung: Bauwirtschaft als Sorgenkind
Wirft man einen Blick auf die Entwicklung in den vergangenen Jahren, so zeigt sich, dass die Bauwirtschaft bereits seit einiger Zeit zum Sorgenkind verkommen ist. Die obenstehende Grafik zeigt die Entwicklung der Bruttowertschöpfung im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr. Der Baubranche ist dabei die Entwicklung über alle Wirtschaftsbereiche hinweg gegenübergestellt.
GRAFIK: Reale Bruttowertschöpfung relativ zum Vorjahr
Und die Lage ist eindeutig: Während in vier von fünf Jahren über alle Wirtschaftsbereiche hinweg ein (auch wenn dieses 2024/25 gering ausfällt) Wachstum verzeichnet wird, kommt es 2024 zu einem Wertschöpfungseinbruch in der Baubranche von -3,5 %. Und obwohl die Prognose zeigt, dass es 2025 zumindest nicht zu einem Einbruch kommt, so stagniert die Entwicklung nichtsdestotrotz.
Hohe Baukosten als zusätzliche Belastung
Seit 2020 haben sich die Baukosten in der gesamten Baubranche massiv erhöht. Ein Blick auf den Baukostenindex unterstreicht das, der seitdem um knapp ein Viertel (23 %) zugelegt hat. Dies betrifft sowohl Siedlungs- und Wohnungsbau, Brückenbau, Straßenbau und Siedlungswasserbau, sprich Wasserver- und -entsorgung.
Die Gründe dafür sind vielfältig und lauten unter anderem Lieferengpässe, Energiekosten, Materialkosten bzw. momentanes Zinsumfeld. Diese Rahmenbedingungen haben auch Auswirkungen darauf, wie viel überhaupt gebaut bzw. fertiggestellt wird.
Konkret in Wohnungen ausgedrückt: Während 2022 noch 62.300 fertiggestellt wurden, werden es 2026 nur mehr 46.400 sein - was einem Rückgang um 25 % entspricht. Dieser Mangel an "Betongold" schlägt sich aber auch noch an anderer Stelle nieder, nämlich am Arbeitsmarkt.
Alle Infos im Branchenfokus Bauwirtschaft
Wie genau es um die Baubranche in Österreich steht, kannst du im "Branchenfokus Bauwirtschaft" der Abteilung für Wirtschaftspolitik in der WKÖ nachlesen.
Entwicklungen haben Auswirkungen auf Arbeitsmarkt
Die Konjunktur schlägt sich auch in der Beschäftigung innerhalb der Baubranche nieder. Laut dem Dachverband der Sozialversicherungsträger sinkt die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten im Bauwesen bereits seit August 2023. Im November 2023 lag sie um 3.500, im Dezember 2023 um 2.300 unter dem Vorjahresniveau - Status Quo weiterhin negativ.
Dagegen stieg die Arbeitslosigkeit stark an. Im Jahr 2023 gab es in der Branche AMS-Daten zufolge durchschnittlich um 5,7 % mehr Arbeitslose (inkl. Schulungsteilnehmer:innen) als im Vorjahr. Dieser Anstieg lag deutlich über jener in der Gesamtwirtschaft (+2,6 %).
Im Jänner 2024 stieg die Arbeitslosigkeit (inkl. Schulungsteilnehmer:innen) relativ zum Vorjahresmonat um 6,6 %.
Weiters kann die Situation auch zu einer Kettenreaktion führen, da viele Branchen an der Bauwirtschaft hängen, zum Beispiel die Holzindustrie oder auch Baunebengewerbe wie Maler:innen, Installateur:innen, Fliesenleger:innen oder Tischler:innen.
GRAFIK: Bauprognose Österreich
Veränderung des realen Bauvolumens gegenüber dem Vorjahr
An welchen Punkten aber kann angesetzt werden, um der Bauwirtschaft unter die Arme zu greifen, die Auftragsbücher zu füllen und die Bauleistungen wieder nach oben zu bringen? Hier gibt es eine Vielzahl an Vorschlägen.
Lösungsansätze für eine Stützung der Branche
Das momentane Zinsumfeld bewirkt, dass der kapitalgewichtete Durchschnittszinssatz für neu abgeschlossene private Wohnbaukredite von 1,18 % im Jänner 2021 auf 4,16 % im November 2023 gestiegen ist - mit allen Auswirkungen auf die Baukonjunktur. Im diskutierten Maßnahmenbündel befindet sich deshalb unter anderem ein Eigenheimbonus von bis zu 100.000 Euro bzw. 20 % der Investition für das erste Eigenheim als Hauptwohnsitz.
Weitere Maßnahmen wären:
- Sondermittel des Bundes für die Wohnbauförderung (für geförderten Mietwohnbau),
- eine Entschärfung der Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V),
- ein Sanierungsbonus (Abzugsfähigkeit von Sanierungskosten nach italienischem Modell) sowie
- vorzeitige bzw. erhöhte Abschreibemöglichkeiten für gewerbliche Errichter.
Das Wichtigste in Kürze:
- Die Entwicklungen in der Bauwirtschaft drohen, den starken Konjunkturmotor weiter zu drosseln.
- Die Bauindustrie ist für eine Bruttowertschöpfung von fast 23 Milliarden Euro verantwortlich.
- 2024 kommt es jedoch zu einem Wertschöpfungseinbruch von -3,5 %.
- Während 2022 noch 62.300 Wohnungen fertiggestellt wurden, werden es 2026 nur mehr 46.400 sein.
- Die Lage in der Bauindustrie hat auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.