Darum boomt die Lehre

Die Zahl der Lehranfänger:innen ist 2022 sprunghaft angestiegen. Das hat handfeste Gründe.


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  • Lehrlinge
  • Ausbildende

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Minuten

AutorIn: Connie Wagenhofer

Tischlerlehrlinge bei der Arbeit i
Atelier 211 | stock.adobe.com

Nach einer aktuellen Umfrage sind Lehrlinge zufrieden mit ihrer Ausbildung und schätzen ihre Berufschancen hoch ein. In der breiten Öffentlichkeit ist das noch zu wenig angekommen.

Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels liegt es auf der Hand: Das Motto "Karriere mit Lehre" ist aktueller denn je. Zusätzlich machen die Modernisierung der Lehrinhalte und neue Vermittlungsmethoden die duale Ausbildung interessant für junge Menschen. Das belegt ein deutliches Plus bei den Lehrlingszahlen im Jahr 2022. Doch Österreichs Unternehmen würden noch mehr Lehrlinge aufnehmen und werben bereits jetzt um die Schulabgänger:innen 2023.

Wir haben mit Melina Schneider, der Leiterin der Abteilung Bildungspolitik in der WKÖ, darüber gesprochen, warum die Lehre so boomt und wie dieser Ausbildungsweg künftig noch attraktiver wird:

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WKÖ/DMC

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"Man kann fast von einem Ansturm auf die Lehre sprechen: Nach vorläufigen Zahlen haben 8 % mehr junge Leute 2022 mit einer Lehre angefangen als 2021. Womit erklären Sie sich die Beliebtheit der Lehre?"

Ja, wir hatten im Vorjahr tatsächlich so viele Lehranfänger:innen wie zuletzt vor 9 Jahren! Österreichs Lehrlinge erhalten mit der dualen Ausbildung eine weltweit konkurrenzfähige Qualifikation, um die uns viele andere Länder beneiden. Und das wissen die jungen Menschen in der Ausbildung. Nach einer Umfrage, die die WKÖ beim Meinungsforschungsinstitut market in Auftrag gegeben hat, sind 73 % der Lehrlinge mit ihrer Ausbildung zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Sie lernen praxisnah, erledigen interessante Tätigkeiten und verdienen schon während ihrer Ausbildung. Zudem schätzen 82 % ihre Jobchancen als gut oder sehr gut ein.

"Mit welchem Einkommen kann man während einer Lehre rechnen?"

Die letzten KV-Abschlüsse großer Branchen haben gezeigt, dass der Lehrlingsausbildung hoher Stellenwert eingeräumt wird. Das spiegelt sich in deutlich höheren Lehrlingseinkommen wider. So werden die Lehrlingseinkommen der Metallindustrie bis November 2024 in drei Etappen auf bis zu 2.110 Euro im vierten Lehrjahr erhöht. Im Metallgewerbe können sich Lehrlinge je nach Lehrjahr zwischen 730 und 1.600 Euro erwarten.

Melina Schneider, Leiterin der Abteilung Bildungspolitik in der WKÖ i
WKÖ/Nadine Studeny

Die hohe Zufriedenheit der Lehrlinge mit ihrer Ausbildung zeigt: Nicht die Lehre, sondern das Bild in der Öffentlichkeit muss sich wandeln.

Melina Schneider, Leiterin der Abteilung Bildungspolitik in der WKÖ

"Geld ist wichtig, aber nicht alles. Das Image der Lehre hinkt immer noch hinter einem akademischen Abschluss her."

Die Lehre verändert sich hinsichtlich der Lehrinhalte, der Didaktik und der Karriereoptionen so rasch, dass die öffentliche Wahrnehmung damit nicht schritthält. Beispielsweise setzen 2 von 3 Ausbildungsbetrieben bereits digitale Medien ein, Tendenz steigend. Bei den jungen Menschen kommt das gut an: Laut der market-Umfrage finden mehr als 7 von 10 Lehrlingen digitales Lernen hilfreich. Doch vor allem eine ältere Generation hat noch ein veraltetes Bild von der Lehre. Es ist uns daher ein echtes Anliegen, für die Anerkennung der Lehre zu sorgen, die sie verdient.

"Was bedeutet das konkret?"

Zum einen sollen auch Berufsausbildungen zu formal anerkannten höheren Abschlüssen führen, so wie man das aus dem akademischen Bereich kennt. Mit einem diesbezüglichen Gesetzesentwurf zur Höheren Beruflichen Bildung ist die Regierung auf der Zielgeraden. Und zum anderen setzen die Wirtschaftskammern viele Maßnahmen, die das Bild der Lehre verändern und junge Menschen für einen der mehr als 200 Lehrberufe begeistern sollen. 

Lernplattform wîse up

In vielen Unternehmen ist digitales Lernen schon selbstverständlich. wîse up, die digitale Aus- und Weiterbildungsplattform der österreichischen Wirtschaftskammern, macht den Einstieg mit einer Fülle an qualitätsgesicherten Inhalten leicht. 

Hier kannst du die Lernplattform jetzt kennenlernen!

So starten wir im März 2023 im Rahmen des "European Year of Skills", dem europäischen Jahr der Kompetenzen, mit der "Skills Week Austria". Wir wollen zeigen, was Österreich alles draufhat, so wie es die sensationellen Medaillen-Erfolge vom Team Austria bei WorldSkills gezeigt haben. Da haben unsere jungen Fachkräfte 6-mal Gold, 2-mal Silber, 4-mal Bronze und 20 Medallions for Excellence geholt.

"Teenager, die sich für einen Ausbildungsweg entscheiden müssen, stecken oft mitten in der Pubertät und lassen sich nur schwer begeistern. Wie erreichen Sie die?"

Indem wir Berufe mit modernsten Mitteln erlebbar machen. In allen Schulen können Jugendliche heute mit VR-Brillen eine Vielzahl von Berufen kennenlernen. Sie "beamen" sich quasi an die Arbeitsplätze und können sich dort umsehen. Außerdem zeigt unsere Umfrage, dass Jugendliche sehr wohl umfassend interessiert sind. 75 % der Schüler:innen bewegt das Thema "Green Skills", sie haben Interesse an Jobs mit Umwelt-Fokus. Viele Lehrberufe sind die ideale Grundlage, um die Klimawende praktisch umzusetzen. 

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • 73 % der Lehrlinge in Österreich sind mit ihrer Ausbildung (sehr) zufrieden.
  • Allerdings wünschen sich 47 % mehr Anerkennung und Respekt für die Lehre in der Öffentlichkeit.
  • 82 % der Lehrlinge schätzen ihre Jobaussichten gut oder sehr gut ein.
  • Das Lehrlingseinkommen ist durch die aktuellen KV-Abschlüsse in vielen Branchen deutlich gestiegen.
  • Im März 2023 starten die WKÖ die "Skills Week Austria", die Talente, Berufe und die Möglichkeiten von Aus- und Weiterbildung zeigt und außerdem viele Gelegenheiten zum Mitmachen bietet.
  • 75 % der Schüler:innen interessieren sich für Jobs, die "Green Skills" erfordern.
  • Digitale Medien spielen eine wichtige Rolle bei der Lehrlingsausbildung und helfen bei der zeitgemäßen Vermittlung von Inhalten.