Von welchen Lernzielen Kinder für das ganze weitere Leben profitieren, erklärt Bildungspsychologin Christiane Spiel im MARI€-Kurzinterview.
Die Geburtenrate liegt in Österreich laut Statistik Austria bei 1,48 %. Viele Kinder haben also keine Geschwister. Nach einer Statistik des Landes Oberösterreich leben 30 % der Kinder als Einzelkinder. Stimmt die Annahme, dass der Kindergarten bzw. auch schon die Kinderkrippe gerade für Einzelkinder wichtig ist, um soziale Fähigkeiten zu trainieren?
Christiane Spiel: "Um soziale Fähigkeiten zu entwickeln, den Umgang mit anderen zu lernen und sich als Teil einer Gruppe zu verstehen, braucht es soziale Interaktionen, insbesondere Interaktionen mit anderen Kindern. Der Kindergarten und auch schon die Kinderkrippe bieten die Möglichkeit dazu."
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Jetzt zum Newsletter anmelden!Welche sozialen Fähigkeiten sollten Kinder möglichst früh lernen und welche Rolle spielt dabei generell der Kindergarten? Anders gesagt: Gibt es Sozialkompetenzen, die Kinder dort besser lernen als daheim?
Christiane Spiel: Wichtig für das Gelingen sozialer Interaktionen ist die emotionale Perspektivenübernahme, das heißt, dass Kinder erkennen, welche Gefühle eine andere Person, ein anderes Kind hat, und dass sie dieses Kind dann trösten, wenn es beispielsweise traurig ist. Daheim gibt es dafür sicherlich nicht so viele Möglichkeiten wie im Kindergarten.
Wichtig für das Gelingen sozialer Interaktionen ist, dass Kinder erkennen, welche Gefühle ein anderes Kind hat und dass sie dieses Kind dann trösten, wenn es beispielsweise traurig ist.
Welche Lernziele setzt sich die Kindergartenpädagogik in Österreich vorrangig – stehen soziale oder kognitive Fähigkeiten im Vordergrund? Und warum?
Christiane Spiel: Wichtige Bildungsziele im Kindergarten sind die Entwicklung eines positiven Selbstkonzepts, die Entwicklung von Regelbewusstsein, von Explorationslust und von Selbstwirksamkeitsempfinden. Die Erreichung dieser Ziele ist nicht nur wichtig für die Schule, sondern generell für das spätere Leben.
Welche Rolle spielt die emotionale Bindung der Kinder an die Pädagog:innen beim Lernen?
Christiane Spiel: Die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen sollen feinfühlig auf die Bedürfnisse der Kinder reagieren, sowohl individuell als auch gruppenbezogen. Wie gut das gelingt, hängt von ihrer Fähigkeit ab, ihr eigenes Verhalten gegenüber den Bedürfnissen der Kinder immer wieder zu reflektieren, was ein wichtiges Element der beruflichen Professionalität ist.
Das kann frühkindliche Pädagogik:
- Sozialen Umgang und den Umgang mit anderen erlernen
- Interaktionen mit anderen Kindern üben
- Gefühle von anderen Kindern erkennen und angemessen reagieren lernen
- Ein positives Selbstkonzept entwickeln
- Ein Bewusstsein für Regeln zu bekommen
- Die eigene Selbstwirksamkeit entdecken
- Die Lust aufs Entdecken wecken