Darum sollten wir die Sparquote im Auge behalten

Starkes Einkommen, schwacher Konsum: Warum das ein Problem ist.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Weiterdenker:innen
  • Wirtschaftseinsteiger:innen

Lesedauer:

4 Minuten

AutorIn: Peter Draxler

Menschen in einem Einkaufszentrum, ki-generiert i
felix_brönnimann | stock.adobe.com

Wenn Konsum ausbleibt, bremst das die Wirtschaft – und erschwert die Rückkehr auf einen nachhaltigen Wachstumspfad.

Eigentlich ist es eine gute Nachricht: Reallöhne und verfügbare Einkommen sind in Österreich zuletzt kräftig gestiegen. Doch damit enden die "Good News” auch schon wieder. Denn anders als man angesichts gestiegener Reallöhne vermuten möchte, stagniert der private Konsum seit 3 Jahren. Deutlich gestiegen ist hingegen die Netto-Sparquote der Haushalte, das ist der Anteil des verfügbaren Nettoeinkommens der privaten Haushalte, der gespart und nicht konsumiert wird. Im vierten Quartal 2024 lag sie bei 13,2 % und damit deutlich über dem Durchschnitt von 7,5 % der Jahre 2015 bis 2019, zeigen Daten der Statistik Austria.


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Starkes Einkommen, schwacher Konsum

Für die gesamte Wirtschaft ist diese Entwicklung durchaus problematisch. Denn der Konsum ist einer der wesentliche Treiber der Wirtschaft. Sparen die Menschen lieber ihr Geld statt es auszugeben, bremst das die gesamtwirtschaftliche Dynamik.


Warum sparen die Menschen in Österreich so viel?

Für die aktuell sehr ausgeprägte Konsumzurückhaltung gibt es Expert:innen zufolge mehrere Gründe:

  • Zinspolitik: Die Zinswende der EZB seit 2022 hat das Sparen attraktiver gemacht und die Konsumneigung gesenkt.
  • Krisen-Transfers: Transferzahlungen wie etwa der Klimabonus wurden eher gespart als konsumiert.
  • Pandemie-Nachwirkungen: Der Konsum langlebiger Güter wurde vorgezogen, danach setzte Zurückhaltung ein.
  • Inflation: Die hohe Teuerung hat das Vertrauen der Konsument:innen geschwächt und reale Einkommen und Vermögenswerte entwertet. Es gibt offenbar eine gewisse Neigung, die Verluste der Vermögenswerte durch Sparen zu kompensieren. Mitte 2024 lagen die realen Netto-Finanzvermögen noch immer mehr als 10% unter dem Niveau von Ende 2021.
  • Rezession: Seit zwei Jahren schrumpft Österreichs Wirtschaft, und auch heuer ist die Rückkehr des Wirtschaftswachstums alles andere als sicher. Die Sorge um den Arbeitsplatz steigt – wie Verbraucherumfragen zeigen. Dies resultiert aus einer steigenden Zahl an Insolvenzmeldungen. Daher sind viele vorsichtiger beim Ausgeben und halten ihr Geld eher zurück.
  • Geopolitische und handelspolitische Spannungen führen zu einer allgemein höheren Unsicherheit bei den Wirtschaftsakteuren.

Die Verunsicherung ist angesichts der angeführten Faktoren groß und erweist sich als einer der wesentlichen Treiber der aktuellen Konsumzurückhaltung, wie etwa Martin Kocher in seinem Beitrag "Unsichere Zeiten: Unsicherheit und ihre ökonomischen Auswirkungen" in der aktuellen Ausgabe der Wirtschaftspolitischen Blätter darlegt.

INFOBOX: Mehr über die Sparquote

Mehr zur aktuellen Entwicklung der Sparquote und den Hintergründen findest du HIER.

Doch wie gewinnt man das Vertrauen der Konsument:innen zurück? Durch eine glaubwürdige Budgetkonsolidierung etwa, die einem verlässlichen und transparenten Plan folgt. Außerdem durch eine langfristige Industrie- und Standortpolitik. Die Politik hat die ersten Schritte bereits gesetzt, weitere müssen folgen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Netto-Sparquote liegt in Österreich aktuell bei 13,2% und damit fast doppelt so hoch vor der Covid-Pandemie.
  • Trotz gestiegener Reallöhne bleibt der Konsum schwach – das dämpft das Wirtschaftswachstum.
  • Ursachen sind u. a. Zinswende, Unsicherheit, Inflation und einmalige Einkommenseffekte.
  • Eine glaubwürdige Budgetkonsolidierung kann helfen, die Sparneigung zu senken.
  • Schon ein Rückgang der Sparquote auf das frühere Niveau könnte das BIP um rund einen Prozentpunkt erhöhen.