30 Jahre EU-Beitritt: Vieles ist nun anders geworden

Vieles, was heute in Österreich selbstverständlich ist, wäre ohne EU-Mitgliedschaft nicht möglich. Die Bilanz nach 30 Jahren.


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Lesedauer:

4 Minuten

AutorIn: Connie Wagenhofer

Junge Frau mit EU-Fahne i
Tim B | stock.adobe.com

Die Fakten sprechen für sich: Vom EU-Beitritt vor 30 Jahren haben Privatpersonen ebenso profitiert wie Unternehmen und die heimische Volkswirtschaft.

Am 1. Jänner 2025 war es so weit: Österreichs EU-Beitritt jährte sich zum 30. Mal. War vor der EU alles besser? Wenn's ums Reisen geht, ist die klare Antwort schon mal Nein. Sich am Flughafen in Rom, Paris und Berlin in der Schlange der Passkontrollen anstellen zu müssen, war damals ganz normal. Heute kann man sich durch die Personenfreizügigkeit innerhalb der gesamten EU frei bewegen. Auch Währungen muss man nicht mehr umrechnen. Man zahlt in drei von vier Mitgliedstaaten bequem mit dem Euro.

Keine Grenzen fürs Shopping-Vergnügen

Hatte man sich in Vor-EU-Zeiten beim Shopping im EU-Ausland nicht zurückhalten können, hatte man ein Problem – nämlich mit dem Zoll. Statt Binnenmarkt gab's Einfuhrbeschränkungen mit relativ knappen Obergrenzen. Und grenzenloses Telefonieren zum Heimattarif erschien den meisten wie ein unerfüllbarer Traum.

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Ähnlich sieht die Situation beim Einkauf von Lebensmitteln aus. Durch die Überarbeitung der Bedingungen für die Lebensmittelzulassung können wir heute in so gut wie jedem Supermarkt problemlos französische Käsesorten, italienische Weine und deutsche Joghurts kaufen, anstatt in Spezialgeschäften hohe Preise zu bezahlen.

Außenhandel: Mehr Exporte, mehr Wohlstand für Österreich

Doch nicht nur auf persönlicher Ebene hat das gemeinsame Europa Österreich messbare Vorteile gebracht. Das Wirtschaftswachstum als Grundlage für den zunehmenden Wohlstand hat hierzulande seit dem EU-Beitritt stärker zugelegt als dies ohne EU der Fall gewesen wäre. Österreich ist durch den Binnenmarkt zu einem attraktiven Handelspartner für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union geworden.

GRAFIK: Exporte in die Länder der heutigen EU-27 und weltweit (1995 - 2023)

Österreichische Exporte in EU-Mitgliedsländer sind seit dem EU-Beitritt 1995 von 33 Milliarden Euro im Jahr auf 137 Milliarden Euro im Jahr 2023 gestiegen. Das weltweite Exportvolumen ist auf 201 Milliarden angestiegen. 70% der exportierten Waren werden also auf dem Binnenmarkt umgesetzt.

Spürbar weniger Kosten im Warenverkehr

Im Binnenmarkt fallen die Zölle weg. Das macht einerseits Österreichs Produkte günstiger und reduziert andererseits den Aufwand für Kontrollen und die damit verbundenen Wartezeiten.

Die heimischen Unternehmen ersparen sich durch den Wegfall von Zollkontrollen und Wartezeiten zwischen 2,7 und 6,9 Milliarden Euro pro Jahr.

Hohe Ersparnis durch Anerkennung von Zertifikaten

Prozentuell noch mehr bringt die EU der Wirtschaft durch die Anerkennung von technischen Zeugnissen und Zertifikaten, etwa bei Konformitätsnachweisen und durch die CE-Kennzeichnung. Damit fallen aufwändige (Doppel-)Zulassungsprüfungen weg.

Die Bilanz für die Ersparnisse durch den Abbau von nichttarifären Handelsbarrieren und die gegenseitige Anerkennung von Prüfzeugnissen: 15-20% des Warenwerts. Das erleichtert vor allem heimischen Klein- und Mittelbetrieben (KMU) den Einstieg ins Exportgeschäft.

GRAFIK: Österreichs Top 10 Handelspartnerländer im Export 2023 

Die zehn Länder mit dem größten Waren-Exportvolumen für Österreichs Unternehmen (Angaben in Milliarden Euro).

Gab es in Österreich 1989, zur Zeit der Ostöffnung, noch 12.000 Exportbetriebe, waren es 2024 bereits 63.700 Unternehmen, die durch ihre Exporte Arbeitsplätze und Wohlstand in unserem Land schaffen.

Höherer Lebensstandard und besseres Klima in allen Regionen

Zu den Errungenschaften der EU gehört auch die Regionalförderung, die in allen Landesteilen messbares Wirtschaftswachstum – und damit einen höheren Lebensstandard für die Bevölkerung – gebracht hat.

Mit 6,2 Milliarden Euro hat die EU Österreichs Regionen bis 2020 gefördert und damit durch öffentliche und privatwirtschaftliche Kofinanzierungen ein Investitionsvolumen von insgesamt 25 Milliarden Euro ausgelöst. Das sind gute Nachrichten, weil jede Investition Arbeitsplätze schafft. Aber die Förderungen können noch mehr. Durch ihren Fokus auf Nachhaltigkeit sind sie eine Investition in die Zukunft unseres Landes.

AT60 – Haus der österreichischen Wirtschaft in Brüssel

Passend zum 30-jährigen Jubiläum der österreichischen EU-Mitgliedschaft, und vor allem, weil immer mehr Entscheidungen – auch für kleine und mittlere Unternehmen – nicht in Österreich, sondern in Brüssel getroffen werden, verstärkt die WKÖ ihre Präsenz vor Ort mit einem Haus der österreichischen Wirtschaft. Die gemeinsame Präsenz der WKÖ und ihrer Partner soll für eine starke Stimme der österreichischen Wirtschaft in Brüssel sorgen.

Alle Infos findest du hier!

Günstiger durch Österreich fahren, schneller im Internet surfen

Mit rund 4 Milliarden Euro fördert die EU mit dem Aufbau- und Resilienzplan nach Covid-19-Maßnahmen, um Österreich klimafit und moderner zu machen. Dieses Geld wird für verschiedene Projekte verwendet. Dazu gehört das Klimaticket, mit dem sich Österreich umweltfreundlich bereisen lässt, aber auch die Breitbandoffensive für ein schnelles Internet in ländlichen Gebieten.

Weitere Schwerpunkte der EU-Förderungen für die kommenden Jahre betreffen die Gesundheitsversorgung, die Kreislaufwirtschaft, den Ausstieg aus fossilen Heizsystemen und die Ökologisierung und Digitalisierung von Klein- und Mittelbetrieben. Außerdem wird in einen weiteren Abschnitt der Koralm-Bahn, emissionsfreie Busse, den Reparaturbonus und Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen investiert.

VIDEO:  30 Jahre EU-Mitgliedschaft: Wie Österreichs Wirtschaft profitiert

Direktinvestitionen: Ausländisches Geld für Österreichs Wachstum

Investitionen in Österreichs Wirtschaftswachstum kommen auch aus dem Ausland: 205 Milliarden Euro an Investitionen sind laut Österreichischer Nationalbank (OeNB) bis 2023 in unser Land geflossen, 1995 waren es lediglich 16 Milliarden Euro.

Das rechnet sich für die Menschen in Österreich: Multinationale Unternehmen produzieren in Österreich und beliefern zum Großteil die umliegenden Märkte. Es liegt in ihrem Interesse, in den Standort Österreich zu investieren. Das tun sie unter anderem auch durch die Beauftragung von heimischen Zulieferern, meist KMU, die für Österreichs Arbeitsmarkt enorm wichtig sind.

Auch stecken diese Konzerne überdurchschnittlich viel in Forschung und Entwicklung. Das sorgt dafür, dass unser Land ein Innovationstreiber bleibt und Arbeitsplätze mit überdurchschnittlich guter Bezahlung geschaffen werden können.

GRAFIK: Direktinvestitionen in Österreich

Die Direktinvestitionen aus dem Ausland sind seit 1995 um das Vierzehnfache gewachsen.

Erfolgsprojekt Erasmus: Lernen im Ausland

Schon vor der EU-Mitgliedschaft, seit 1992, konnten Studierende aus Österreich mit Erasmus zum Studieren ins Ausland gehen. Damals waren es schlappe 900, die das Angebot annahmen. Heute sind es 18.000 Menschen, die sich im Ausland (weiter)bilden.

Mittlerweile ist Erasmus zu Erasmus+ geworden und bietet auch Lehrlingen und anderen Zielgruppen die Möglichkeit, eine Zeit lang im Ausland zu lernen.

Was wurde eigentlich aus der Blutschokolade?

Im Vorfeld zum EU-Beitritt gab es teils skurrile Angstmache, was uns durch die EU blühen würde: Blutschokolade war der absolute Klassiker. Völliger Unfug: Die hat's natürlich nie gegeben. Es gibt eine EU-Richtlinie zu den erlaubten Inhaltsstoffen in Kakao- und Schokoladenerzeugnissen. Blut gehört nicht dazu.

Auch Läuse im Joghurt gehören übrigens zu den Mythen in Tüten. Zwar wurde seit der Römerzeit der Farbstoff der Cochenille-Schildlaus eingesetzt, beispielsweise in Lippenstift und Aperitivgetränken, aber dieses Rot ist teuer und wurde durch den chemischen Farbstoff E120 Karmin ersetzt.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Exporte ins EU-Ausland haben sich vervierfacht: von 33 Milliarden Euro im Jahr 1995 auf 137  Milliarden Euro im Jahr 2023
  • Der Bestand an ausländischen Direktinvestition ist seit dem EU-Beitritt von 16 Milliarden Euro auf 205 Milliarden Euro gestiegen.
  • Der Wegfall der Zölle und Zollkontrollen erspart den österreichischen Exporteuren 2-5% des Warenwerts. Die gegenseitige Anerkennung von Prüfzeugnissen für Produkte bringt Betrieben sogar Einsparungen von 15-20% des Warenwerts.
  • Die EU-Förderungen für die Regionen in Höhe von 6,2 Milliarden Euro haben zwischen 2014 und 2020 Investitionen von 25 Milliarden Euro getriggert und viel Wertschöpfung ins Land gebracht.
  • Von 2021 bis 2027 wird die EU österreichische Projekte mit 4 Milliarden Euro fördern.
  • Auf persönlicher Ebene profitieren wir auch von der Reisefreiheit, der gemeinsamen Währung, der Roamingregelung, der größeren Produktvielfalt und der Bildungsmöglichkeit durch Erasmus+, um nur einige Vorteile zu nennen.
  • Blutschokolade gibt es nicht :)