Österreich darf nicht auf das Potenzial von Frauen verzichten

Wegen mangelnder Kinder­betreuung kommt dem Arbeits­markt großes Potenzial abhanden.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Weiterdenker:innen
  • Wirtschaftseinsteiger:innen

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2 Minuten

KolumnistIn: Julia Moreno-Hasenöhrl

Julia Moreno-Hasenöhrl i
WKÖ/Nadine Studeny

Julia Moreno-Hasenöhrl

Bessere Kinderbetreuung ist ein wesentlicher Hebel gegen den Arbeitskräftemangel. Dieses Potenzial muss dringend gehoben werden, sagt Julia Moreno-Hasenöhrl.

Noch nie war der Bildungsstand von Frauen in Österreich so hoch wie heute. Und noch nie war die Erwerbstätigkeit von Frauen so hoch. An sich zwei gute Gründe, um zu feiern. Wenn da nicht eine weitere Quote wäre, die Jahr für Jahr steigt: die Teilzeitquote. Diese liegt bei Frauen mittlerweile bei 50,3 % (und auch bei Männern steigt sie in kleinen Schritten auf mittlerweile 11,3 %). Frauen mit Kindern unter 15 Jahren sind sogar zu knapp 72 % in Teilzeit. Damit sind in Österreich so viele Frauen in Teilzeit, wie in kaum einem anderen Land.

Großes Potenzial fehlt dem Arbeitsmarkt

Es kommt dem Arbeitsmarkt also ein großes, gut ausgebildetes Potenzial abhanden. Das ist dort besonders bitter, wo eine vermehrte Erwerbstätigkeit an der fehlenden oder ausreichenden Kinderbetreuung scheitert. Hier reden wir nicht nur von fehlenden Plätzen, sondern auch von arbeitsverträglichen Öffnungszeiten und einer adäquaten Ferienbetreuung. 

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WKÖ/DMC

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Arbeitskräftemangel verschärft sich

Noch bitterer ist dies angesichts der Tatsache, dass wir uns in Österreich gerade mit dem ansteigenden Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel ins Abseits bewegen. Bereits jetzt sind über 200.000 Jobs unbesetzt und die Demografie sagt uns ganz klar, in welche Richtung es gehen wird. Denn durch die Pensionierungswelle der Babyboomer-Jahrgänge wird der Personalmangel noch einmal verschärft werden. Prognosen zufolge wird sich die Lücke am Arbeitsmarkt bis 2040 um rund 360.000 weitere Personen vergrößern.

Drastische Folgen drohen

Schon jetzt wirkt sich der Arbeitskräftemangel auf unser tägliches Leben aus. Pflegestationen werden geschlossen, Wartezeiten auf Handwerker oder Arzttermine steigen und die öffentlichen Verkehrsmittel dünnen teilweise bereits ihre Intervalle aus. In den Betrieben führt der gravierende Arbeits- und Fachkräftemangel nicht nur dazu, dass die Arbeitsbelastung für das bereits bestehende Personal steigt. Auch kommt es immer öfter vor, dass Aufträge nicht angenommen, Innovationen nicht verwirklicht und wertvolle Umsätze dadurch nicht realisiert werden können.

Fehlende Arbeitskräfte bedeuten schließlich auch, dass wir die Finanzierung unserer Sozialsysteme insgesamt gefährden.

Julia Moreno-Hasenöhrl, stv. Abteilungsleiterin für Sozial- und Gesundheitspolitik in der WKÖ

Alles Gründe, die zeigen, dass die Zeit drängt und wir auf das Potenzial der Frauen nicht länger verzichten sollten. Denn feststeht: Wenn wir jetzt nicht handeln, werden die Auswirkungen des Arbeitskräftemangels in der Wirtschaft, im Gesundheitssystem und in vielen weiteren Bereichen noch stärker spürbar sein. Fehlende Arbeitskräfte bedeuten schließlich auch, dass wir die Finanzierung unserer Sozialsysteme insgesamt gefährden. Wir müssen daher jetzt handeln, denn die Alternative sind Wohlstandsverlust oder höhere Steuern, um die Auswirkungen des Arbeitskräftemangels auszugleichen. Das ist in niemandes Interesse.

Finanzausgleich für Lösungen nützen

Für die Kinderbetreuung sind die Bundesländer zuständig. Ein Ausbau erfordert zusätzliche Mittel. Gerade wird der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern verhandelt. Das Eisen ist somit heiß und sollte jetzt geschmiedet werden. Schaffen wir daher jetzt die Voraussetzungen für eine funktionierende Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Der Ausbau des Angebotes an Kinderbetreuung ist dabei entscheidend – für die Eltern, aber auch für den Arbeitsmarkt. Es müssen ausreichend und qualitativ hochwertige Betreuungsplätze zur Verfügung stehen und diese ihre Öffnungszeiten und Schließtage stärker der Arbeitswelt anpassen.

Investitionen in Kinderbetreuung sind zukunftsweisend

Nur dann besteht echte Wahlfreiheit für Eltern, insbesondere für Frauen. Niemand soll mehr sagen müssen, ich finde keinen passenden Platz für mein Kind und kann deshalb nicht arbeiten gehen oder muss mich auf Teilzeit beschränken. Wenn wir in Kinderbetreuung investieren, investieren wir in unsere Zukunft.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Teilzeitquote von Frauen ist in Österreich überdurchschnittlich hoch.
  • Dem heimischen Arbeitsmarkt kommt dadurch ein großes, gut ausgebildetes Potenzial abhanden.
  • Dadurch verschärft sich der ohnehin massive Arbeitskräftemangel weiter.
  • Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern soll Voraussetzungen für eine funktionierende Vereinbarkeit von Beruf und Familie schaffen.
  • Denn Investitionen in Kinderbetreuung sind Investitionen in unsere Zukunft.