Wie geht es mit dem Merit-Order-System weiter?

Mehrere Vorschläge werden zur Überarbeitung der Merit Order diskutiert. Lassen sie sich diese in Österreich umsetzen?


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Weiterdenker:innen
  • Problemlöser:innen

Lesedauer:

3 Minuten

AutorIn: Peter Draxler

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Die Merit Order ist das bestehende System der Strompreis-Bildung. Sie steht aktuell unter harter Kritik. Wir haben uns Vorschläge zur Überarbeitung des Systems angesehen, die aktuell diskutiert werden. Und uns die Frage gestellt, ob sie auf Österreich übertragbar sind.

Vorschlag #1: Gaspreisdeckel von Spanien und Portugal

Auf Grund der geografischen Gegebenheiten ist die iberische Halbinsel weitestgehend vom europäische Strommarkt abgeschottet, da kaum Verbindungen zu Frankreich und damit ins europäische Stromnetz vorhanden sind. Seit Mitte Juni haben die beiden Länder einen vorübergehenden Preisdeckel auf Erdgas festgelegt. Dafür werden Gaskraftwerke subventioniert und der Strompreis dementsprechend reduziert.

Wäre der Gaspreisdeckel auf Österreich übertragbar? Das Modell hat einen großen Nachteil, vor allem wenn man es auf Österreich übertragen würde: Es ist nur in einem in sich geschlossenen Stromnetz umsetzbar. Würde Österreich beginnen, Gaskraftwerke zu subventionieren, würde der günstigere Strom von ausländischen Verbraucher:innen aufgekauft werden. Dann müssten zusätzliche Gaskraftwerke zugeschaltet werden, um die Stromnachfrage zu decken.

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Vorschlag #2: Schweizer Durchschnittskosten-Prinzip

Während in Österreich der Strompreis durch die Kosten teuersten Anbieters bestimmt wird, der zur Deckung der Nachfrage benötigt wird - Stichwort Merit-Order-System - richtet sich der Preis in der Schweiz nach den Durchschnittskosten. Historisch betrachtet hat das europäische Merit-Order-System zu niedrigeren Strompreisen geführt als in der Schweiz. In der aktuellen Situation führt es jedoch zu einer sehr starken Abhängigkeit des Strompreises von den hohen Gaspreisen. In der Schweiz ist nur der Strom teuer, der auch tatsächlich mit teurem Gas produziert wird.

Wäre das Durchschnittskosten-Prinzip auf Österreich übertragbar? Gleich wie bei der iberischen Lösung kann das Durchschnittskosten-Prinzip nur auf EU-Ebene eingeführt werden, da ansonsten der günstigere Strom einfach an benachbarte Länder exportiert werden würde. 

Vorschlag #3: Gas-Einkauf durch den Staat

Ein weiterer, diskutierter Vorschlag sieht vor, dass der Staat Gas einkauft und dieses dann billiger zur Verfügung stellt. So soll die Preisobergrenze im Merit-Order-System verändert werden. Der Verkauf des günstigeren heimischen Stroms ins Ausland müsste über die grenzübergreifenden Kapazitäten gesteuert oder ganz einstellt werden.

Wäre das Modell auf Österreich übertragbar? Hier gibt es eine ähnliche Problematik wie beim iberischen Modell. Zusätzlich wäre dieser Ansatz allerdings nicht im Einklang mit dem aktuellen EU-Recht. Die geltende Strommarkt-Verordnung sieht vor, dass Übertragungsnetzbetreiber mindestens 70 % der Kapazität bei den Grenzen für den zonenübergreifenden Handel zur Verfügung stellen müssen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Das derzeit geltende Merit-Order-System sorgt wegen des hohen Gaspreises für extrem hohe Strompreise. Deswegen werden Lösungen zur Entlastung gesucht.
  • Spanien und Portugal haben mit einer Deckelung des Gaspreises reagiert.
  • In der Schweiz wird der Preis nach dem Durchschnittskosten-Prinzip festgelegt.
  • Weiter wurde ein Vorschlag diskutiert, welcher vorsieht, dass der Staat Gas einkaufen und billiger im Handel zur Verfügung stellen soll.
  • In Österreich alleine sind diese Vorschläge aktuell nicht umsetzbar. Es braucht eine gesamteuropäische Lösung.