Kinder­betreuung im Betrieb: So profitieren Unter­nehmen

Betriebliche Kinderbetreuung erleichtert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und hat auch für die Unternehmen etliche Vorteile. 


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Lesedauer:

4 Minuten

AutorIn: Stephanie Dirnbacher-Krug

Kinder und Betreuerin im Betriebskindergarten der Greiner AG i
WKÖ

Ob Ferienprogramme oder Betriebskindergarten – immer mehr heimische Unternehmen investieren in Kinderbetreuung. Warum und welche Erfahrungen sie damit machen, liest du hier.

Wenn sich die Sommerferien dem Ende neigen, atmen viele Eltern auf. Unbeschäftigte Schulkinder durch 9 freie Wochen zu bringen, die man selbst großteils arbeitend verbringt, ist eine echte Herausforderung.

Das Thema Kinderbetreuung ist aber nicht nur in der Ferienzeit aktuell, sondern hat über das ganze Jahr Auswirkungen – insbesondere auf die Wirtschaft. Denn das mangelnde Angebot an ganztägigen und ganzjährigen Betreuungsplätzen trägt wesentlich zur hohen Teilzeitquote von Frauen in Österreich bei.

Tatsächlich hat nur jedes zweite Kind bis zum Alter von fünf Jahren eine Betreuung, die es den Eltern ermöglicht, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Immer mehr heimische Unternehmen erkennen dieses Problem und ergreifen die Initiative, indem sie eigene Kinderbetreuungseinrichtungen für die Kinder ihrer Mitarbeiter:innen schaffen.


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WKÖ/DMC

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Unterstützung bei Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die Technologiegruppe Miba etwa setzt sich seit Jahren für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. In Zusammenarbeit mit dem OÖ. Hilfswerk eröffnete das Laakirchner Unternehmen 2014 eine Krabbelstube für Kinder von 1 bis 3 Jahren. Seither haben mehr als 120 Kinder von Miba-Mitarbeiter:innen die Krabbelstube besucht. Die Kosten für die Betreuung werden zu 50% vom Betrieb übernommen.

"Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine wesentliche Grundlage für Chancengleichheit in den Berufs- und Karrierewegen von Frauen und Männern. Daher ist sie uns besonders wichtig, gerade als Familienunternehmen", betont F. Peter Mitterbauer, Vorstandsvorsitzender der Miba AG. 

Darüber hinaus organisiert die Miba seit nunmehr zehn Jahren ein mehrwöchiges Sommererlebnisprogramm für 4- bis 14-Jährige. "Damit wollen wir unsere Mitarbeiter:innen dabei unterstützen, die Kinderbetreuung während der in Österreich mit neun Wochen sehr langen Sommerferien einfacher zu machen", erklärt Mitterbauer.

24-Stunden-Betreuung für Kinder von Schichtarbeiter:innen

Auch der Stahl- und Technologiekonzern voestalpine hat schon früh damit begonnen, an seinen größeren Standorten eigene Kinderbetreuungseinrichtungen aufzubauen. Am Standort in Linz haben Mitarbeiter:innen des Stahlkonzerns im Schichtbetrieb sogar die Möglichkeit, ihre Kinder dort 24 Stunden am Tag betreuen zu lassen. "Damit kommen wir der steigenden Nachfrage nach individuellen und flexiblen Betreuungszeiten nach", sagt Herbert Eibensteiner, CEO der voestalpine AG. 

Fakten zum Arbeitsmarkt und zur Kinderbetreuung in Österreich 2024

  • 73,4% aller erwerbstätigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren in Österreich arbeiten Teilzeit. Mehr als vier Fünftel geben ihre Betreuungspflichten als Grund für ihre Teilzeitbeschäftigung an.
  • Rund 33 % der unter 3-jährigen Kinder in Österreich wurden im Kindergartenjahr 2023/24 in formellen Kinderbetreuungseinrichtungen betreut.
  • Nur knapp 60 % der bis 5-Jährigen haben eine Betreuung, die eine Vollzeittätigkeit der Eltern ermöglicht.

GRAFIK: Anteil der unter 3-Jährigen in Betreuung im Vergleich

Diese Grafik zeigt den Prozentsatz der Kinder (unter 3 Jahren) an, die laut Eurostat im Jahr 2023 nicht in der Familie, sondern in anderen formellen Einrichtungen betreut wurden.

Vorteile von betrieblicher Kinderbetreuung für Unternehmen

Die Unterstützung der Mitarbeiter:innen von Maßnahmen wie Betriebskindergärten bringt nicht nur eine Entlastung für die Arbeitnehmer:innen, sie können auch ein Erfolgsfaktor für die Arbeitgeber:innen sein. Hier sind die 4 wichtigsten Vorteile für Betriebe:

Vorteil #1: Hebel zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels

Eine betriebliche Kinderbetreuung kann ein Schlüsselfaktor bei der Bekämpfung des Arbeitskräftemangels sein. Dann nämlich, wenn Betreuungsumfang und -zeiten es den Eltern ermöglichen, wieder rasch und zeitlich flexibel ihrem Beruf im Unternehmen nachzugehen.

Für die KASTNER Gruppe im Waldviertel war das unter anderem ein Grund, eine Kooperation mit der Kinderbetreuungseinrichtung Apfelbäumchen zu starten, in der die Kinder der Mitarbeiter:innen im Alter von 1 bis 6 ganzjährig betreut werden. "Vor allem im ländlichen Raum gibt es einen großen Aufholbedarf bei der Kinderbetreuung. Mit unserem Angebot erleichtern wir Jungmüttern und -vätern den flexiblen Jobeinstieg bereits ab dem ersten Lebensjahr des Kindes, wodurch uns unsere qualifizierten Köpfe wieder früher zur Verfügung stehen", erklärt Christof Kastner, geschäftsführender Gesellschafter des Lebensmittelgroßhändlers. 


Saori Dubourg, CEO der Greiner AG i
Silvia Wittmann

Gerne unterstützen wir mit unserer betriebseigenen Krabbelstube Eltern dabei, dass sie Beruf und Familie bestmöglich vereinbaren können

Saori Dubourg, CEO der Greiner AG

Ähnlich sieht es Saori Dubourg, CEO der Greiner AG. Seit 2003 steht den Mitarbeiter:innen des Anbieters von Kunststoff- und Schaumstofflösungen am Standort in Kremsmünster eine betriebseigene Krabbelstube für ihre 1- bis 3-jährigen Kinder zur Verfügung.

Die Krabbelstube ist durchgängig ohne Sommerpause geöffnet – ein großer Vorteil gegenüber öffentlichen Betreuungseinrichtungen. "Kinder sind unsere Zukunft und eine gemeinsame Erziehungsaufgabe für berufstätige Väter und Mütter. Gerne unterstützen wir als Greiner mit unserer betriebseigenen Krabbelstube Eltern dabei, dass sie Beruf und Familie bestmöglich vereinbaren können", so Dubourg.

Vorteil #2: Wettbewerbsvorteil am Arbeitsmarkt

Ein betriebliches Kinderbetreuungsangebot bringt auch einen Vorteil im Recruiting: Es wird von Bewerber:innen als Pluspunkt verzeichnet. "Eine Kinderbetreuungsmöglichkeit ist ein großes Thema bei der Wahl eines neuen Jobs", erklärt Christof Kastner.

Diese Ansicht teilt auch Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende von Infineon Austria. Der Weltmarktführer für Leistungselektronik mit Sitz in Villach setzt seit vielen Jahren auf ein qualifiziertes Kinderbetreuungsangebot – und zwar ganz bewusst mit internationaler Ausrichtung. Schließlich arbeiten Fachkräfte aus 80 Nationen bei Infineon. Um für diese attraktiv zu sein, braucht es laut Herlitschka heute mehr als eine spannende Tätigkeit, schöne Berge und Seen.


Sabine Herlitschka i
Infineon Austria

Es braucht ein sinnvolles und ernstgemeintes Betreuungsangebot, das Eltern kleiner Kinder ermöglicht, mit gutem Gewissen ihren Jobs nachzugehen.

Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende von Infineon Austria

"Gerade für internationale Fachkräfte spielt die Kinderbildung und -betreuung eine große Rolle bei der Entscheidung, ob sie einen Job im Ausland annehmen oder nicht, weil sie hier kein familiäres Netzwerk haben, das unterstützt. Es braucht ein sinnvolles und ernstgemeintes Betreuungsangebot, das Eltern kleiner Kinder ermöglicht, mit gutem Gewissen ihren Jobs nachzugehen. Dabei geht es um viel mehr als nur Betreuung, nämlich um frühkindliche Bildung. Das bedeutet: flexible und lange Öffnungszeiten, wenige Schließtage im Jahr und vor allem eine hochqualitative pädagogische Betreuung und Förderung", so Herlitschka.

Gemeinsam mit der Betreuungsorganisation Sonnenstrahl stellt Infineon seinen Mitarbeitenden mittlerweile 288 Betreuungsplätze an drei Standorten in Villach zur Verfügung. In diesen International Daycare Centers (IDC) werden Kinder aus 30 Nationen im Alter von zwölf Monaten bis sechs Jahren betreut. 

Vorteil #3: Mehr Motivation, weniger Fluktuation

Studien zeigen, dass familienfreundliche Unternehmen motiviertere und produktivere Mitarbeiter:innen, weniger Krankenstandstage, eine bessere Mitarbeiterbindung und folglich eine geringere Fluktuation haben. "Wenn Eltern ihre Kinder in guten Händen wissen und sich deshalb besser auf ihre Arbeit konzentrieren können, führt das zu einer Produktivitätssteigerung und höheren Effizienz", bemerkt Kastner.

Vorteil #4: Kosteneinsparung durch weniger Personalengpässe

Natürlich ist die betriebliche Kinderbetreuung auch eine Kostenfrage, Investitionen rechnen sich aber. Wenn Mitarbeiter:innen früher in den Job zurückkehren, gibt es weniger unbesetzte Stellen und weniger Aufwand für das Einstellen und die Einschulung von Ersatzarbeitskräften. Und das birgt ein enormes Potenzial zur Kosteneinsparung. Denn eine unbesetzte Stelle kostet Arbeitgeber:innen einer Stepstone-Studie zufolge im Schnitt 29.000 Euro jährlich; in größeren Unternehmen können sich die Kosten sogar auf mehr als 70.000 Euro belaufen. 

Das Wichtigste in Kürze:

  • In Österreich arbeiten fast drei Viertel aller erwerbstätigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren Teilzeit, die meisten wegen fehlender oder unzureichender Kinderbetreuung.
  • Ausreichende Kinderbetreuung ist ein Schlüssel zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels.
  • Immer mehr heimische Unternehmen erkennen die Chance, im Wettbewerb um Fachkräfte mit Betriebskindergärten und anderen betrieblichen Betreuungsangeboten für die Kinder ihrer Mitarbeiter:innen zu punkten.
  • Unternehmen, die eigene Kinderbetreuungsangebote für ihre Mitarbeiter:innen schaffen, haben Vorteile beim Recruiting, produktivere Mitarbeiter:innen und weniger Personalengpässe.