Wir brauchen Nachhaltigkeit – demografisch, sozial, wirtschaftlich

Es braucht einen Masterplan für umfassende Nachhaltigkeit, fordert unser Kolumnist Rolf Gleißner.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Weiterdenker:innen
  • Wirtschaftseinsteiger:innen

Lesedauer:

2 Minuten

KolumnistIn: Rolf Gleißner

Eine Vielzahl an Glühbirnen i
pinkrabbit | stock.adobe.com

Bekanntlich schrumpft die Zahl der Menschen im Erwerbsalter, während die Zahl derer in Pension rasant wächst. Weniger bekannt ist, dass wir heute 1,5 Stunden pro Woche kürzer arbeiten als 2019. Nachhaltig geht anders.

Die Zukunft ist kaum vorhersehbar, die Demografie schon: Seit 150 Jahren steigt die Lebenserwartung um 2 bis 3 Monate pro Jahr, nichts Neues. Babyboom in den 60er Jahren, danach 50 Jahre 1,4 Kinder statt der 2 Kinder, die die Elterngeneration ersetzen, auch nicht neu. Neu ist: Jetzt gehen starke Jahrgänge in Pension und werden damit vom Nettozahler zum Nettoempfänger. Nicht neu ist leider: Sie gehen im Schnitt mit 61 Jahren in Pension und damit früher als der EU-Schnitt und immer noch früher als vor 50 Jahren. Umlagesystem heißt, (immer weniger) Erwerbstätige finanzieren (immer mehr) Pensionen. 1950 mussten 10 Erwerbstätige 1,7 Pensionisten erhalten, heute sind es 3,2, 2040 schon 4,8. 

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WKÖ/DMC

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Trend zu kürzerer Arbeitszeit verschärft Arbeitskräftemangel

Erschwerend zur Demografie kommt der Trend zur Work-Life-Balance und zu kürzerer Arbeitszeit. Nach der letzten Arbeitsmarktstatistik von Statistik Austria arbeitet heute jede/r Erwerbstätige um 1,5 Stunden pro Woche weniger als 2019. Gründe sind mehr Teilzeit und weniger Überstunden. Übrigens ein wesentlicher Grund für den Arbeitskräftemangel und den Rückgang der Produktivität: Die Wirtschaft beschäftigt zwar heute um 140.000 mehr Menschen als 2019. Aber wenn 4 Millionen Menschen 1,5 Stunden weniger arbeiten, entspricht das gleichzeitig einem Rückgang um 200.000 Arbeitskräfte. Schon jetzt fehlen laut Statistik Austria 206.000 Arbeitskräfte. Bis 2040 kommt eine zusätzliche Lücke von 363.000 dazu.

Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz in Gefahr

Mehr Pensionisten, weniger Kinder, weniger Erwerbstätige und die arbeiten auch noch kürzer. "Da muss man kein Mathematiker sein, da reicht Volksschule Sauerland, um zu wissen: Wir müssen irgendetwas machen", sagte einst SPD-Minister Franz Müntefering dazu. Sonst drohen Stagnation, niedrigere Pensionen, höhere Steuern und Schulden sowie null Spielraum für Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz, Innovation und unsere Kinder. Nachhaltigkeit ist das Gegenteil – nämlich die Möglichkeiten junger und künftiger Generationen eben nicht einzuschränken.

Masterplan für Nachhaltigkeit nötig

In dieser Lage eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung fordern, bedeutet, aufs Gas steigen, bevor man an die Wand fährt. Was wir dagegen brauchen, ist ein Masterplan für demografische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit: Das heißt Anreize für mehr Beschäftigung, Anreize für längeres Arbeiten, Anreize für Familiengründung, vor allem mehr Kinderbetreuung, qualifizierte Zuwanderung und eine Willkommenskultur. Dann kann die Zukunft kommen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Arbeitnehmer:innen in Österreich arbeiten heute im Schnitt um 1,5 Stunden weniger als noch im Jahr 2019.
  • Das entspricht einem Rückgang um 200.000 Arbeitskräfte.
  • Durch diese Entwicklung drohen Stagnation, niedrigere Pensionen, höhere Steuern und Schulden sowie null Spielraum für Zukunftsinvestitionen, etwa in Klimaschutz oder Innovation.
  • Deshalb braucht es Anreize für mehr Beschäftigung, für längeres Arbeiten, für Familiengründung, vor allem mehr Kinderbetreuung, qualifizierte Zuwanderung und eine Willkommenskultur.