Arbeits­kräfte­mangel: Mehr Motivation für mehr Arbeit

Warum es dringend nötig ist, Arbeit und Leistung attraktiver zu machen – und 5 Maßnahmen, die dabei helfen.


Wer diesen Beitrag lesen sollte:

  • Weiterdenker:innen
  • Problemlöser:innen

Lesedauer:

3 Minuten

AutorIn: Connie Wagenhofer

Leerer Büroarbeitsplatz, im unscharfen Hintergrund arbeitet eine Person i
Robert Poorten | stock.adobe.com

Arbeitskräfte braucht das Land. Um schlummernde Potenziale zu wecken, braucht es Angebote, denen man nur schwer widerstehen kann. Wir haben 5 konkrete Vorschläge.

Die allermeisten Menschen arbeiten nicht nur, weil sie im Beruf Wertschätzung und Gemeinschaft erleben, sondern weil sie Geld verdienen müssen. Den Arbeitnehmer:innen finanzielle Vorteile zu verschaffen und dabei zugleich die Arbeitgeber:innen zu entlasten, sind die Stellschrauben, an denen die Politik drehen kann, um Arbeit attraktiver zu machen.

Und das ist dringend nötig. Seit Jahren beherrscht der Fachkräftemangel die Schlagzeilen. Und auch heuer haben 82 % der Unternehmen, die für den Arbeitskräfteradar der WKÖ befragt wurden, angegeben, dass sie den Arbeits- und Fachkräftemangel im Betrieb spüren. Im November haben trotz Rezession rund 185.000 Arbeitskräfte gefehlt. 

Überalterung und Teilzeit bedrohen Sozialsystem und Wohlstand

Das Problem wird sich in Zukunft noch verschärfen. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass sich die Lücke an Nachfrage und Angebot von Arbeitskräften auf bis zu 500.000 Personen vergrößern wird. Ein Grund dafür ist die Überalterung der Gesellschaft. Laut Statistik Austria wächst Österreich vor allem bei den über 65-Jährigen – bis 2040 von derzeit 19,5 % auf 26,6 % der Gesamtbevölkerung. Ab 2042 würde dann auf zwei Erwerbstätige je ein:e Pensionist:in kommen.

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WKÖ/DMC

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Österreicher:innen arbeiten zwar sehr produktiv, aber nicht besonders lang. Während die Menschen im EU-Schnitt 35,2 Stunden pro Woche arbeiten, sind es in Österreich lediglich 32,7 Stunden, Tendenz sinkend. 2023 waren 150.000 Menschen mehr in Beschäftigung als 2019. Trotzdem sind die 2019 geleisteten Arbeitsstunden noch nicht erreicht.

Auch im Pensionsvergleich schneidet Österreich im internationalen Vergleich schlechter ab: In Österreich arbeiten nur 33,6 % der Menschen zwischen 60 und 64 Jahren. In Deutschland hingegen sind es 65,3 %.

Gelingt es nicht, ausreichend viele Menschen für eine Vollzeit-Arbeitsstelle zu begeistern, sind das Sozialsystem im Speziellen und der Wohlstand im Allgemeinen ernsthaft bedroht. 

Mehr steuerbegünstigte Überstunden

Im November hat der Nationalrat bereits ein kleines Leistungspaket beschlossen. Dadurch gibt es künftig mehr steuerbegünstigte Überstunden, wird die Fachkräfte-Zuwanderung erleichtert, und wurden erste Anreize für längeres Arbeit geschaffen. Doch auf das kleine Paket muss nun ein großes Paket folgen, das Arbeitskraft-Potenziale mit gezielten Anreizen heben kann.

Hier erfahrt ihr, welche 5 Maßnahmen hier wirksame Anreize schaffen können:

Maßnahme #1: Keine SV-Beiträge für erwerbstätige Pensionist:innen

Einmal davon abgesehen, dass das faktische Pensionsalter in Österreich steigen muss, sollte auch die Expertise von älteren Menschen genutzt – und belohnt – werden. Zwar wird nun der Pensionsbonus für jene Menschen erhöht, die später in Pension gehen, aber noch weitere Anreize werden nötig sein, um Erwerbstätige länger im Job zu halten. 

Weder Arbeitnehmer:innen noch die Arbeitgeber:innen sollten Pensionsversicherungsbeiträge zahlen müssen, wenn ein:e Beschäftigte bereits in Pension ist – also ausreichend lange Beiträge in die Pensionsversicherung eingezahlt hat. Auch ein Steuerfreibetrag für jene, die während ihrer Pension weiterarbeiten, macht die Erwerbsarbeit finanziell attraktiver. 

Maßnahme #2: Mehr Kinderbetreuung bringt mehr Frauen in Vollzeit

Österreich hat im EU-Vergleich mit 50,7 % die zweithöchste Teilzeitquote bei Frauen. Das liegt zum einen daran, dass Teilzeit steuerlich attraktiv ist, zum anderen daran, dass in vielen Gegenden die passende Kinderbetreuung fehlt.

Umfragen zeigen, dass viele Frauen zu längeren Arbeitszeiten bereit wären, würde es die passende Kinderbetreuung geben. Für einen Ausbau der Kinderbetreuung wurden von der Regierung schon 4,5 Mrd. Euro zugesichert, das Mehr an Kinderbetreuung müssen die Länder und Gemeinden nun aber auch umsetzen.

Maßnahme #3: Arbeitssuchende noch besser mobilisieren

Mit 6,5 % Arbeitslosenquote im Oktober ist die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr zwar leicht gestiegen, aber immer noch niedriger als die 7,3 % im Oktober 2019 vor Corona. Doch hinter den Prozentangaben stecken immerhin 352.551 Menschen, die arbeitslos oder in Schulung sind.

Wo die Arbeitslosigkeit am stärksten steigt



Arbeitsplatznahe Qualifizierungen – "training on the job" – bringen deutlich höhere Erfolgsquoten als andere Schulungsmaßnahme, um Menschen wieder ins Erwerbsleben zu bringen. Auch könnte überregionale Vermittlung die Mobilität der Betroffenen steigern. Ein Hemmnis bei der erfolgreichen Vermittlung von Arbeitslosen kann nach Einschätzung von Expert:innen auch sein, dass man zum Arbeitslosenbezug dazuverdienen darf.

Maßnahme #4: Internationale Fachkräfte holen und integrieren

Ohne Fachkräfte aus anderen Ländern wird es nicht gehen, Österreich wird verstärkt Zuwanderung aus Drittstaaten brauchen, um den Arbeitskräftebedarf zu decken.

Die WKÖ hat 6 Fokusländer in Europa und Übersee identifiziert, um gezielt qualifizierte Arbeitskräfte anzuwerben. Dabei kooperiert sie mit dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und der Austrian Business Agency (ABA). Die AußenwirtschaftsCenter unterstützen in den jeweiligen Ländern vor Ort.

Maßnahme #5: Mentoring für Migrant:innen und Perspektiven für Ukrainer:innen

Das Programm "Mentoring für Migrant:innen", das die WKÖ gemeinsam mit dem AMS und dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) betreibt, unterstützt Menschen mit Migrationshintergrund erfolgreich dabei, auf dem österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Seit dem Vorjahr bemüht sich die WKÖ darum, dass auch Ukrainer:innen an dem Programm teilnehmen können. Das Potenzial der aus der Ukraine geflüchteten Menschen ist groß, ihre Erwerbsquote aber noch gering. Eine Perspektive wie etwa ein Bleiberecht wäre für diese Menschen wichtig, damit sie auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der seit Jahren herrschende Fachkräftemangel ist eine Bedrohung für Wirtschaft und Gesellschaft, insbesondere in Zeiten der Rezession.
  • Durch die Überalterung der Gesellschaft wird sich der Fachkräftemangel noch verschärfen, bis auf eine:n Pensionist:in nur noch zwei Erwerbstätige kommen.
  • Arbeit muss in Österreich noch attraktiver werden, damit Menschen mehr und länger arbeiten wollen.
  • Mit gezielten Maßnahmen können Arbeitslose wieder motiviert und ins Berufsleben integriert werden.
  • Großes Potenzial gibt es bei internationalen Fachkräften. Das setzt Erleichterungen ebenso voraus wie gezielte Integrationsmaßnahmen.
  • Viele Frauen würden mehr arbeiten, wenn sie die geeignete Kinderbetreuung hätten.